Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

DOI Heft:
Nr.1
DOI Artikel:
Ziesemer, Walther: Balga
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0023

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
9

ruhendes
Kreuzgewölbe.
In einer Ecke
sind die Reste
eines Kanrins
erkennbar, der
Raum war also
heizbar. Die
Wand zuin
Vorraum ist
nicht mehr vor-
handen. Dieses
Vorzimmer
trug einst eben-
falls ein Ge-
wölbe, das auf
einer Säule
ruhte. Von ihm
aus trat man
auf einen Holz-
balkon, von dem
eine Treppe
zum Hof (nach
Norden) führte.
In die zweite
auf der Turm-
seite gelegene Wohnung gelangte man ebenfalls vom Hof aus aus einer massiven bedeckten Treppe. Durch ein
reich gegliedertes Portal trat inan in einen aus einem Mittelpseiler ruhenden, gewölbten Raum, in den: sich
auch ein Kamin befand. Ihm gegenüber lag ein quadratisches Gemach mit schlanken, schönen Fenstern und zier-
lichem Gewölbe, ein Raum, der ohne Zweifel für einen höheren Beamten der Burg bestimmt war.
Der erhaltene Turm bestand aus sechs, durch eine massive Wandtreppc inVerbindung stehenden Geschossen, von
denen zwei gewölbt waren. Das etwas vorkragende Obergeschoß ist mit Schießluken versehen und enthält in
einer Ecke zur Bequemlichkeit für den Turmwart Küche und Abort in friedlichen: Nebeneinander.
Die Vorburgruine ist dadurch bemerkenswert, daß mit einer gewissen Naivität Gebietigerrüume und Speicher-
unter e i ir Dach gebracht sind. Daß überhaupt Gebietiger in Vorburggebäuden ihre Wohnung hatten, ist auf-
fallend,- man erwartet ihre Räume in den Hauptgebäuden. Nur in Elbing, deren Erbauung der Balgas zeitlich
sehr nahe lag, befanden sich in der Vorburg remter- bzw. palastartige Bauten. Diese Berührung mit der Elbinger
Burg weist wohl auf die älteste Bestimmung beider Burgen hin: Elbing war der Sitz des Landmeisters, des höch-
sten Ordensbeamten in Preußen vor der Übersiedelung des Hochmeisters nach der Marienburg, und Balga war
ebenfalls als Sitz eines Landgebietigers, des Vogts von Natangen, angelegt worden.
So weisen neben den historischen Vorgängen Bauformen und Technik aus eine sehr frühe Zeit der Erbauung
hin. Die ältesten in Stein ausgcbauten Ordensburgen sind nach den Angaben Steinbrechts Althaus-Culm (etwa
1255) und Elbing (etwa 1240—1250). Beide aber sind heute kaum noch in den Fundamenten erkennbar. Dann
folgt der Zeit nach Balga, dessen Ausbau Steinbrecht in die Jahre etwa 1240—1250 legt. Die nächstfolgenden,
Thorn und Graudenz, sind erst im nächsten Jahrzehnt (etwa 1250—60) ausgebaut worden, auch sie sind heute
nur noch in spärlichen Resten erhalten.
So haben wir in Balga nicht mir die Ruinen der ersten Ordensburg auf ostpreußischein Boden, sondern die
ältesten, auch künstlerisch wertvollen Reste von Burgen der gesamten Ordensbarikunst.
Wir sind aber für unsere Kenntnis der einstigen Größe dieser Ordensburg nicht mir auf die baulichen Reste
angewiesen; mich die alterr Handschriften aus der Ordcnszeit, die im Königsberger Staatsarchiv aufbewahrt
werden, wissen uns von ihr zu erzählen. Noch heute besitzen wir zahlreiche Inventaraufnahmen von der zweiten
Hülste des 14. Jahrhunderts bis etwa zum Untergang des Ordens. In ihnen werden uns außer Kirche, Remter,
Schlafhaus viele Wirtschaftsgebäude aufgezählt wie Küche, Keller, Karwan, Kornhaus, Schnihhaus, Trapperie,
Backhaus, Brauhaus, Böttcherhaus, Schmiede, Schirrhaus, Stallungen für des Komturs und der Konvents-
mitglieder Pferde usw. Im Jahre 1374 befanden sich in Balga 266 Pferde und viele tausend Scheffel Getreide.
1382 werden 7 Panzer, 35 Brünnen, 56 Platen, 46 Helme, 1441 57 Stück Rindvieh, 775 Schafe, 168 Schweine
gezählt. In der Kirche befand sich ein Altar, der dcni heil. Nikolaus, den: Schutzpatron der Schiffer, geweiht war.
Auch eine kleine Bibliothek gehörte zur Kirche: wir finden 1441 in ihr außer den für den Gottesdienst gebrauchten
Meßbüchern, Antiphonarien, Legenden usw. 9 deutsche Bücher, die zum Vorlesen bestimmt waren. Aber die Anzahl
der Ordensbrüder aus Balga sind wir leider wenig orientiert, in einem Visitationsbericht von 1507, als Balga
nicht mehr Komturei ist, wird die Zahl der „Personen" auf dein Schloß mit 50 angegeben, wobei aber außer den
Ordensrittern auch die Diener und Knechte mit eingerechnet sind.


Abb. ö. Burg Ciechanow. Hosphotogr/Kichlewindt, Königsberg.
 
Annotationen