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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr. 4
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Krollmann, Christian: Nach der Schlacht bei Tannenberg
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Ein mittelalterliches Bild der Belagerung von Marienburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0055

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lungssreihcit und nötigte schon den Nachfolger Küchineisters im Hochmeisteramte, Paul von Rüßdorf, zu dein
schmählichen Vcrzichtsrieden von Melno. Schließlich traten die Stände zum preußischen Bunde zusammen, der
mit rücksichtslosem Terrorismus den Kamps um innerpolitische Rechtsfragen zu einem Kampfe um die Macht aus-
gestaltete. Da war es ein vergebliches Bemühen des Ordens, die richterliche Gewalt des deutschen Kaisers anzu-
rufen, der Bund beantwortete den gegen ihn ausgefallenen Spruch mit offener Empörung. Da aber die Stände
auf sich allein nicht beruhen konnten, ohne den Staat waren auch sie nicht lebensfähig, so trugen sie die Oberherr-
schaft dem Könige von Polen, Kasimir, dein Sohne Jagiellos, an.
Man' kann nicht behaupten, daß der König sich sehr darnach gedrängt Hütte, seinen unbotmäßigen polnischen
Untertanen nun auch noch den aufrührerischen preußischen Adel mitsamt den städtischen Oligarchen zuzugcsellen.
Fm Grunde war cs nur der großepolnische Adel, das unübertreffliche Muster ständischen Eigennutzes, der aus
Partcimitgefühl mit dem preußischen Ständetum zum Kriege trieb. Der setzte seinen Willen durch, um im Grunde
wie immer den König im Stich zu lassen. Denn obgleich der Orden, der teils aus Mangel an Mitteln, teils aus
üntschlossenheit nicht genügend vorgesorgt hatte der Gewalt mit Gewalt zu begegnen, schon beim ersten Ausbruche
der Empörung vernichtet zu sein schien, obgleich ihm sofort das ganze Land bis auf Maricnburg, Könitz und wenige
andere Burgen und Städte verloren ging, hat er dreizehn lange Fahre mit unermüdlicher Tapferkeit um sein
Bestehen gekämpft. Nicht die Polen haben seine Vernichtung herbeigesührt, sondern einzig und allein seine eigenen
Untertanen. König Kasimir, schon im ersten Kriegsjahre bei Könitz schmählich besiegt, hat in dem langen Kampfe
keine kriegerischen Lorbeeren gepflückt, selbst die Einnahme der Marienburg, die von dem Orden aufs tapferste
verteidigt wurde, verdankten die Polen lediglich dein Verrate der böhmischen Ordenssöldner. Mehr als einmal
wollte der König verzagt den Kamps aufgeben, nur die Hartnäckigkeit der Thorner, Danziger und Elbinger Bürger
hat ihn bis zum bitteren Ende durchgeführt. Westprcußen wurde 1466 in Personalunion mit der Krone Polen
verbunden, in Ostpreußen behauptete sich der Orden noch zwei Menschenaltcr unter polnischer Oberhoheit, ohne
je den Willen und die Hoffnung auszugebcn, sich davon zu befreien und die verlorenen Gebiete wiederzugewinnen.
Mit anerkennungswürdigcm Eifer hat er sich bemüht, die ungeheuren Wunden, die der lange blutige Bürgerkrieg
dem Lande geschlagen hatte, zu heilen, durch Kolonisation in der masurischen Wildnis Neuland zu gewinnen
lind seine alte Macht wieder auszubauen. Das ist ihm nicht gelungen, aber sein Kampf hat Ostpreußen dem Deutsch-
tum erhalten und die Grundlagen geschaffen, aus denen später die Hohenzollern weiterbauen konnten. Auch
diese haben schwer zu kämpfen gehabt, nicht nur gegen die äußeren Feinde, sondern auch gegen einen verblendeten
ständischen Parlamentarismus, dem immer die Parteiziele höher standen, als die nationalen. Erst nachdem die
Macht des Ständctums durch den großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm gebrochen war, konnte auch das Joch der
Fremdherrschaft wieder abgeschüttelt werden.
Weit hinaus über die Grenzen Preußens aber hat durch viele Menschenalter der Niedergang des Deutschen
Ordens auf die Gestaltung der Geschicke der Nationen Europas Einfluß gehabt: das Eingreifen der Fagiellonen
in die Geschicke Böhmens, ihre Herrschaft in Ungarn, die gewaltige Ausdehnung der polnischen Reiches nach Süden
und Osten während des 16. Jahrhunderts wäre nie möglich gewesen, wenn wie vordem der Deutsche Orden an
den Gestaden der Ostsee die Vormacht der Deutschen Hütte behaupten könne».

