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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

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Nr. 4
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Fischer, Karl Theodor: Mainzer römische Baudenkmäler im Gewande des neuzeitlichen Bebauungsplanes
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https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0052

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Sturz vomPferdc den Schenkel und starb bald da-
rauf. Seine Leiche wurde nach Noin verbracht, die
Legionen errichteten aber dem geliebten Feld-
herrn zu Ehren ein Denkmal, das der Nachwelt
unter dem Namen Drususdenkmal überliefert
worden ist. Gleichzeitig wird das Bauwerk nach
einer Urkunde vom Jahre 1275 als Eigelstein be-
zeichnet. Möglich ist aber auch die Ableitung vom
gallischen Aiglc, weil das Denkmal ursprünglich
mit dem Adler geziert gewesen sein kann. Vom
16. Jahrhundert ab heißt es allgemein Eichelstein,
offenbar wegen seiner Ähnlichkeit mit einer Eichel.
Die Erbauung desselben fällt wahrscheinlich in die
Zeit 7—9 vor Ehr.
Die ursprünglichen Abmessungen des Denkmals
sind nicht bekannt. Ein Bild aus dem Werke von
Huttich über Mainz 1520 (Abb.18) läßt trotz der er-
littenen Beschädigungen die Form deutlich er-
kennen, als Abschluß ist noch die 3 m hohe Kappe
vorhanden, die heute fehlt. Der Mainzer Alter-
tumsverein hat im Jahre 1880 Grabungen vorge-
nommen und hierbei folgende Maße sestgestellt
(Mainzer Zeitschrift 1906):
Höhe des Würfels von der Fundamentsohle
bis zum Ansätze des zylindrischen Teiles 11,30 m,
Länge der Würfelseiten (ohne die ursprüngliche
Verkleidung) 12,50 in, Durchmesser des Zylinders
unten 12,20 in, oben 11,20 in, Höhe 10,80 m, also
Gesamthöhe etwa 22 m ohne die Kappe. Das
Drususdenkmal wurde auf Anregung der Denk-
malpflege und des Altertumsvereins der Stadt
Mainz wenigstens auf einer Seite freigelegt, ein
kleinerRest des Fundamentes, etwa ^ in, steckt noch
imBoden. Abb.20zeigtdasselbevorseiner,Abb.21
nach seiner Freilegung (Mainz. Zeitschr. 1913/14).
Konnte das Denkmal in unsere Zeit hinübergerettet werden, so haben sich allerdings die früheren Gelände-
verhältnisse infolge der Festungsanlagcn gründlich geändert. Die Römer, unterrichtet von der beherrschenden
Wirkung eines hochgelegenen Bauwerkes, wählten für ihr Drususdenkmal die Gegend des Zakobsberges. Bereits
im Jahre 1523 traten Pläne auf, diese Gegend mit dem JakobsbergerKloster,welche außerhalb dermittelalterlichen
Stadtmauern lag, zu befestigen und in die letzteren einzubeziehen. 100 Jahre später, im Jahre 1625, war vom Kur-
fürsten Johann Schweickard der Plan durchgeführt worden: das neue nach niederländischer Bauweise angelegte
Fort hieß die Schweickardsburg. Es war ein Erdwerk, dessen Tenaille nach dem in der Mainzer Stadtbibliothek
befindlichen Plane von Nik. Person bis zur Stadtmauer verlängert ist, ein Beispiel taktischer Vereinigung neuerer
Besestigungsweise mit mittelalterlicher. Nach dem 30 jährigen Kriege erhielt die Zitadelle unter dem Kurfürsten
Johann Philipp von Schönborn in den Jahren 1659—1661 ihre heutige Form. Hier ist der jetzige Standort
des Denkmals und zwar befindet sich dasselbe aus der Plattform der Bastei Drusus, deren frühere Erdwälle be-
reits einen Teil der Schweickardsburg gebildet haben. Die 4 Basteien Allarm, Tacitus, Germanikus, Drusus
wachsen mit ihren wuchtigen bis 10 m hohen Mauern aus dem breiten Festungsgraben heraus, ein überraschend
schönes Landschaftsbild gewährend, aber auch dem Besucher vermöge ihrer Höhenlage einen lohnenden Ausblick
auf Stadt, Rhein und Main bietend.
Die Zitadelle, welche eine Größe von 5 lia Fläche einnimmt, liegt im Bereiche der bereits niedergelegten
Umwallung, das denkwürdige Bauwerk ist aber von der Beseitigung ausgenommen und wird künftigen Geschlechtern
erhalten bleiben. Die umgebenden breiten Festungsgräben sind zu öffentlichen Eartenanlagen bestimmt und
können den altersgrauen Festungsmauern eine stimmungsvolle Umrahmung geben. Über den Bebauungsplan
dieses Gebietes wurden eingehende Mitteilungen vom Vers. ds. im „Städtebau" Jahrgang 1916 gemacht. Dar-
nach ist in den die Zitadelle umgebenden Baublöcken offene Bauweise und zwar als Einzel- oder Doppelhaus im
Landhausstil vorgesehen mit höchstens 40°/° Bebauungsdichtigkeit. Die Häuser in diesen Baublöcken können auf
die Grabenmauern gestellt werden, müssen aber nach der Grabenseite architektonisch ausgebildet sein; in diesem
Falle werden die Mauern Eigentum des Hausbesitzers und gehen in die Unterhaltungspflicht desselben über.
Zn dem benachbarten sogen. Küstrichgebiete werden ebenfalls Mauer- und Grabenteile in die neue Bebauung
einbezogen. Die Straßenbreiten sind ihrem Zwecke als ruhige Wohnstraßen entsprechend in mäßiger Breite ge-
wählt. Das Bebauungsgebiet, das dem Deutschen Reiche gehört, hat infolge seiner Nähe bei der Altstadt günstige
Entwicklungsmöglichkeiten, sein Wahrzeichen bleibt bis in ferne Zeiten der Jakobsberg mit der Zitadelle und
dem Drususdenkmal.
 
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