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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr. 6
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Koch, Konrad Albert: Erste Deutsche bzw. Dürersche Befestigung der Stadt Ulm
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Burgenschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0079

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ein Tor, durch das man in die Vorwehr gelangte. Dasselbe erhielt einen Zinnenabschluß und zu beiden Seiten
kleine runde Türmchen.
Dieser Veränderungs- und Zerstörungsperiode (um 1632) sielen nicht weniger wie 10—12 Kirchen und
Kapellen in Ulm und nächster Umgebung zum Opfer. Nur von der Heiligkreuzkirche aus dem Weinhof ließ man
den Turm, den einstigen „Lug ins Land", einstweilen stehen,' ebenso ließ man vorerst auch den Turm der Michaels-
kirche aus dem Michaelsberge stehen. Um 1638 wurde der Turm, der an der Barfüßer-Kirche gestanden, ab-
gebrochen. Ohne Zweifel war dies das ehemalige Löwentor. Beiin Abbruch dieser Gebäude fand man viele
heidnische Münzen.
Bis zum Fahre 1662 waren nachstehende Werke der deutschen Befestigung vollendet: Die unter den Fischern
am oberen Donauanschluß,' die Brustwehr von dieser Bastei bis zum Glöcklertor, die Vorwehr des letzteren,' ein Teil
der Brustwehr zwischen dem Einflüsse der beiden Blauarme,' die Eckbastei bei der neuen Schwestermühle,'
die Vorwehr bei dem Neutore,' ein Teil der Brustwehr zwischen dem Neu- und Frauentor. Dieses Stück war
231 m lang und schloß sich an das fertige Bollwerk des Frauentores an; die Vorwehr bei dein Frauentore, die
Brustwehr zwischen dem Frauentore und Seeliurm; die untere Bastei oder das Bollwerk bei dem Zeughause
und das kleine Bollwerk bei dem Predigerkloster.
Für Geschütze und andere Verteidigungsausrüstung war in Ulm im 16. Jahrhundert hinreichend gesorgt.
Nicht weniger als 300 Geschütze verschiedenen Kalibers waren auf den Türmen und Basteien postiert. Die Ge-
schütze bestanden aus Falkonetlen, Scharfentönlein, 6-Pfünder-Falkoncn, 2)4—6^-Pfünder-Feldschlangen,
halben Quartierschlangen (2^-Pfünder), 10 pfündigen Quartierschlangen, Hagelgeschoß 4—10-Pfünder, Singerin
26—30 Pfünder und doppelten 76 pfündigen Kartaunen. Die Geschütze wurden im Zeughaufe aufbewahrt und
das Pulver an 10 verschiedenen Orten untergebracht. Eine Pulvermühle war im Seelturme eingerichtet.
Unter dem ritterlichen Kaiser Maximilian wurde in Ulm die Büchsenmacherei verbessert und zugleich im
Heerwesen die Landsknechte eingeführt. Zn der Ausbildung der Landsknechte war Georg von Frundsberg, Herr
von Mindelheim, besonders behilflich. Vom Bauernkriege an wurde ohne Landsknechte kein Krieg mehr geführt
und wenn ein solcher in Aussicht war, nahm man die nötige Anzahl Fähnlein in Sold. Nach Auflösung des Schwäb.
Bundes trat Ulm im Fahre 1633 mit Augsburg und Nürnberg in ein neues Bündnis, das aber bald wieder gelöst
wurde. Die dem schmalkaldischen Bund beigetretenen Truppen, einschließlich die des Herzogs Ulrich von Württem-
berg, sammelten sich in Ulm. Im Markgrafenkrieg im Jahre 1652 mußte die Festung wieder in Verteidigungs-
zustand gesetzt werden. Ein Nachspiel zum Markgrafenkrieg bildete die Belagerung der Burg „Helfenstein" bei
Geislingen, befehligt durch Ritter Conrad von Bemmelberg.
In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde die Befestigung nach Art der italienischen verbessert, nachdem
sich erwiesen, daß die runden Basteien von Dürer und anderen Kriegsbaumeistern unzweckmäßig waren, da nicht
alle Teile der äußeren Umfassung von der Seite bestrichen werden konnten. Die italienische Bastion war fünfeckig.
Es wurde mit diesen 1653 begonnen. Ein abermaliger Umbau wurde 1681 durch Joh. del Monte auch nach
italienischer Art ausgeführt, wobei die drei Dürerschen Basteien in italienische umgewandelt wurden und
zwischen dem Dietrichs- und Seelturm eine „xiata torma". Im Jahre 1603 entstand bei dem Elendgraben
durch Matthias Polan ein Bollwerk in Form einer Plattform von Erdreich. Bei dieser Gelegenheit wurde der
Gefängnisturin erniedrigt. 1606 wurde mit dem Bau der Adlerbastion begonnen. Die Bastion erhielt einen sehr
stumpfen Winkel gegen die Donau, so daß die beiden Facen direkt an den Fluh zu liegen kamen. Weiter entstanden
die Donau- und die Blaubastion. Hernach folgten noch 8 und auf dem rechten Ufer 4 Bastionen. Am 3. März 1617
wurde mit dein neuen Festungsbau nach niederländischer Art begonnen und zwar nach Valkenburghs Projekt.
Die Bauausführung wurde 6 Niederländern übertragen und für jede Ruthe wurden 360 fl. bezahlt.
Nacheinander wurden die Bastionen von: Glöckler bis zum Neutore (1618—19), die beiden Bastionen zwischen
dem Neu- und Frauentore (1620—21) lind 1622 die 8. und letzte Bastion vollendet.

