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Becksmann, Rüdiger
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Freiburg im Breisgau: Münster Unserer Lieben Frau — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 2,2, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2010

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https://doi.org/10.11588/diglit.52840#0117

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MÜNSTER • SPÄTROMANISCHE OSTTEILE

2. DIE EHEMALIGE FARBVERGLASUNG DER ROSE IM SÜDQUERHAUS
Bibliographie: Schreiber 1820, S. 191 (erste summarische Erwähnung); Baer 1889, S. 65E (erwähnt an Verglasungs-
resten außer dem Christusbild aus Lhs. süd XXII drei Rundfelder, die er für etwas jünger hält als die Barmherzigkeiten
in der Nordrose; benennt an Darstellungen jedoch nur einen Hl. Bischof); Kempf/Schuster 1906, S. 13 $f. (erwähnen
außer dem Bischof zwei Könige sowie Reste der Zwickelverglasung); Jantzen 1929, S. 41 (beschreibt die von Geiges
nach Ausscheidung der originalen Reste neu geschaffene Verglasung; erwähnt nur die ornamentalen Gründe als neu);
Geiges 1931-1933, S. 56-60, Abb. 188-201 (erste grundlegende archäologische und stilkritische Beurteilung; sieht auf
Grund der zugehörigen Zwickelfüllungen in den thronenden Gestalten eines Bischofs und zweier Fürstinnen die Reste
der ursprünglichen Verglasung der Südrose; erwägt, ob der Schöpfer der südlichen Strebepfeilerapostel hierzu die Visie-
rungen geliefert haben könnte, verwirft diese These jedoch wieder zugunsten einer niederhreinischen Herkunft der
Scheiben, die er nicht nur Stil-, sondern auch wirtschaftsgeschichtlich zu begründen versucht); Swarzenski 1936, S. 52
(verweist erstmals auf Stilparallelen zwischen Aschaffenburger Evangeliar, Bonmont-Psalter und den Scheiben der Süd-
rose); Kat. Ausst. Freiburg i. Br. 1946, Nr. 116 (Oberrhein, um 1240); Wentzel 1954, S. 31, 90, Abb. 82 (sieht auch in
den Scheiben der Südrose eine Straßburger Abspaltung); Krummer-Schroth 1967, S. 32-37, 176, bzw. 1978, S. 17-20,
89 (begründet die Identifizierung der besser erhaltenen weiblichen Heiligen mit Kunigunde, erschließt eine verlorene
Darstellung Kaiser Heinrichs II.; verweist für die Herleitung des Stils einerseits auf die Wormser Altarflügel, andererseits
auf den Bonmont-Psalter; sieht keinen unmittelbaren Zusammenhang mit Straßburger Verglasungen); dies., in: Kat.
Ausst. Freiburg i. Br. 1970, Nr. 18 (wie 1967); Becksmann, in: Kat. Ausst. Stuttgart 1977,1, Nr. 412 (folgt in der ikono-
graphischen Deutung Krummer-Schroth, verweist für den Stil auf die Rufacher Konsolen und erwägt eine Enstehung
um 1250/60 in Basel); ders., DGM I, 1995, S. 67, 87 (wie 1977); Daniel Hess, in: Kat. Ausst. Köln 1998, S. 71, 184E (am
Oberrhein isoliertes Werk ohne Nachfolge; sieht die nächsten stilistischen Parallelen in den Zeichnungen des Bonmont-
Psalters und in den südlichen Strebepfeilerfiguren des Freiburger Münsters); Parello 2000, S. 77E, 84E (geht auf die
Kritik an der Geiges’schen Neuverglasung der Südquerhausrose ein; erwägt eine Herkunft der dort ausgeschiedenen
Vierpaßmedaillons aus der Dreifenstergruppe darunter); Mittmann, 2005, S. 14E
Geschichte der Verglasung: In Berichten aus den Jahren 1639 und 1640 klagte der Münsterschaffner Adam Gering
über zunehmende Schäden an den Glasmalereien des Münsters; die Fenster über der Segenstüre werden als einzige aus-
drücklich genannt (s. Reg. Nr. 51). Da Reparaturen damals wegen Geldmangels nur in dringenden Notfällen vorgenom-
men wurden84, muß man damit rechnen, daß sich die Farbverglasung der Südquerhausrose bereits Mitte des 17. Jahrhun-
derts in einem ziemlich ruinösen Zustand befand. Spätestens nach der Sprengung von Schloß und Festung im Jahre 1745,
durch die es zu erneuten Schäden an der Verglasung gekommen war (s. Reg. Nr. 53), dürften die ausgekernten Reste von
drei Rundscheiben, komplettiert durch das Scheibenfragment des Creator mundi aus dem 1744 weitgehend zerstörten
Genesisfenster (Fig. 139), in eine bereits butzenverglaste Südquerhausrose eingesetzt worden sein; die Art und Weise der
Schließung von Fehlstellen mit alten farbigen oder abgetönten weißen Gläsern spricht jedenfalls für diese Zeit. Die da-
mals vorgenommene Verteilung der Fragmente auf vier der sechs Rundscheiben der Rose ist auf Außenaufnahmen des
Südquerhauses aus der Zeit um 1900 (Fig. 30) noch zu erkennen. Unter beratender Mitwirkung von Joseph Sauer schuf
Geiges 1918 eine leider nur in Einzelaufnahmen dokumentierte historistische Rekonstruktion der Rosenververglasung,
die lediglich noch vier alte Zwickel enthielt; sie wurde im November 1944 vollständig zerstört, da man sie als »Neu-
schöpfung« 1940 nicht ausgebaut hatte85. Ausgehend von erhalten gebliebenen Scherben waren 1967 sechs Zwickel
rekonstruktiert worden; 2006 erhielten schließlich die sechs Rundscheiben eine neue figürliche Verglasung nach Entwür-
fen von Hans-Günther van Look (s. Anhang II, S. 665).
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Da den in genasten Vierpässen thronenden Heiligen individuelle
Attribute fehlen, dürften Namensinschriften auf den verlorenen, etwa 15 cm breiten kreisförmigen Ornamentrahmen
eine eindeutige Identifizierung ermöglicht haben. Trotz ihres Verlustes läßt sich das ursprüngliche Figurenprogramm mit
Hilfe von Indizien noch einigermaßen sicher erschließen (Fig. 70). Bereits Joseph Sauer hatte in den beiden thronenden
84 Vgl. hierzu Kempf 1916, S. 4-16, vor allem S. 7 (1640 Januar 13) und 85 Geiges 1931-1933, Abb. 195, 198!.; vgl. hierzu auch Parello 2000,
S. 16 (1683 Juli 21). S. 84h, vor allem Anm. 385.
 
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