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sagen aus geographischen Begriffen entstehen konnte — eine symbolische Berechtigung besitzt die Heber'
Lieferung. Cs sind nicht viele bayerische Adelsgeschlechter, die noch heute ganz auf dem Boden wohnen,
wo ihre Ahnen als Pioniere deutscher Kultur standen.
Wir wandern von Stadt Ebern, in der Mitte des Baunachgrundes, eine halbe Wegstunde bergwärts
aus der Talstraße. Im Grund liegt eine alte Wegherberge, die Spacke, wo Friedrich Rückert seine Iu-
gendjahre verlebt und seinen Liebesfrühling erlebt hat. Ihr gegenüber, jenseits der Baunach, steht am
Hang eine kleine Siedelung, der Weiler Rotenhan. Ein Fahrweg steigt auf zur östlichen Talwand, hinüber-
weisend in den Itzgrund. Nahe der Schneide des Höhenzuges grüßen prachtvolle Eichschläge den
Wanderer. Ein weiter, heute stark verflachter Graben zwingt die Straße zu starker Biegung nach Süden.
Hart über ihr ragt Felsgeklüft, trotzig und phantastisch zugleich, wie alle Hügelkronen in der stark ver-
ödeten Sandsteinformativn der Gegend. Wir würden achtlos vorübergehen an den Felsbänken, die so
oft dem Wanderer begeg-
nen im Haßbergland, wenn
nicht ein gotischer Torbogen
mitten in einem Stcinblock
Halt geböte. Wir stehen
vor der Burg Rotenhan.
Die heutige Burgruine
Rotenhan gehört zu den
merkwürdigsten Felsen-
nestern unter den Burgen
im deutschen Reich. Felsen-
nest ist der einzig richtige
Ausdruck dafür. Denn was
sonst als Burgbering in ge-
mauertem Stein begegnet,
das ist hier gewachsener
Boden. Fünf im Halbring
gelagerte Felsbänke von der
Größe eines kleinen Bau-
ernhofes bilden Funda-
ment und Trutzwehr der
Burg. Zwar ist der Brauch,
den zerklüfteten Sandstein
nach Möglichkeit an Ort
und Stelle auszunutzen,
bei den Burgenbauern im Haßbergland Methode, wie Altenstein, Lichtenstein, Bramberg und Wildburg
mehr oder weniger zeigen, aber zu solcher Konseqenz hat es keiner gebracht, wie der Rotenhansche
Stammherr. Noch heute bedarf es keiner großen Phantasie, um inmitten der fünf Felsblöcke die hoch-
mittelalterliche Burg wieder aufzurichten, ein Burgenbild, wie keines ähnlich in Franken.
Die erste geschichtliche Kunde, die von der Burg Rotenhan übrig geblieben ist, ist der Lag ihrer Ent-
fremdung von den Besitzern. 1324 verpflichtet sich Wolfram III. von Rotenhan gegenüber dem Würz-
burger Bischof Wolfram von Grumbach, Herzog in Franken, aus den Platz „Burgstall gemeinhin genannt,
auf dem das feste Schloß Rotenhan errichtet gewesen war", für ewige Zeiten zugunsten des Hochstiftes
Würzburg zu verzichten. Mit dieser Urkundennotiz endigt die Geschichte eines tragischen Kampfes zwischen
den Dynasten der Gegend und dem mächtigen Vordringen des Würzburger Hochstifts im Thüringer
Grenzland.
Eine Nennung des Namens vom Jahr 1225 besagt, daß die Burg damals schon bestand, im übrigen
sind wir für ihre Kunde aus die erhaltene Ruine und die Geschichte des Geschlechts angewiesen.
Es ist Zeit, daß wir uns nach den Stammherren umsehen. Sie tauchen im Gefolge der Mission des
Klosters Banz am Ende des 12. Jahrhunderts aus. Wernher von Rotenhan testiert 1190 in einer Banzer
Urkunde. Im 13. Jahrhundert führen Mitglieder des Geschlechtes den Namen „Schenken von Roten-
han": sie bekleideten eines der vier Hofämter beim Hochstist Bamberg. Das Geschlecht besaß also zu
Abb, 35. Burgruine Rotenhan. Aufgang.
sagen aus geographischen Begriffen entstehen konnte — eine symbolische Berechtigung besitzt die Heber'
Lieferung. Cs sind nicht viele bayerische Adelsgeschlechter, die noch heute ganz auf dem Boden wohnen,
wo ihre Ahnen als Pioniere deutscher Kultur standen.