Burgenschau.
Die mit * versehenen Nachrichten sind eigene Mitteilungen unserer
Mitarbeiter. Nachdruck derselben nur mit Quellenangabe gestattet.
*Gurg Kcchenftein.
Die hochromantische Burgruine Kahenstein im Oberamt
Ncresheim in Württemberg liegt auf einer niederen Felskuppe
über dem Weiler Katzenstein. Die Hauptburg ist von der Vor-
burg, jetzt Ökonomiehof, durch einen Grabeneinschnitt ge-
trennt. Über eine steinerne Brücke gelangt man zuerst in einen
fast ringsherum führenden Zwinger, dann durch ein spitz-
bogiges Tor durch den Torbau in den unteren Schlotzhof.
Dieser ist gegen Westen von Stallgebäuden umschlossen. Von
hier gelangt man in einen zweiten Hof, und gegen Osten wen-
dend kommt man über eine steinerne Treppe in den oberen

und inneren Burghof. Der obere Burghof ist etwa 6 in höher
wie der davorliegcnde Hof. Das Gebäude rechts am Treppen-
aufgang hat im Untergeschoß einen tonnengewölbten Raum,
der durch zwei mächtige Säulen in zwei Teile geteilt ist. Darin
befindet sich der tiefe rund ausgemaucrte Burgbrunnen. Eine
rundbogige und eine spitzbogige Türe führen in diesen Raum.
Neben demTurm und derBurgkapelle war dieses Gebäude der
älteste Teil der Burg. Die Burgkapelle, die gegen Nordoste»
in den Zwinger vorspcingt, hat eine halbrunde Apsis, stammt
wie der Turm noch aus der romanischen Zeit. Der quadra-
tische Turm hat etwa 8 in Seitenlänge und ist mit sorgfältig
behauenen Bossenquadcrn aufgeführt*). Der obere Abschluß
des Turmes hat nicht mehr die ursprüngliche Form, sondern
ein Satteldach mit Staffelgiebel aus dem 16. Jahrhundert.
*) Das Burgverlieh befindet sich im untersten Turmraum; in dasselbe
ging ein viereckiges Loch von oben herab, das sogenannte Angstloch.
 
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