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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr. 6
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Burgenschau
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Deutsche Unarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0080

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66

Von dem ehemaligen oberen Turmgeschoß sind noch ringsum
die Kragsteine sichtbar. Dieses ausladende Stockwerk hatte
vermutlich einst ein Pyramidendach. Auf etwa halber Höhe
sieht man noch an der Ostseite Ansätze von einem Erker, und
im Innern ist noch ein interessanter rom. Kamin erhalten mit
ornamentalen Verzierungen. Vom ehemaligen Küchenbau
zwischen Turm und Kapelle sind an der inneren Umfassungs-
wand gotische Fensterchen. Vom einstigen Dach sieht man
noch am Turm die Ansätze von zwei Bauperioden. Der Ober-
bau der Kapelle mit geschweiftem Eiebel stammt aus der
Renaissancezeit. Der obere Burghof war umschlossen von
Pallas, Bergfried, Küchenbau, Kapelle mit Vorbau, ein Teil
vom Torbau und weiter gegen Nordwest und Südwest mit
einer Wehrmauer.
Die Burg Katzenstein war der Stammsitz des längst er-
loschenen Geschlechts derer von Katzenstein (Wappen: im
Schild auf Silber eine schwarze gekrönte Katze auf einem
Dreiberg, mit gleicher Helmzier). Nach diesen kam die Burg
in den Besitz eines fränkischen Geschlechts, an die alte Familie
von Herdegen, denen auch das nahegelegene Schloß Hirnheim ge-
hörte. Hernach kam die Burg in verschiedene Hände und wechselte
oft den Besitzer, zuerst, um 1480, an die von Westerstetten.
Von diesen sind in der Kirche im nahen Dunstelkingen prächtige
Grabdenkmäler zu sehen. Um 1SS4 folgen die Staufenberg,
dann Oettingen-Baldern und nach Aussterben dieser Linie die
Wallerstein. 1810 kam die Burg von der Grafschaft Oettingen-
Wallerstein an Württemberg. Die Gutsherrschaft ist daher
heute noch Oettingen-Wallerstein. Wegen Baufälligkeit sind
im vorigen Jahrhundert von zwei Wohngebäuden die Dächer
abgehoben worden. Von K. A. Koch.
Gefährdet.
Schloß 1?eusa bei Plauen.
Wie uns mitgeteilt wird, soll der Abbruch des Schlosses
Reusa, Eigentum der Stadt Plauen, trotz Einsprucherhebung
von Sachverständigen beschlossen sein. Die Vernichtung
eines so wertvollen Baudenkmales wäre tief zu beklagen.
Die Baufälligkeit des Schlosses verlangt nicht seine sofortige
Niederlegung. Es wäre daher wünschenswert, den Abbruch
des Baues nach Möglichkeit zu verzögern, um Freunde zu
gewinnen, die für die Erhaltung des aus dem 13. Jahrhundert
stammenden Rittersitzes tatkräftig eintreten. Da die Stadt
nicht in der Lage ist, die Mittel für den geplanten Umbau des
Schlosses in ein Kriegswaisenhaus allein zu tragen, wären

Deutsche Unarten. Große Zeiten wecke» die im Volke schlum-
mernde» Kräfte und lassen seine Tugenden in höchster Entfaltung
erblühen. Aber vielfach wird man jetzt zu der Umkehrung dieses
Satzes versucht, daß im Schatten großer Geschehnisse auch das Un-
kraut üppiger denn je wuchert. Und in der Tat stößt man in unserem
heutigen Leben ank bedauerliche Erscheinungen, die grell abstechen
gegen die Leistungen unserer Feldgrauen, gegen die Leistungen der
Heimat. Daß Gewinnsucht und Eigennutz, daß Kleinmut und Un-
kameradschaftlichkeit sich zeigen, weiß mancher draußen und daheim ans
eigener trüber Erfahrung. Hier sei die Aufmerksamkeit ans einen
Fehler unseres Volkstums gelenkt, der zwar den Einzelnen keinen
merklichen Schaden bringt, wohl aber der Gesamtheit schwere Nach-
teile znfügt, ja sogar Kriegscrfolge in Frage stellen kann. Nicht in
Ziffern laßt sich ansdrücken, was deutsche Redseligkeit, vertrauens-
selige Mitteilsamkeit und unüberlegte Schwatzerei unserem schwer
kampfenden Volk bereits für Schaden getan haben. Jnzmer und
immer wieder haben die Militärbefehlshaber sich an die Öffentlich-
keit gewandt und ihre Warnungen vor unvorsichtigen Gesprächen,
ihre Hinweise ans die Spionagetätigkeit unserer Feinde verbreitet,
und doch gewinnt der unbefangene Beobachter den Eindruck, als sei der
gute Deutsche ebenso »»belehrt wie am ersten Tage des Krieges.
Sollte man glauben, daß noch jetzt in einem Berliner Zuge zwei
Herren beim zufälligen Zusammentreffen in lebhafter Unterhaltung
ihr Woher und Wohin erörternd, die Mitreisenden wissen lassen,
daß der eine als Mitglied des N-Bcirats die und die Fragen zu
prüfen gehabt, daß der andere die und die Heeresaufträge hat be-

