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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr. 3
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Doering, Oskar: Matthäus Schiestl
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0037

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der Burgwart

Zeitung üeeOeeeinigmrg zue Erhaltung öeutschee Burgen
Herausgeber: Professor Voöo Cbharüt, Architekt, Berlin-Grunewalö

Burgverlag, G.m.b.H., Berlin-Grunewal-

19. Iahrg.

Der Burgwart erscheint achtmal jährl. Bezugspreis 1S,S0M. jährl. Mitglieder der Vereinigung zur Er-
haltung deutscher Burgen (Mindestbeitrag ISMk.jährl.) erhalten den Burgwart unentgeltlich frei ins Haus

Nr. 3.

Matthäus Schiestl.
Von Dr. O. Doering.
idisk! Deutsch! In grauer Vergangenheit des noch nicht vom Lichte des christlichen Wesens
innerlich erhobenen und veredelten Germanentums, in den Waffen- und glaubensstarken Zeiten
des Mittelalters, in jeglichem Jahrhundert und wundervoll in unseren Tagen hat der Stolz
auf den Adel dieses Wortes dem Deutschen zur Ehre gereicht, hat ihn angespornt zu
Taten, derengleichen nicht erhört ist auf dieser Welt. Das ist ein wahrhaft ehrenwertes Volk, das
sich rühmt, ein Volk zu sein, das im Innersten völkisch fühlt, aus dem Volksgeist heraus, dem einfachen,
urkräftigen, zu allem Hohen fähigen arbeitet, ringt, strebt, kämpft, betet, entsagt und triumphiert.
Deutsch heißt volkstümlich! Wer wahrhaft deutsch ist, der empfindet mit dem Volke, hält sich in
seinem Trachten nach den Gütern der Erde und des Himmels gleich dem Volke. Der ist fleißig, treu, ein-
fach, rein und ehrlich wie das Volk, das er von Herzen liebt. Der tut sein Werk gleich dem Volke, unver-
drossen und vom Gefühle der menschenmöglichen Pflichterfüllung am reichsten belohnt. Der deutsche
Künstler ist ein tapferer Held, ein Bildner des Echten, Schönen, Hohen. Auch ist er ein Mann, der nicht an
krankhafter Herzerweiterung leidet, sondern auch seinen Verstand am rechten Flecke hat, aber doch
wiederum ihn nicht zur Alleinherrschaft gelangen läßt, sondern für rechte Arbeitsteilung zwischen Ver-
nunft und Gefühl sorgt. Herrliches schasst er, und es ist darum so wertvoll, weil es zugleich klug und be-
greiflich ist. „Deutsche Zucht ist über allen" sang Walther von der Vogelweide. Über allen auch ist deutsche
Kunst, so lange sie ihren Zusammenhang mit dem völkischen Wesen nicht verleugnet. Aus diesem erwuchs
sie, als Erwin von Steinbach, Pacher, Schongauer, Dürer, Holbein und Cranach, als Führich, Schwind
und Richter ihre Werke erschufen, und ihr mütterlicher deutscherBoden gab ihrerKunst unsterbliches Leben,
gab ihr Schönheit und Fruchtbarkeit, vorbildlich, jugendlich, schöpfungskräftig zu bleiben für alle Zeiten.
Die eingewurzelte Volksart deutschen Wesens, die nicht abstirbt, hört auch noch heutigen Tages, mag auch
manches äußerlich anders geworden sein, nicht auf zu wirken, und zum Edelsten, das sie uns gibt, gehören
Künstler echter deutscher Art. Der, dem diese Zeilen gelten, ist ein solcher. Er heißt Matthäus Schiestl.
Am 29. März 1869 kam er im Orte Gnigl bei Salzburg als Sohn eines aus Tirol stammenden Bild-
schnitzers zur Welt. Seine Kindheit und Jugend aber verlebte er in Würzburg, der Stadt Tilman Riemen-
schneiders, wohin der Vater 1873 übersiedelte-. Dort war es auch, wo seine zwei Brüder geboren wurden,
von denen der ältere, Rudolf, ein ausgezeichneter Maler, der jüngere, Heinz, des Vaters trefflicher Nach-
folger in der Ausübung der Schnitzerei geworden ist. Anfänglich freilich schien es, als sollten alle drei dieser
Kunst gewidmet sein. Zehn Jahre lang hat Matthäus unter seines Vaters Anleitung das Schnitzmesser
geführt und sich darin geübt, die Reliefs farbig auszuschmücken. Doch stärker war in dem Jüngling die
Neigung zur Malerei. Mit offenem Auge und warmem Herzen durchzog er das Frankenland, begeisterte
sich an dessen lieblicher Natur. An dem so unendlich malerischen Reize der Städte mit ihren alten Mauern,
Kirchen und Giebelhäusern füllte er Herz und Sinn mit der Schönheit edelster deutscher Kunst und trug
kostbaren Gewinn in seinen Skizzenbüchern mit heim. Endlich ward es ihm 1893 beschieden, sich der
 
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