Ein mittelalterliches Bild der Belagerung von Marienburg.
Abbildungen 22 und 23 geben ein Gemälde im Artushof zu Danzig wieder, das eine Belagerung von
<^^7 Marienburg darstellt. In seiner ausführlichen Arbeit über den Artushof nimmt der leider allzu früh verstorbene
Professor Paul Simson an, daß dieses Gemälde aus der Feit der Erbauung des Artushofes, um 1480, stammt.
Zweifelhaft ist, welche Belagerung von Marienburg es darstellen soll. Die durch die Polen im Jahre 1410 kann
nicht gemeint sein, denn unter den Belagerern befinden sich die Danziger, deren Banner aus der Bastei ganz links
deutlich zu sehen ist. Da nun die Belagerung von Marienburg im Jahre 1454 durch die preußischen Bündler
lind die Polen nicht gerade ruhmreich für die Belagerer verlaufen ist und daher sich wenig zur Darstellung
in rühmender Weise geeignet hätte, so darf man wohl annchmcn, daß die Belagerung der Stadt Marienburg
im Jahre 1460 gemeint ist. Nachdem das Haupthaus Marienburg 1457 von den treulosen Söldnern des Ordens
an die Polen verschachert worden war, ließ die Stadt Marienburg Anhänger des Ordens ein, die von dort aus
das Schloß angriffen. Aber Bündler und Polen zogen mit Übermacht vor die Stadt, die sich gleichzeitig auch gegen
die Schloßbesatzung verteidigen mußte, und nahinen sie im Sommer 1460 ein. Diese zeitlich auch am nächsten
liegende erfolgreiche Belagerung der Stadt stellt das Gemälde offenbar dar. Die Einschließungswcrke der Be-
lagerer ziehen sich von der Nogat im Süden der Stadt bis zu des Meisters Karpfenteich. Deshalb erscheint von
dein Haupthause nur das Hochschloß und ein Teil des Mittclschlosses, dein sich der Schnitzturm vorschiebt. Aber
gegen das Schloß richtet sich die Tätigkeit der Belagerer nicht, sondern nur gegen die links davon liegende Stadt.
Die Ordensanhänger machen noch kräftige Ausfälle, aber die Belagerer sind ihres Sieges gewiß und ergehen sich,
während ein Teil ihrer Mannschaften kämpft, in allerhand Belustigungen: Schmausereien, Jagd und Badeszencn
füllen den Vordergrund. Eine Bresche in der Stadtmauer, über der der Bürgermeister erscheint, deutet die bevor-
stehende Übergabe an. Die Baulichkeiten sind, wenn auch zuin Teil etwas verschoben, für die Entstehungszcit
des Bildes überraschend gut dargestellt. Schintzturm, Gastkammern und Pfassenturm im Mittelschloß, Ost- und
Südsront dcs Hochschlosses sind deutlich zu erkennen, auch die Einzelheiten des Stadtbildes sind richtig wicdergegeben.
So ist das Gemälde im Danziger Artushof eine wichtige Quelle für die Zeit des verderblichen Bundeskrieges.
 
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