Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

DOI Heft:
Nr. 3
DOI Artikel:
Burgenschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0046

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
32

Neapolitaner Solimena geschmückt. Die Geschichte des Schlosses
La Granja reicht bis auf König Heinrich I I. zurück, der an dieser
Stelle 1450 ein Jagdhaus und eine Einsiedelei anlegte. 1477
wurde beides den Mönchen des Segovianer Klosters El Parral
geschenkt, in deren Besitz es gegen 250 Jahre verblieb.
König Philipp V. kaufte den Mönchen La Granja, zu deutsch
Meierei, ab und erbaute hier in den Jahren 1720—2S ein Lust-
schloß, an dessen Errichtung eineReihe italienischer, französischer
und spanischer Meister mitwirkten. Die Oberleitung des Baues
befand sich in den Händen eines in Madrid geborenen Künstlers
deutscher Abstammung, Theodore Ardemans. Die Garten-
schauseite ist nach den Entwürfen des Italieners Iuvara ent-
standen. Der ganze Bau trug das Gepräge einer Mischung
französischer und spanischer Elemente. Vorherrschend war
aber der französische Schloßstil. Besonders großartig sind di«.
Gartenanlagen mit den Wasserkünsten, die an Reichtum die-
jenigen in Versailles noch übertreffen. Das Schloß war mit
Kunstschätzen reich ausgestattet. Die königlichen Zimmer be-
saßen bis zuletzt noch die wertvolle Einrichtung des 18. Jahr-
hunderts. In einem der Zimmer befand sich in den Kamin ein-
gelassen ein griechisches Relieffragment, den Kampf zwischen
Griechen und Galliern darstellend. Im Erdgeschoß waren Gips-
abgüsse berühmter Antiken aufbewahrt. Dies alles ging mit
vielen anderen Kunstschätzen durch den Brand verloren.
Kathedrale St. Quentin.
Seit Anfang April IS17 lag St. Quentin unter schwerem
feindlichen Feuer, am IS. August fiel ihm die Kathedrale zum
Opfer. Auf die Ruinen des Gotteshauses wirft der Gegner
noch immer seine Geschosse. Mit der Kathedrale in Amiens
war sie das bedeutendste gotische Baudenkmal in der nördlichen
Picardie. Die Anlage stammt, auf ältere Gründungen fußend,
in der Hauptsache aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
Der fünfschiffige Ostbau, der in fünf weit vortretenden Chor-
kapellen auslud, ist im Fahre I2S7 in Gegenwart von König
Ludwig dem Heiligen eingeweiht worden. Nach mannigfachen
Veränderungen der nächsten Jahrhunderte wurden dann in
spätgotischer Zeit Querschiffe und Kapellen eingefügt, die ihre
Ausbildung in den Formen des reichsten flämischen Stils
fanden. Der Westbau, der auf älterem Kern errichtet ist, fand
erst in der Spätrenaissance seinen Abschluß. Schon vor dem
Kriege war der Bau stark vernachlässigt. Das Strebesystem,
besonders auf der Südseite, befand sich im Zustand der Auf-
lösung, der Verputz bröckelte überall ab. Mit der Front-
vcrkürzung IS17 kam St. Quentin in die vorderste Linie zu
liegen. Durch die Fürsorge der Deutschen waren vor dem Rück-
züge die wichtigsten Kunstschätze der Stadt durch Fachleute in
Sicherheit gebracht worden, vor allem der kostbarste Teil der
Kunstwerke des Museums Lecuyer und des städtischen Museums
im Justizpalast, sowie die Handschriften und wichtigsten Be-
stünde der städtischen Bibliothek. Außer einer Reihe wertvoller
Bilder, Skulpturen, Möbel, Tapeten aus Orten di ser Gegend
wurden auch 8S Pastelle von dem Maler Quentin de la Tour
nach Maubeuge verbracht. Die Sicherungsarbeiten hatte das
Armeeoberkommando auch auf die Kathedrale ausgedehnt.
Zunächst hatte man die wichtigsten Skulpturen undAusstattungs-
stücke fortgebracht. Unter Hinzuziehung eines bewährten
Technikers wurden während der Beschießung noch die unver-
letzten Glasfenster aus dem Chor und dem Querschiff heraus-
genommen, die fünf frühgotischen Medaillonfenster aus der
Kapelle Notre Dame im Chorumgang, die hochgotischen
Fenster im Hochchor und die wertvollsten spätgotischen und
Renaissancesenster im Querschiff. Die Rettungsarbeiten an
der Kathedrale wurden Ende Mai wieder ausgenommen und
unter größten Schwierigkeiten bis Juli fortgesetzt.
Ndarienkirche Kötha bei Leipzig.
Die Kirche wurde im Jahre 1502 als Wallfahrtskirche er-
baut. Sie liegt ziemlich frei, so daß ihre Schönheit von allen

