Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Krollmann, Christian: Nach der Schlacht bei Tannenberg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0053

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
?9


Nach der
Schlacht bei Tannenberg.

Von C. Krollmann.
s schien der Deutsche Orden
durch die blutige Niederlage
bei Tannenberg völlig zu
Boden geschmettert zu sein.
Das ganze Land zwischen
^ Weichsel und Passarge siel mit
jjall seinen festen Burgen lind
^ Städten überraschend schnell
in dieHände der Sieger. Es bedurfte nur noch der
Einnahme des Haupthauses Marienburg, und der
Ordensstaat Preußen hatte ausgehört zu bestehen.
Das glaubten nicht nurdiePolenund ihreBundes-
genossen, sondern auch die von panischen Schrecken
erfaßten Stände Preußens, die Landeslnschöfe,
der Adel des flachen Landes, die großen Städte
Elbing, Thorn, Danzig und Braunsberg. And
alle beeilten sich, dem Kömge Wladislaw zu hul-
digen um nicht nur der drohenden Gefahr zu
entgehen, sondern auch womöglich durch recht-
zeitige Antcrwersung noch Sondervorteile zu ge-
winnen. Aber es kam anders, es bewährte sich
wieder einmal die unumstößliche Erfahrung, daß
nicht Zufallssiege die Geschicke der Völker ent-
scheiden, daß nicht die Menge, sondern Männer
Geschichte machen. E i n Mann behielt den Kopf
oben, das Herz am rechten Fleck. Das war der
Komtur von Schweh, Herr Heinrich von Plauen. Abb. 2Z.
Ihn hatte der Hochmeister mit einer kleinen
Kriegsschar westlich der Weichsel zurückgelassen,
um Pommerellen gegen Großpolen zu decken. Fetzt warf er sich schnell entschlossen in die Marienburg und
setzte sie mit rücksichtsloser Tatkraft in wenigen Tagen in Verteidigungszustand. Sein unerschütterlicher
Mut machte trotz mancher kleinmütigen Anfechtungen der Besatzung das unmöglich scheinende möglich, neun
Wochen lang hielt das Haupthaus des Ordens die hartnäckige Belagerung der Polen aus, dann war es gerettet
und mit ihm der ganze Ordensstaat. Es kam Entsatz, von Westen her neue Söldnerhausen, die in den Balleien
des Mutterlandes geworben waren, von Osten ein Heer, das der Landmeister von Livland zu Hilfe schickte. Ihm
schlossen sich die Konvente und die treu gebliebenen Bewohner des nordöstlichen Preußens an. Nun vermochte
der König von Polen nicht länger seine Heerscharen vor Marienburg zusammenzuhalten. Der Großfürst Witowd
rückte mit seinen Litauern dein livländischen Heere entgegen, anstatt aber zu kämpfen, ließ er sich zum Abmarsch
bewegen; ihm folgten die Masowier, und binnen kurzem mußte auch Zagiello die Belagerung abbrechen, ja schließ-
lich in fluchtartiger Eile das Land verlassen, das er schon als sichere Beute betrachtet lind an seine Getreuen ver-
teilt hatte. Ebenso schnell wie er niedergeworfen war, stand der Orden wieder auf den Füßen, stellte seine innere
Ordnung wieder her, wählte den tapferen Verteidiger der Marlenburg zum Hochmeister und nahm die verlorenen
Burgen und Städte wieder in Besitz.
Der König von Polen, nun auch im Süden durch einen Einsall des Königs Sigismund von Angarn beun-
ruhigt, sah sich außerstande, das polnische Adelsaufgebot bei der Fahne zu halteil, geschweige denn, daß er weiter
auf die Hilfe der Litauer hätte rechnen dürfen. Während noch um seine letzte Eroberung, die Burg von Thorn
gekämpft wurde, sah er sich genötigt, mit dem Hochmeister Verhandlungen ailzuknüpfen, die am S. Dezember
1410 zu einem vicrwöchentlichen Waffenstillstand führten. Heinrich von Plauen hätte, in richtiger Erkenntnis
der schwierigen Lage des Königs Zagiello, den Kamps gern fortgesetzt, aber die Livländer, die immer nur mit
halbem Herzen an dem Kriege teilgenommen hatten, und zahlreiche Gäste aus Deutschland, die dem Orden „um
Gottes willen" zugezogen waren, darunter der Bischof Johann von Würzburg und zwei schlesische Herzöge, drängten
zum Frieden, auch manche Gebietiger des Ordens, namentlich die Livländer, verhehlten ihre Kriegsmüdigkeit
nicht, lind unter den Söldnern sowohl wie unter den eigenen Antertancn des Ordens zeigte sich viel Anzuver-
lässigkeit. So wurden denn die Verhandlungen, trotz inneren Widerstrebcns des Hochmeisters, fortgesetzt und
führten schließlich zum Frieden von Thorn am 1. Februar 1411.
Dieser „ewige Frieden" war aber ein ganz fauler Frieden, er beseitigte weder die großen Gegensätze noch ihre
Ursachen. Der Orden verzichtete zwar auf Samayten, aber nur für die Lebenszeit Jagiellos und Witowds, die
beide alte Männer waren. Eine neue Auseinandersetzung darüber mußte also über kurz oder lang erfolgen. Die

Danzig, Artushof. Kampf vor der Marienburg.
Aufgen. v. Dr. Franz Stocdtner.
 
Annotationen