Wir wandern von Stadt Ebern, in der Mitte des Baunachgrundes, eine halbe Wegstunde bergwärts
aus der Talstraße. Im Grund liegt eine alte Wegherberge, die Spacke, wo Friedrich Rückert seine Iu-
gendjahre verlebt und seinen Liebesfrühling erlebt hat. Ihr gegenüber, jenseits der Baunach, steht am
Hang eine kleine Siedelung, der Weiler Rotenhan. Ein Fahrweg steigt auf zur östlichen Talwand, hinüber-
weisend in den Itzgrund. Nahe der Schneide des Höhenzuges grüßen prachtvolle Eichschläge den
Wanderer. Ein weiter, heute stark verflachter Graben zwingt die Straße zu starker Biegung nach Süden.
Hart über ihr ragt Felsgeklüft, trotzig und phantastisch zugleich, wie alle Hügelkronen in der stark ver-
ödeten Sandsteinformativn der Gegend. Wir würden achtlos vorübergehen an den Felsbänken, die so
oft dem Wanderer begeg-
nen im Haßbergland, wenn
nicht ein gotischer Torbogen
mitten in einem Stcinblock
Halt geböte. Wir stehen
vor der Burg Rotenhan.
Die heutige Burgruine
Rotenhan gehört zu den
merkwürdigsten Felsen-
nestern unter den Burgen
im deutschen Reich. Felsen-
nest ist der einzig richtige
Ausdruck dafür. Denn was
sonst als Burgbering in ge-
mauertem Stein begegnet,
das ist hier gewachsener
Boden. Fünf im Halbring
gelagerte Felsbänke von der
Größe eines kleinen Bau-
ernhofes bilden Funda-
ment und Trutzwehr der
Burg. Zwar ist der Brauch,
den zerklüfteten Sandstein
nach Möglichkeit an Ort
und Stelle auszunutzen,
bei den Burgenbauern im Haßbergland Methode, wie Altenstein, Lichtenstein, Bramberg und Wildburg
mehr oder weniger zeigen, aber zu solcher Konseqenz hat es keiner gebracht, wie der Rotenhansche
Stammherr. Noch heute bedarf es keiner großen Phantasie, um inmitten der fünf Felsblöcke die hoch-
mittelalterliche Burg wieder aufzurichten, ein Burgenbild, wie keines ähnlich in Franken.
Die erste geschichtliche Kunde, die von der Burg Rotenhan übrig geblieben ist, ist der Lag ihrer Ent-
fremdung von den Besitzern. 1324 verpflichtet sich Wolfram III. von Rotenhan gegenüber dem Würz-
burger Bischof Wolfram von Grumbach, Herzog in Franken, aus den Platz „Burgstall gemeinhin genannt,
auf dem das feste Schloß Rotenhan errichtet gewesen war", für ewige Zeiten zugunsten des Hochstiftes
Würzburg zu verzichten. Mit dieser Urkundennotiz endigt die Geschichte eines tragischen Kampfes zwischen
den Dynasten der Gegend und dem mächtigen Vordringen des Würzburger Hochstifts im Thüringer
Grenzland.
Eine Nennung des Namens vom Jahr 1225 besagt, daß die Burg damals schon bestand, im übrigen
sind wir für ihre Kunde aus die erhaltene Ruine und die Geschichte des Geschlechts angewiesen.
Es ist Zeit, daß wir uns nach den Stammherren umsehen. Sie tauchen im Gefolge der Mission des
Klosters Banz am Ende des 12. Jahrhunderts aus. Wernher von Rotenhan testiert 1190 in einer Banzer
Urkunde. Im 13. Jahrhundert führen Mitglieder des Geschlechtes den Namen „Schenken von Roten-
han": sie bekleideten eines der vier Hofämter beim Hochstist Bamberg. Das Geschlecht besaß also zu
Abb, 35. Burgruine Rotenhan. Aufgang.