Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 19.1918

DOI Heft:
Nr. 7
DOI Artikel:
Doering, Oskar: Verkünder der Schönheit deutscher Lande, 6, Paul Hen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34328#0085

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Fremdlinge sich gebührt, denn ein Deut-
scher stellt solche Fragen gar nicht.
Es ist offenbar, daß eine künstlerische
Anlage wie die Paul Hey's ihre Betäti-
gung ganz besonders auch auf dem Ge-
biete des Buchbildes suchen und finden
mußte. Was er in dieser Beziehung ge-
leistet hat und noch leistet, gehört zum
Wertvollsten, was die deutsche Kunst
jetziger, aber auch früherer Zeit auszu-
weisen vermag.
Eine der schönsten Gaben, die Hey
unserem Volke gespendet hat, sind seine
Bilder zu der Sammlung „Sang und
Klang fürs Kinderherz" (Verlag Neufeld
u. Henius, Berlin). Ein Geistesverwand-
ter, der Komponist von „Hansel und
Grctel," Prof. Engelbert Humperdinck,
hat sich mit dem Maler zusammengetan,
um den von E. H. Straßburger ausge-
wählten Volks- und Kinderliedern die
rechte alte Sangweise mitzugeben. So
ist nun ein Werk zusammengekommen,
dessen zwei Bände jedes deutsche Herz
und Gemüt entzücken müssen, ein Schatz-
behalter der schönsten jener Lieder, auf
welche die Kinder des mehr und mehr
der Materialisierung, dem vorzeitigen
Alter und dein frechen Aberwitz ver-
fallenden „Volkes", Gott sei's geklagt,
nur noch so wenig achten. Ein Denkmal
der Volkesseele, aus der in vergangenen
Zeiten diese Lieder auf Flügeln des Froh-
sinns und der Wehmut über den Feldern
und Auen der Heimat in reine Lüste sich
aufschwangen. Zn den Bildern, die Hey
zu diesem Werke geschaffen hat, und die
durch eine reizend schalkhafte Titelzeich-
nung eingeleitct werden, vereinigt sich
auf's anmutigste die Erzählung mit der
Schilderung von Örtlichkeit und Land-
schaft. Wahrlich, man sollte glauben, daß
die innige Heimatliebe, die diese Bilder Abb. ^Z. Paul Hey: Schloß Vellberg.
durchglüht, auch die Herzen der Zugend
erwärmen müßte. Daß sie in dem Hellen Lichte dieser Liebe erkennen, wie schön unser deutsches Land ist mit
seinen lieben deutschen Städten, mit der Frühlingsherrlichkeit seiner Gärten, mit der edlen Ruhe und Erhabenheit
seiner Flüsse und Täler, seiner Felsen und Berge, mit dem geheimnisvollen Schatten seiner Wälder und dem
grünen Glanze seiner Wiesen. Wie herrlich mit der goldenen Frucht seiner sommerlichen Felder, mit seinem
bunten Herbst und der schneeweißen, weichen Schlummerdecke seines Winters, der nur manchmal recht griesgrämig
tut und doch im Grunde ein so freundlicher alter Gesell ist. Unterweilen zeigen sich in diesen Landschaften Gestalten
im Gewände alter Zeit, aber immer nur, wo der Sinn es erfordert, wie etwa beim Jäger aus Kurpfalz,' nie und
nirgend verfällt der Künstler äußerlich antiquarischem Wesen. Allermeist aber malt er Menschen unserer eigenen
Zeit, gerade wie die Meister der Vergangenheit es auch getan haben, und verleiht ihnen so eine höhere All-
gemeinheit und Zeitlosigkeit. Er schildert sie tüchtig ohne Krastgetue, weich ohne Sentimentalität, bieder ohne
Biedermeierei, fromm ohne Frömmelei, in echter Unbefangenheit. So die vielen Vollbilder. Zu ihnen gesellen
sich die reizenden Kopsvignetten und Randleisten der Liederseiten.
Auch Friedrich Gülls entzückende Gedichtsammlung „Aus der Kinderheimat" (Gütersloh 1913) konnte
eigentlich gar keinen anderen Illustrator finden als Paul Hey. Er hat das Büchlein mit Holzschnitten geziert,
von denen jeder einzelne ein feines kleines Kunstwerk ist. Nicht geringere Freude macht die bei K. Thienemann
in Stuttgart hcrausgekommene Ausgabe der Märchen der Brüder Grimm.
Der Klassiker des Kunstmärchens ist Andersen. Feinste Poesie, Anpassung an Verständnis und Aufsassungs-
art des Kindes, satirisches Gewürz für die Aufgeklärten, Ernst und Scherz vereinen sich in seinen oft entzückenden
Märchen, und das Talent des Dichters läßt nicht selten fast vergessen, daß nichts von dem allen aus natürlicher
 
Annotationen