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bei seinenBettlern, seinem
„Almosen des Armen",
seinem betenden Arbeiter,
oder bei dem jungen Wan-
derer, der, sein Bündel
neben sich, bei der Kirchen-
ruine ausrastet. Oder bei
seinemBilde„InItalien",
wo angesichts einer alten
Bergstadt ein jugendlicher
Künstler behaglich aus
einer Mauer sitzt und
zeichnet, während neben
ihm ein Paar elende Ge-
stalten, eine alte Frau und
ein Knabe, am Boden
hocken. Sehr oft bringt
Schiestl in solche Bilder
einen symbolisierenden
Zug. Als rechter Maler
der naturnahen Volks-
seele, der die Scheu vor
Abb. li. Zwiegespräch. tzem Tode fremd ist, schafft
er gerade solche Darstellungen häufig. So jene Burg mit der nur eben über den Bildrand schauenden
Gestalt des Todes, jenes Kinderbegräbnis in einer modernen Vorstadt, jener 19OO entstandene „Heimgang",
einer von SchiesPs ergreifendsten Steindrucken, mit der Gestalt eines lebenssatten alten Menschen, dem
sich der Tod als freundlicher Begleiter zum nahen Friedhofe anbietet. Fröhlichere Weisen im Märchen-
tone stimmt der Künstler aus anderen Werken an. So bei dem reizenden „Zaunkönig", einem Bauern-
büblein, das am Waldesrand auf einem Zaun lustig mit den Beinen baumelt. Ein Bild läßt uns das Zwie-
gespräch (Abb. 11) eines urwüchsig derben alten Einsiedlers mit einem Vöglein belauschen, das Leben in seine
Einsamkeit bringt; dabei der Spruch: „O wie schön sein die Wildnussen!" Nebenbei sei darauf aufmerksam
gemacht, daß bei dem Eingänge zur Einsiedelei ein Motiv von der Burgruine Altdahn (in der Pfalz) be-
nutzt worden ist. Sprüchlein und Verse bringt Schiestl bis weilen mit an. Wie etwa aus seinem prächtigen
Steindrucke mit dem Berggreise und dem Steinbock:
„Mei Hoamath is oben
Am Löffler schneeweiß,
Mei Häuserl is gemauert
Aus Schnee und aus Eis.
Die Samsln, die springen nuü
Zuacha zur Wand
Und d^ Stoäböck, die fressen mir
Zahm aus der Hand."
Sas gehört zu den großen Eigenschaften der Schiestl^schen Kunst, daß seine Personen immer aufs
engste, sinngemäßeste mit ihrer Umgebung Zusammenhängen, aus ihr herausgewachsen zu sein scheinen. So
auch bei seinen Darstellungen von Kulturmenschen. Wunderschön ist unter solchen Werken der Steindruck
mit dem Minnesänger Ulrich (Abb. 12) von Liechtenstein „anno 12SO". Fm Hintergründe die hochstrebende
Burg, die wild bergige Landschaft; vorn der ritterliche Sänger, dessen Gedanken im Reiche der Minne
schweifen und auf ein neues Lied zu ihrem Preise sinnen, während die Rechte halb unbewußt in den Saiten
der Harfe die Weise dazu sucht, und die Linke (wie wunderbar charakteristisch sind diese Hände!) das Vers-
maß zu fingern scheint. Prachtgestalten SchiesPs sind auch sein Erwin von Steinbach, dessen ernste Halb-
figur sich volltönig von dem im Hintergründe ausragenden Münster abhebt; sein Oswald von Wolken-
stein; sein Dürer als Knabe; sein gleicher Lieblingskünstler auf der Reise nach den Niederlanden. So er-
wachen in SchiesPs Eingebungen ruhmvolle Meister deutscher Vorzeit zu. neuem Leben, zu neuem Zu-
sammenhänge mit der Welt, in der sie lebten und die von ihnen Edelstes empfing, dessen wir und unsere
Zukunft uns freuen dürfen. Ein außerordentlich tiefes Studium der alten Baudenkmäler beweist unser
Künstler bei solchen Gelegenheiten. So mit der Schilderung des Münsters; mit jener der gotischen Käthe-
