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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr. 5
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Anthes, Eduard: Die Burgen und Schlösser von Schlitz in Oberhessen
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Vogts, A.: Die Bedrohung des Ortsbildes von Beilstein a.d. Mosel
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0066

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der Stadtmauer nicht in unmittelbarer Verbindung. Sie dienten als Wohnung des Erbauers Friedrich v. Schachten
und seiner Gemahlin Elisabeth v. Görtz.
Zum Schluß ist die H a l l e n b u r g in der Unterstadt am Flüßchen Schlitz, südöstlich vom Stadtbcrg, zu
erwähnen, der gegenwärtige Wohnsitz der gräflichen Familie. Zn seiner heutigen Gestalt ist er ein vornehmer,
von herrlichen Parkanlagen umgebener Wohnbau des l8. Jahrhunderts von eigentümlichem Reiz, wie er trotz
aller Einfachheit den Schloßbauten jener Zeit eigen ist. Aber es bestand vor ihm schon eine ältere Anlage, die
ebensalls Hallenburg hieß, aber nicht wie man vielfach erklärt, weil sie eine große Halle besaß, sondern weil sie in
einer Flur „Die Halle" lag. Leider ist über diesen älteren Bau, der von Wirtschaftsgebäuden umgeben war, nichts
näheres bekannt. Unser mehrfach genannter Gewährsmann Merklin erwähnt nur einige Inschriften, die immerhin
wichtige Nachweise zur Zeitbestimmung bieten. So die Jahreszahl 1565 mit Eörtzischem Wappen; über der Haus-
tür 1601 mit den Wappen derer v. Görtz und v. d. Hees; über der Burggartentür 1605 (v. Görtz und v. Berlepsch);
1610 „an der Küche überm Fenster nach der Hallenmühle zu" mit der Inschrift I(oh.) Ljustachius) V(on) 6(örtz)
8(chlitz) ^(nna) N(aria) V(on) O(örh) 6(eb.) V(on) L(erlepsch) VV(? . . . .). „Oben am Fahrweg über der
Pforten" 1614 mit dem Görtzischen und Berlepschischen Wappen. Am großen Tor standen auf beiden Seiten
lateinische Verse, deren Erklärung Schwierigkeiten macht. Alles das ist beim Bau des neuen Schlosses spurlos
verschwunden. Bei der Lage des letzteren, das jedenfalls über der Stelle des älteren errichtet wurde, könnte man
an eine Wasserburg denken, aber es haben sich nicht die geringsten Spuren einer solchen erhalten, so daß man auch
hier die Bezeichnung als Burg mehr im Sinne von Schloß wird auffassen müssen.
Von einer Belagerung oder Zerstörung von Schlitz hören wir nichts. Zwar sind natürlich die schweren Zeiten
des dreißigjährigen Kriegs nicht spurlos am Schützer Land und seiner Hauptstadt vorübergegangen, ja sie haben
mit besonderer Schwere gerade auf dieser Gegend gelastet. Aber den Burgen ist doch ein besseres Schicksal be-
schieden gewesen, als so vielen andern. Sie stehen ohne Ausnahme im Äußeren noch etwa so da, wie vor ZOO
Jahren, das Stadtbild von heute wird sich, von fern gesehen, nicht allzuviel von dem der Nenaissancezeit unter-
scheiden. Gerade darin liegt der Hauptreiz. Dafür, daß uns nichts von hohem Alter überkommen ist, muß uns
dis Tatsache entschädigen, daß eben die Nenaissanceburgen mit der vielfach noch hereinspielenden Formensprache
einer langlebigen Spätgotik so gut erhalten sind, nicht minder auch die Gewißheit, daß das alteingesessene Schützer
Grasenhaus aus Liebe zur Heimat und in vollem Verständnis für das geschichtlich gewordene stets die Burgen
seiner Vorfahren als wertvollen Besitz vor dem Zerfall schützen wird.


Die Bedrohung des Ortsbildes von Beilstein a. d. Mosel.
Von Dr. Ing. A. Vogts.
^ as gleiche Unrecht, das die Erbauer der rheinischen Bahnen den schönen Städtchen und
Dörfern des Nheintales zugefügt, indem sie ihnen den Bück aus den Strom, die lustigen Pro-
^ menaden am User unter den laubenartig geschnittenen Baumreihen und vor allein die wir-
kungsvolle burgengekrönte Ansicht raubten, indem sie das malerische Gewirr der Gassen und
Giebel durch den geraden Bahndamm verdeckten, dasselbe Unrecht, das jeder Rheinfahrer
beklagt, das unserem gefeierten Strom einen guten Teil seiner Schönheit und seiner Be-
sucher genommen hat und nie wieder gutzumachen ist, soll jetzt einer Perle des Moseltales
zugefügt werden, dem einzigartigen Ortsbild Beilsteins, des alten Städtchens der Grafen
Metternich und ihrer Vorgänger, der edeln Geschlechter Braunshorn und Winneburg. Ihre
starke Burg erhebt sich mit zackigen ausdrucksvollen Trümmern an der einen, ihre fromme
Klostergründung mit weiten Baulichkeiten lind barockein Kirchengiebel an der anderen Seite über den eng anein-
ander geschmiegtenDächern, die vom Ufer her wie in einem italienischen Bergstädtchen das Seitental und seim
Abhänge hinausklettern. Mit umrankten Terrassen, Stadtmauern und Mauertürmen im Vordergrund bietet
sich noch ganz das Bild einer mittelalterlichen Siedlung, wie es das Rheinland in dieser Gestalt kein zweites Mal
besitzt. Zahlreiche Maler, von Merlan bis Krih von Wille, haben es mit Stift und Pinsel festgehalten; die Schön-
heit des Aufbaues des Stadtbildes, seiner Giebellinien und seines reizvollen Fachwerkbaues waren unerschöpf-
liche Quellen der Anregung für die Jünger der Baukunst und namentlich für diejenigen, die den Moselorten ihre
alte urwüchsige Schönheit, ihre Einheitlichkeit bewahren wollen. Tausenden von schönheitsfrohen Wanderern
ist dies Bild ans Herz gewachsen; Abertausende haben am Ufer mit dem duftigen Wein aus den vorzüglichen
Lagern des Orts die Ungestörtheit, die Ruhe und wohltuende Stimmung der Landschaft genossen.
Das soll nun alles für immer zu Ende sein! Die strategisch erforderliche Bahn um den Cochcmer Krampen
soll auch Beilstein berühren und nach dem Willen der Eisenbahndirektion Saarbrücken an der Mosel vor dem Ort
hergesührt werden. Ein hochwasserfreier Bahndamm, dessen Oberfläche ungefähr in einer Ebene mit den Dach-
gesimsen der vordersten Häuser liegt, der sie also ganz verdeckt, dem ferner die alten Mauern, das Zollhaus mit
seinem hübschen, aus dem 17. Jahrhundert stammenden, erst 1914 mit öffentlichen Mitteln instandgesetzten Fach-
werk, ein Stadtturm, ein paar Giebel des ehemaligen Klosters und des Amtshauses zum Opfer fallen, soll künftig
mit all seinem nüchternen Zubehör an Stellwerken, Signalen, Laternen, mit seiner nüchternen Geradlinigkeit
den Vordergrund zu den Phantasie- und erinnerungsreichen Resten von Schloß und Kloster bilden!
 
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