Seiten zur Geltung kommt. Sie ist im Lichten 24 in lang und
12 in breit und weist in jeder Beziehung große Ähnlichkeit mit
der Kirche in Geithain auf. Der einheitlich schöne Bail kenn-
zeichnet die Richtung der Rochlitzer Bauhütte während der
spätesten Gotik. Das Innere zeigt Stcingcwölbe von 12 rn
Spannweite, einen spätgotischen plastischen Flügelaltar mit
der Darstellung der Sage der Gründung der Kirche (Maria
nn Birnbaum), ein verhältnismäßig gut erhaltenes Kruzifix,
vermutlich aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, eine Orgel
mit schönem Gehäuse, die von Hildebrand, einem Schüler des
Orgelbauers Silbermann, stammt und an der Chorwand eine
Reihe beachtenswerterGrabsteine,darunter von denGesch lech lern
von Minkwitz, Wiedebach und Schleinitz. Dem wertvollen Bau-
werk droht ernste Gefahr durch weitvorgeschrittene Dachschäden.
Die Gewölbe sind teilweise bis zu den Gewölbeansätzen durch-
näßt, das Gefüge fängt an sich zu lockern, so daß das Gewölbe
in kurzer Zeit in Mitleidenschaft gezogen werden wird, was zum
Einsturz der Kirche führen muß und somit zur Vernichtung
eines baukünstlerisch und geschichtlich wertvollen Gebäudes.
Verschiedenes.
Lurg Glankenburg, Schweir.
Die im oberen Simmental befindliche Burg Blankenburg
soll als ein Simmentaler Museum eingerichtet werden. Ein
Kunstfreund in Balligen hat dem historischen Verein seines
Heimatkantons die Lenker-Stube geschenkt, die nach einem
Berichte aus Bern wertvolle und zum Teil sehr kostbare Haus-
geräte, wie Möbel aus dem 18. Jahrhundert enthält. Durch
Ankäufe soll das Museum der Burg Blankenburg erweitert
und bereichert werden.
Kapelle auf dem Golewetzer Kriedhof, Pilsen.
Die Skotawerke beabsichtigen über dem Massengrabe auf
dem Bolewetzer Friedhofe, das die Opfer der am 25. Mai vor.
Jahres stattgefundenen Explosion birgt, eine Kapelle zu er-
richten.
Heidelberger Schloß.
Nach Mitteilungen, die durch die Presse gehen, hat der
badische Minister neuerdings über die Erfahrung berichtet, die
mit den Erhaltungsarbeiten am Heidelberger Schloß gemacht
worden sind. Es hat sich herausgestellt, daß die bisherigen Be-
mühungen, die Ruine dauernd zu erhalten, trotz aller zugc-
zogenen Sachverständigen und Gutachter vergeblich gewesen
sind. Der Vcrfall schreitet unaufhaltsam fort. Daran ist auch
nichts geändert worden durch die Zementbetonstützarbeiten,
welche nach einem besonderen Verfahren an einem großen
Maucrteil zur Probe ausgeführt worden sind und von denen
man sich eine dauernde Sicherung versprach. Wie von Sach-
verständigen in diesen Blättern vorausgesagt wurde, haben sich
die Zementarbeiten mit dem alten Mauerwerk nicht verbunden,
und die sorgsamen Beobachtungen, die im Aufträge der badi-
schen Regierung gemacht worden sind, haben ergeben, daß mit
Sicherheit ein weiterer Verfall der Ruine zu erwarten ist.
Es bleibt darnach eben nichts übrig als entweder das Heidel-
berger Schloß von Fall zu Fall mit kleinen Mitteln auszu-
bessern und die Vernichtung so lange wie möglich hinauszu-
schieben, oder aber eine durchgreifende Wiederherstellung
des ganzen Baues vorzunehmen. Das Letztere wäre auch den
deutschen Künstlern zu wünschen, denen damit nach dem
Kriege eine schöne Aufgabe winkte. Solche Aufgaben werden
aber nach soviel Zerstörung dringend gesucht werden müssen,
um die Künstler für die Entbehrungen, die sie mehr wie irgend
ein anderer Stand während des Krieges erlitten haben, zu
entschädigen und ihnen wieder neue Hoffnung und neuen Mut
einzuflößen. Die Sinnlosigkeit der Zeitungshehe gegen den
Wiederaufbau ist ja inzwischen in weitesten Kreisen, nicht nur
der Fachleute, wohl allgemein zum Bewußtsein gekommen.

Verantwortlicher Schriftleiter: Prof. BodoEbhardt, Berlin-Grunewald. — Verlag: Burgverlag, G. m. b. H., Berlin-Srunewald.
Vruck: Imberg L Lefson, G. in. b. H., Berlin SW 4L, Wilhelmstratze NS.
 
Annotationen