Unterstützungen von staatlicher und privater Seite dankbar
zu begrüßen.
Gurg Grancienburg.
Die zwischen Eisenach und Gerstungen gelegene Doppel-
ruine Brandenburg, die im S. Jahrhundert schon genannt
wird und wahrscheinlich im Dreißigjährigen Kriege zerstört
wurde, hat in den letzten Jahren durch Witterungseinflüsse
stark gelitten. Im Mauerwerk und in den Türmen haben sich
Risse gebildet und größere Steinmassen sind abgebrochen.
Vor einigen Jahren ist die Burg von Großherzog Karl Alexan-
der von Weimar ausgebessert worden, doch waren die Arbeiten
nur für kurze Zeit von Erfolg. Wie verlautet, sollen nach
dem Kriege an der Ruine umfassende Arbeiten vorgenommen
werden.
Zerstört.
Gurg Gesenberg.
Die altehrwürdige Burg Wesenbsrg in Mecklenburg-
Strelitz ist bis auf die Ringmauern niedergebrannt. Im
Mittelalter brachte man die Burg mit dem Minnesänger
Heinrich von Meißen in Verbindung.
Schloß Poscharowa, Posen.
Wie berichtet wird, ist kürzlich das dem Herrenhausmitglied
von Kurnatowski gehörende Schloß Poscharowo, Kreis Samter,
vollständig abgebrannt.
Das Schloß Gratianus bei Precieal
wurde am 27. August, dem Jahrestage der Rumänischen
Kriegserklärung, in Brand gesteckt und ist vollständig ein-
geüschert.
Demetrius Gasilika in Saloniki.
Bei dem großen Brand in Saloniki ist die altberühmte
Demetrius-Basilika vernichtet worden. Die fünfschiffige
Basilika ist in ihrer ersten Gestalt im S. Jahrhundert ent-
standen. Die Schiffe waren durch Säulen voneinander ge-
trennt, die durch Bogen verbunden wurden. Neben den
weißen Marmorkapitälen und vielfarbigen SSulcnsteinen
waren es vor allem die in Gold und blauer Farbe ausgesührten,
feingegliederten Wandmosaiken, die der Kirche eine außer-
ordentliche Pracht verliehen. Diese Mosaiken gehörten zu
den besten byzantinischer Kunst und stammten aus dem 7. Jahr-
hundert. Viele Jahrhunderte diente die Kirche als Moschee,
erst 1912 wurde sie wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung
zurückgegcben.

sprechen müssen. Und am abendlichen Stammtisch erzählt ein guter
Patriot mit lanrer Stimme eine militärische Neuigkeit, die er aus
unbedingt zuverlässiger Quelle erfahren hat. Wißt ihr noch nicht,
ihr Herren, daß überall Ohre» des Feindes uns belauschen, daß er
Agenten über Agenten kauft, die als harmlose Geschäftsreisende,
als Arbeiter und Gewerbetreibende sich völlig einwandfrei und nn-
verdächtig und alles, auch unwichtig erscheinendes wie Mosaikstein-
chen zusammentragen zn einem genauen Bilde über unsere mili-
tärische und wirtschaftliche Rüstung? Wißt ihr, daß dort draußen
an der Front unsere Brüder mit Blut und Leben eure Wichtig-
keit oder unvorsichtige Schwatzhaftigheit bezahlen müssen? Die Ent-
schuldigung, das wisse der Feind ja so wie so, gilt nicht, denn warum
wendet er so ungeheure Summen zur Erlangung von Nachrichten
aller Art auf? Gewiß, es liegt kern von Euch, dem Feind Vor-
schub zu leisten, aber das tut jeder, der Mitteilungen militärischer
oder kriegswirtschaftlicher Art einen Unbekannten oder nicht als
zuverlässig erprobten Bekannten hören läßt. Nicht böser Wille, sondern
Unachtsamkeit und Leichtsinn fördern hier des Feindes Sache. Und
das kann anders sein, muß anders werden. Keinem Geschäftsmann
entschlüpft ein Wort über sein Fabrikationsgeheimnis — eine Frucht
der Selbsterziehung, sollte diese Selbsterziehnng nicht jetzt, wo unser
Volk um sein Dasein ringt, auch auf anderen wichtigen Gebieten
möglich sein. Schweigen ist Gold! Und der Fall, daß das Ge-
schnatter der Gänse einen Staat gerettet hat, steht in der Geschichte
bis jetzt noch einzig da.

Verantwortlicher Schriftleiter: Prof. BodoEbhardt, Berlin-Grunewald. — Verlag: Burgverlag, G. m. b. H., Berlin-Grunewald.
5>ruck: Imberg L Lefson, G. m. b. H., Pexlln SW 4L. Wilhelmstratze NS.
 
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