bei seinenBettlern, seinem
„Almosen des Armen",
seinem betenden Arbeiter,
oder bei dem jungen Wan-
derer, der, sein Bündel
neben sich, bei der Kirchen-
ruine ausrastet. Oder bei
seinemBilde„InItalien",
wo angesichts einer alten
Bergstadt ein jugendlicher
Künstler behaglich aus
einer Mauer sitzt und
zeichnet, während neben
ihm ein Paar elende Ge-
stalten, eine alte Frau und
ein Knabe, am Boden
hocken. Sehr oft bringt
Schiestl in solche Bilder
einen symbolisierenden
Zug. Als rechter Maler
der naturnahen Volks-
seele, der die Scheu vor
Abb. li. Zwiegespräch. tzem Tode fremd ist, schafft
er gerade solche Darstellungen häufig. So jene Burg mit der nur eben über den Bildrand schauenden
Gestalt des Todes, jenes Kinderbegräbnis in einer modernen Vorstadt, jener 19OO entstandene „Heimgang",
einer von SchiesPs ergreifendsten Steindrucken, mit der Gestalt eines lebenssatten alten Menschen, dem
sich der Tod als freundlicher Begleiter zum nahen Friedhofe anbietet. Fröhlichere Weisen im Märchen-
tone stimmt der Künstler aus anderen Werken an. So bei dem reizenden „Zaunkönig", einem Bauern-
büblein, das am Waldesrand auf einem Zaun lustig mit den Beinen baumelt. Ein Bild läßt uns das Zwie-
gespräch (Abb. 11) eines urwüchsig derben alten Einsiedlers mit einem Vöglein belauschen, das Leben in seine
Einsamkeit bringt; dabei der Spruch: „O wie schön sein die Wildnussen!" Nebenbei sei darauf aufmerksam
gemacht, daß bei dem Eingänge zur Einsiedelei ein Motiv von der Burgruine Altdahn (in der Pfalz) be-
nutzt worden ist. Sprüchlein und Verse bringt Schiestl bis weilen mit an. Wie etwa aus seinem prächtigen
Steindrucke mit dem Berggreise und dem Steinbock:
„Mei Hoamath is oben
Am Löffler schneeweiß,
Mei Häuserl is gemauert
Aus Schnee und aus Eis.
Die Samsln, die springen nuü
Zuacha zur Wand
Und d^ Stoäböck, die fressen mir
Zahm aus der Hand."
Sas gehört zu den großen Eigenschaften der Schiestl^schen Kunst, daß seine Personen immer aufs
engste, sinngemäßeste mit ihrer Umgebung Zusammenhängen, aus ihr herausgewachsen zu sein scheinen. So
auch bei seinen Darstellungen von Kulturmenschen. Wunderschön ist unter solchen Werken der Steindruck
mit dem Minnesänger Ulrich (Abb. 12) von Liechtenstein „anno 12SO". Fm Hintergründe die hochstrebende
Burg, die wild bergige Landschaft; vorn der ritterliche Sänger, dessen Gedanken im Reiche der Minne
schweifen und auf ein neues Lied zu ihrem Preise sinnen, während die Rechte halb unbewußt in den Saiten
der Harfe die Weise dazu sucht, und die Linke (wie wunderbar charakteristisch sind diese Hände!) das Vers-
maß zu fingern scheint. Prachtgestalten SchiesPs sind auch sein Erwin von Steinbach, dessen ernste Halb-
figur sich volltönig von dem im Hintergründe ausragenden Münster abhebt; sein Oswald von Wolken-
stein; sein Dürer als Knabe; sein gleicher Lieblingskünstler auf der Reise nach den Niederlanden. So er-
wachen in SchiesPs Eingebungen ruhmvolle Meister deutscher Vorzeit zu. neuem Leben, zu neuem Zu-
sammenhänge mit der Welt, in der sie lebten und die von ihnen Edelstes empfing, dessen wir und unsere
Zukunft uns freuen dürfen. Ein außerordentlich tiefes Studium der alten Baudenkmäler beweist unser
Künstler bei solchen Gelegenheiten. So mit der Schilderung des Münsters; mit jener der gotischen Käthe-