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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr.1
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Ziesemer, Walther: Balga
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0020

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das Haff in die Gewalt des Ordens und man ge-
wann einen festen Stützpunkt, uni von hier aus
die angrenzenden Hasfgaue wie das gegenüber-
liegende Samland zu unterwerfen. War Balga
von der Hafsseite her geschützt, so war seine Lage
auch nach dem Lande hin für einen befestigten
Platz günstig. Südlich von den Anhöhen Balgas
nämlich war in vorgeschichtlicher Zeit eine Wasser-
straße, während der bei Pillan sich erhebende
„Schwalbenberg" mit den Höhen von Balga eine
Landzunge bildete, die in dem südlich von Balga
befindlichen „Schneckenberge" ihr Ende fand. Als
später die Landzunge durchbrochen und der Riß
zwischen den nördlichen und südlichen Anhöhen der
Landzunge größer wurde, versumpfte die südlich
von Balga befindliche Wasserverbindung und
bildete zur Ordenszeit einen Bruch, über den
man im Sommer weder gehen noch reiten konnte;
die Verbindung von der eigentlichen alten Haff-
küste, wo heute Groß-Hoppenbruch, Schrangen-
berg, Partheinen liegen, mit Balga war nur durch
einen Knüppeldamm möglich. Noch heute steht
ein großer Teil dieses Bruchlandes in jedem
Frühjahr unter Wasser. Es ist wahrscheinlich,
daß der Name Balga — in der Ordcnszeit stets
Balge geschrieben — mit dieser Lage zusammen-
hängt, denn Balge bedeutet Wasserstraße, Tief,
Durchfahrt.
Es ist begreiflich, daß sich nun die Kriegszüge
der Preußen auf Balga richteten. Ein Haupt-
mann der Warmier, Pyopso, sammelte unter
seinen Landsleuten ein Heer und unternahm
einen Sturm auf die Burg. Um den Seinen ein
Abb. 4. Balg«. Vorburgruine, Turmseite. Beispiel zu geben, stürmte er allen voran, aber
ein Ordensbruder traf ihn mit seinem Pfeil, und .
als die Preußen ihren Führer fallen sahen, zogen sie bestürzt von dannen.
Doch die Preußen ließen sich durch diesen Mißerfolg nicht abschrecken. Die Ritter nämlich hatten auf ihrer
„Inselburg" keine Wasserläufe und bauten am südlichen Ende der Knüppelbrücke dicht an den Festlandshügeln
(dem heutigen Gr.-Hoppenbruch) eine Mühle, da sie eine solche zum Unterhalt ihrer Besatzung in Balga brauchten.
Doch wurde die Mühle erstürmt und verbrannt und die ganze Besatzung niedergemacht, ohne daß ihr von Balga
Hilfe gebracht werden konnte. Nun befestigten die Preußen eine Burg auf dem Hügel Partegal (heute Partheinen)
und eine zweite unweit der verbrannten Mühle auf dem Schrandenberg (heute Schrangenberg). Dadurch be-
herrschten die Preußen den Zugang von Balga zum Festlande und verhinderten die Ordensbrüder, von ihrer Halb-
insel aus nach Süden vorzustoßen. Za, sobald im Winter das Bruchland gefroren und passierbar war, gingen sie
zur Offensive über und belagerten Balga so andauernd, daß niemand von der Besatzung die Burg zu verlassen
wagte. Die Ordensritter gerieten infolge dieser Absperrung in die größte Not. Da ihnen auch die Lebensmittel
ausgingen, kamen sie auf den Gedanken, diesen Stützpunkt wieder auszugeben und sich über das Haff zurückzuziehen,
wenn ihnen nicht bald Hilfe käme. Das übrige Ordensheer konnte ihnen keine nennenswerte Unterstützung senden,
da es selbst gegen die Einfälle des Herzogs Swantopolk von Pomerellen auf der Wacht sein mußte. Da kam den
Belagerten die Hilfe durch das auswärtige Kreuzsahrerheer Ottos von Braunschweig.
Inzwischen war nämlich Hochmeister Hermann von Salza gestorben und Conrad von Thüringen zu seinein
Nachfolger erwählt worden. Conrad war durch seinen Neffen mit Herzog Otto von Braunschweig, einein Enkel
Heinrichs des Löwen, verwandt. Es ist wohl möglich, daß, abgesehen von anderen Momenten, diese verwandt-
schaftlichen Beziehungen Herzog Otto den Gedanken einer Kreuzfahrt nach Preußen nahe gelegt haben. Ende
Dezember 1239 brach er mit seinem Hofstaat, mit Jagdhunden, Federspiel und allerlei Jagdgerüt und vor
allem einer großen Kriegerschar auf und kam im Winter 1240 in Preußen an. Der Kriegsplan für die Kreuzfahrer
war mit dem Orden bald gemacht: in erster Linie mußte man die Besatzung Balgas aus ihrer bedrängten Lage
befreien und konnte darnach einen Vorstoß in das Innere des Landes wagen.
Sobald es die Jahreszeit erlaubte, fuhr Herzog Otto mit seinen Scharen ostwärts nach Balga. Von ihren
Türmen aus sahen die Ritter Schiffe aus ihre Burg zusteuern, und bange Zweifel befielen sie, ob ihnen nicht neue
Gefahren drohten. Als sie aber erkannten, daß ihnen Hilfe kam, war ihre Freude grenzenlos. Der Herzog — so
erzählt Zeroschin, ausführlicher als Dusburg und in manchen Punkten von ihm abweichend — landete an einer
verborgenen Stelle und gelangte so heimlich zur Burg, daß die Preußen seine Ankunft nicht bemerkten. Nachdem
 
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