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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 3.1906/​1907

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Halm, Phillipp M.: Max Heilmaier
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198

MAX HEILMAIER ^3

Konsolen an den gotischen Stil, wenigstens
was die architektonischen und ornamentalen
Formen betrifft; in dem figürlichen bleibt der
Künstler freier. Ob er nicht auch für jene
eine durchaus eigene Ausdrucksweise hätte
finden können oder —- dürfen ?
Im Chor der Wasserburger Pfarrkirche begeg-
nen wir noch einem weiteren Werke Heilmaiers,
einem hohen, in Eichenholz geschnitzten
Bischofstuhl, der seinen allgemeinen Aufbau
dem späteren Mittelalter entlehnt (Abb. S. 201).
Auch in vielen Einzelheiten erkennt man diese
Zeit als Vorbild, nicht aber in solchem Maße,
daß alle Individualität erstickt erscheint. In den
Evangelistensymbolen, den reizenden Putten
an den Armlehnen oder in dem köstlichen
Zierwerk der Kehlen fühlen wir die eigene
Kraft des Künstlers. Schade, daß nicht, wie
etwa bei den Konsolen für den guten Hirten
und den hl. Johannes Baptista in umfassen
derer Weise der tektonische Aufbau selb-
ständiger gestaltet wurde. Es sei mir ferne,
damit einen Tadel auszusprechen; er wäre
durchaus ungerechtfertigt. Der Bischofstuhl
trägt die Jahrzahl 1903 ; wer hätte damals ge-
wagt, ohne Rücksicht auf die Umgebung ein
solch dominierendes Einrichtungsstück in ab-
solut moderner Auffassung einem alten Be-
stände einzufügen. Möge dem erfinderischen
Künstler sich bald eine Gelegenheit zu einer
ähnlichen Arbeit des christlichen Kunstbe-
reiches bieten, um einmal ganz aussprechen
zu können, wie’s ihm ums Herz ist, und ohne
von stilistisch-historischen Rücksichten ge-
knechtet zu sein. Er trägt, wie wir es an den
Wasserburger Apostelfiguren bewiesen sehen,
die Fähigkeiten hierfür in sich, was den figu-
ralen Teileiner solchen Aufgabe anlangt, und in
architektonischer Hinsicht weisen auch die Mo-
delle mehrfacher Brunnenkonkurrenzen solch
freie selbständige und glückliche Lösungen
auf. Warum sollte dem Künstler nicht z. B.
ein Altar frei von aller Anlehnung an irgend
eine historische Stilart gelingen ? 1 Wir würden
es begrüßen, fände sich bald zu einer solchen
Aufgabe Kirche und Pfarrherr!
Wir stellten bei der Besprechung der Ar-
beiten Heilmaiers, dem Wesen unserer Zeit-
schrift entsprechend, den christlichen Künstler
in den Vordergrund. Eine kurze Aufzählung
einiger seiner bedeutenderen Profanwerke
möge hier angereiht werden. Zunächst sei
daran erinnert, daß Heilmaier einer der drei
Schöpfer der unvergleichlichen Friedenssäule
in München ist und daß ferner von seiner
Hand — auf Grund von Skizzen Theodor
Fischers — der kraftvolle Prometheus auf der
Max-Josephsbrücke mit den begleitenden Re-

liefs herrührt. Die jüngste Zeit gab uns von
ihm zwei köstliche Kleinplastiken, die Bronze-
figur eines anmutigen Paris, die ebenso fein
in der Haltung des grazilen Jugendkörpers
ist wie reizvoll in der Mache und die köst-
liche Bronzefigur einer Gebirgsziege, jenes
frohe naturwüchsige Kunstwerk, aus dessen
Sorgfalt und Fleiß einem die ganze Liebe für
die Natur entgegenlacht. So schlicht, so ohne
alles Beiwerk, ohne jede besondere Aktion
steht das Tier vor uns, aber dennoch so voll
atmenden Lebens, daß wir alle Kunst über
diesem Stückchen Natur vergessen. Solch
frische erquickende Arbeiten lassen es doppelt
begrüßenswert erscheinen, daß ihr Schöpfer
auch der Jugend zum Lehrer dient; erwirkt
als solcher an der K. Kunstgewerbeschule zu
München. Ein ebenso reizvolles wie sinnig
durchdachtes Werk stellt uns eine Uhr dar,
deren reliefiertem Zifferblatt in Metall Heil-
maier die bekannten Worte Schillers von dem
dreifachen Schritt der Zeit zugrunde legte.
Die zögernde Zukunft in Gestalt eines zagend
tastenden, in Schleier gehüllten Mädchens,
die unaufhaltsam dahinstürmende Gegenwart
im Bilde des flüchtigen, vom Pfeile bedrohten
Löwen und die Vergangenheit als eine Ägyp-
terin mit dem Unendlichkeits- Symbole des
Ringes sind geradezu klassische Verkörpe-
rungen des Dichtergedankens.
Ein größeres Werk Heilmaiers schließlich
ward erst im vorigen Herbst der Allgemein-
heit übergeben in dem Zierbrunnen, den die
Stadt Deggendorf zum Gedenken an die Kriegs-
jahre 1870—71 und an die Regierungszeit Sr.
K. Hoheit des Prinzregenten Luitpold von
Bayern auf dem Marktplatz vor dem alten Rat-
hause errichtete. Lag hierfür auch eine Skizze
von Professor Rudolph von Seitz zugrunde,
so darf man deshalb Heilmaiers Anteil an
dem Werke nicht zu gering einschätzen. Die
Übersetzung einer zeichnerischen Idee in greif-
bare Plastik bringt nicht selten erhebliche
Schwierigkeiten im Gefolge. Heilmaier ver-
stand es, den künstlerischen Absichten Pro-
fessors von Seitz zu begegnen und hat nament-
lich in der Personifikation der Stadt Deggen-
dorf ein entzückend frisches und reizvolles
statuarisches Werk geschaffen, das mit seinem
gesamten Unterbau zu dem Marktplatz und dem
Rathause außerordentlich glücklich stimmt
(Abb. S. 203). Ein anderes Werk des Künst-
lers, die bildnerische Ausstattung der Fassade
der neuen Kirche in Pasing, hoffen wir unseren
Lesern bald in Wort und Bild vorführen zu
können.
Heilmaiers Kunst für die Kirche zu schildern,
war die Aufgabe dieser Zeilen. Das Wesen
 
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