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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr.1
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Krollmann, Christian: Die Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0015

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ZeitungfürLvehrbau/tvohnbauunüStäötebau
Der Burgwart
Zeitung üervereinigung zur Erhaltung öeutscher Burgen
Herausgeber: Professor Voüo Cbharöt, Architekt, Berlin-Grunewalü
Burgverlag, G.m.b.h., Berlin-Grunewald

19. Zahrg.

ver Burgwart erscheint achtmal jährl. Bezugspreis 1S,50Mk. jährl. Mitglieder der Vereinigung zur Er-
haltung deutscher Burgen (Mindestbeitrag ISMk.jährl.) erhalten den Burgwart unentgeltlich srei ins Haus

Nr.I.


Die Schlacht bei Tannenberg am 13. Juli 1410.
Von C. Kr 0 llinann.
uf den Gefilden von Dannenberg in Ostpreußen ist es zweimal zn großen Schlachten
gekommen, die für die Geschichte des deutschen Volkes von außerordentlicher Bedeutung
gewesen sind: am 29. August des Jahres 1914 und ein halbes Jahrtausend früher, am
IS. Juli 1410. Die Bedeutung des deutschen Sieges von 1914 steht klar vor aller
Augen und wird, so lang die deutsche Zunge klingt, auch jedem Deutschen vertraut
bleiben. Anders steht es um die deutsche Niederlage in der mittelalterlichen Schlacht
an gleicher Stelle. Gewiß ist auch sie noch lebendig in der Überlieferung, aber die
Wenigsten, selbst unter den geschichtlich Geschulten, sind sich klar über den ganzen
Umfang ihrer Bedeutung. Man hat sich zu sehr gewöhnt, die Geschichte des Ordens-
taates Preußen als eine Einzelerscheinung zu betrachten und läßt dabei die großen
Zusammenhänge mit. der alldeutschen Geschichte außer acht.
Schon die Eroberung Preußens (1230—1283) war kein Einzelvorgang, der nur als glänzende Leistung des
Deutschen Ordens zu würdigen wäre, sondern sie bildet ein wesentliches Glied in der Jahrhunderte währenden
Besitznahme des Ostens durch das deutsche Volk, die teils durch friedliche Durchdringung, teils durch Waffengewalt
erfolgte. Der Orden gab ihr nur die besondere Form und Gestaltung. Unter seiner Führung krönten die Deutschen
(die Kirche, das Rittertum, der seefahrende Kaufmann) das Werk, das von den Vorfahren mit der Eroberung
der Sorben- und Wendenländer begonnen, mit der Eindeutschung des Obotritenlandes, Pommerns, Schlesiens,
in gewissem Sinne auch Polens, und mit der Besitznahme Livlands sortgesührt war. Das geschah während des
Niederganges der Hohenstausenherrschaft und in der „kaiserlosen, der schrecklichen Zeit", die aber in Wirklichkeit
eine Zeit höchster Spannkraft und glänzender wirtschaftlicher Entwicklung des deutschen Volkes war. Ein Überschuß
von Kräften wurde aus Deutschland abgegeben zur Eroberung des fernen Ostlandes und zeugte aus sich selbst
neue Kräfteüberschüsse zur dauernden Besiedlung und Christianisierung des neugewonnenen deutschen Besitzes.
Die Begründung eines aus die Dauer entwicklungsfähigen, selbständigen Staates von ungewöhnlicher innerer
Geschlossenheit aber wäre dein Orden niemals geglückt, wenn es ihm nicht gelungen wäre, das wirtschaftlich unent-
behrliche Mündungsgebiet der Weichsel, das slawische Herzogtum Pommercllcn, dem eroberten Preuhenlande
anzugliedern. Das wäre aber niemals möglich gewesen, hätte ihm nicht das gleichzeitige siegreiche Vordringen
der askanischen Markgrafen von Brandenburg nach Osten geholfen, das ebenfalls den Ausgang nach der Ostsee
anstrebende Polentum niederzuhalten. Dasselbe Ziel verfolgte der Orden mit kluger Politik auch nach dem jähen
Niedergange der askanischen Macht durch seine Verbindung mit den Luxemburgern. König Johann von Böhmen
trat die Erbschaft der Przemisliden auch hinsichtlich ihrer Ansprüche auf Polen an. Er verdrängte den polnischen
Einfluß aus Schlesien und nötigte in Gemeinschaft mit dem Orden den Einiger des polnischen Reiches, König
Kasimir den Großen, das Ausdchnungsbedürfnis seiner Nation im russischen Osten zu befriedigen. Johannes
kluger Sohn, Kaiser Karl IV., vereinigte unter seinem Szepter Böhmen, Mähren, Schlesien, die Lausitzen und die
Mark Brandenburg. Unter seiner segensreichen Negierung kam das ganze deutsche Kolonialgebiet zu herrlicher
Blüte, der Schwerpunkt deutscher Machtentsaltung verschob sich ganz nach dem Osten. Es ist daher auch kein Zu-
fall, daß die Glanzzeit des preußischen Ordensstaates unter dein Hochmeister Winrich von Kniprode (1351—1382)
mit der Regierungszeit Karls IV. zusammensällt; auch die Machtstellung der Hansa im Ostseegcbiet erreichte um
dieselbe Zeit ihren Höhepunkt.
Immer hatten die Außenposten des Deutschtums die Wurzeln ihrer Kraft im Reich. Sie mußten also auch
in Mitleidenschaft gezogen werde», als die Teilung der luxemburgischen Hausmacht unter die Erben Karls IV.
ihre unheilvollen Folgen zeitigte. Das unsagbare ünheil, das die Schwäche König Wenzels von Böhmen über das
 
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