MÜNSTER • HOCHGOTISCHES LANGHAUS • ZWEITVERGLASUNG
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erten Paß, dessen Bemalung mit Ölfarbe um 1917 bereits weit-
gehend verloren war (Fig. 2 5 5), durch eine rekonstruktive Kopie
ersetzt haben will, hat er nach dem Befund originale wie ergänzte
Gläser auf alle sechs Pässe verteilt. Die meisten Ergänzungen
weist allerdings nicht Paß 4, sondern Paß 6 auf. In den übrigen
Pässen lassen sich lediglich zwei bis vier Gläser Geiges zuweisen.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Siehe hierzu bereits S. 263.
StAFD 35/59/222 (um 1917); CVMAB 190,192 (1966),
W 2405-2407 (1977), Großdia W76 (1977)
1 BC 0 HL. PAULUS IN VIERPASSRAHMEN
Durchmesser ca. 80 cm. Fig. 265, 278, 283, Abb. 126
Erhaltung: Da das rechte Kreismedaillon mehr Splitterungen
und Flickungen aufwies als das linke Gegenstück, hat Geiges
auch mehr Ergänzungen vorgenommen. Durch abweichende
Farbtöne fallen sie stärker heraus. Ob die dunklen Blautöne im
Grund mit der Reparatur von 1537 verbunden werden müssen,
konnte nicht geklärt werden.
Ikonographie: Daß Petrus als Patron der Schmiede Paulus zur
Seite gestellt wird, mag sich durch das verfügbare zweite Kreis-
medaillon ergeben haben, wird aber auch durch das Schwert als
Attribut verständlich gemacht.
Komposition, Farbigkeit: Entspricht 1 A 0. Uber einem hellgrünen
Gewand trägt Paulus einen weißen Umhang mit roter Innenseite;
Nimbus hellrosaviolett, Schwertgriff und Inkarnat hellbraun,
Schwertscheide weiß.
StAFD 35/59/219 (um 1917); CVMAB 191 (1966), DetailB469
(1968), W 2399, Detail W2400, Großdia W 77 (1977)
1 BC 1-6 PÄSSE MIT MASSWERKROSETTEN
H. ca. 40 cm, B. ca. 49 cm. Fig. 256, 283, Abb. 122
Erhaltung: Die Pässe 1, 4 und 6 entghalten umfangreichere Er-
gänzungen von Geiges, während die übrigen nahezu intakt
erhalten sind. Paß 2 weist jedoch zahlreiche Sprünge auf, die
bereits notverbleit waren oder bei Oidtmann durch Bleinasen,
schlimmstenfalls durch Doublierung gesichert wurden.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Siehe hierzu bereits S. 263.
StAF D 35/59/222 (um 1917); CVMA B 191,193 (1966),
W2408-2410 (1977)
2 A WAPPEN DER SCHMIEDEZUNFT
H. 58 cm, B. 115 cm. Fig. 256, 279, Abb. 121
Erhaltung: Bis auf einen gelben Maßwerkzwickel und einige
Stücke im weißen Randstreifen intakt erhalten.
Ikonographie, Komposition, Farbigkeit: Ein gelber Maßwerkrah-
men mit unerschiedlich großen rotgrundigen Dreipässen in den
Zwickeln umschließt in einem mit blauen Blattranken gefüllten
Kreis das Wappen der Schmiedezunft. Auf ungemustert gelbem
Grund zeigt es bis auf den hier nach links gewandten Kopf der
Schlange das gleiche Bild wie in 1 b.
CVMA B 194 (1966), W 2401, Großdia B 65 (1976)
2B0 HL. JACOBUS KRÖNT PILGER
Fig. 16,197,256, 263, 271h, 277, Abb. 124
Durchmesser ca. 78 cm.
Erhaltung: Entgegen der Angabe bei Geiges 1931-1933, Abb.
281, sind innerhalb des Bildes nur die linke Hand des Heiligen
und die Krone darunter sowie ein Segment des Portalgewändes
von ihm erneuert worden. Allerdings wurden wie in 1 A 0 eine
größere Anzahl von Rahmenstücken 1923 oder auch schon frü-
her aus getauscht.
Ikonographie: Warum die Schmiedezunft die überaus seltene Dar-
stellung der Pilgerkrönung durch den Hl. Jacobus als Thema für
die oberste Kreisrosette ihres Fensters gewählt hat, bleibt uner-
klärlich. Kein Altar im Freiburger Münster war ihm geweiht.
Dennoch haben sich hier gleich zwei ältere Darstellungen dieses
Themas erhalten: das Krönungsrelief in der ehemaligen Niko-
lauskapelle im Erdgeschoß des südöstlichen Hahnenturmes (um
1210) und eine Darstellung am Sockel der Ecclesia in der Vorhalle
unter dem Westturm (um 1280)220. Die Darstellung im Schmiede-
fenster ist insofern höchst ungewöhnlich, als sie das Geschehen
mit dem Ziel der Pilger, des 1188 vollendeten Pörtico de la Glo-
ria in der Kathedrale von Santiago de Compostela, verbindet, an
dessen Trumeaupfeiler Jacobus ebenfalls thronend erscheint: In
Freiburg sitzt er christusähnlich auf einer Thronbank vor einem
kapitellosen romanischen Stufenportal und krönt ein symme-
trisch vor ihm kniendes Pilgerpaar. Allerdings handelt es sich hier
nicht um ein Erinnerungsbild, vielmehr hat der Entwerfer darin
Eindrücke verarbeitet, die er im Straßburger Münster und vie-
lerorts im Elsaß gewinnen konnte, um eine Vorstellung vom Ort
des Geschens zu vermitteln221. Von Bedeutung ist vielleicht noch,
daß der durch einen schwarzen Pilgerhut mit weißer Jakobsmu-
schel ausgezeichnete rechte Pilger auf dem Kopf eine enganlie-
gende, unter dem Kinn gebundene Kappe trägt - ein für Stein-
metzen und Baumeister in dieser Zeit typische Kopfbedeckung222.
Komposition, Farbigkeit: Wie ein Bildauschnitt wird das Portal,
vor dem die Pilgerkrönung vollzogen wird, auf das hier mit ei-
nem gerauteten grünen Grund gefüllte Kreismedaillon projiziert,
wobei es dessen mit weißen Blüten besetzten roten Rahmen über-
schneidet223. Auf der ansatzweise verräumlichten sandsteinfarbe-
nen Thronbank sitzt Jakobus vor einem vierstufigen hellblauen
Rundbogenportal, das durch stark deckende Lotüberzüge eine
sogartige Tiefenwirkung gewinnt. Auch mit den beiden ausge-
klappten Holzläden in den Zwickeln der Portalwand demon-
striert der Glasmaler seine Fähigkeit zu räumlicher Darstellung (s.
S. 218). Jacobus trägt über einem roten Gewand einen rosaviolet-
ten Umhang mit lindgrüner Innenseite. Mantelschließe, Nimbus
und Kronen hell- bis dunkelgelb. In der Gewandung der Pilger
werden nur die Farben Gelb, Grün und Hellblau aufgegriffen.
Fechnik: Die in diesem Falle besonders umfangreiche Halbtonbe-
malung auf der Außenseite der Gläser hat Geiges lange vor dem
Ausbau der Scheibe zeichnerisch dokumentiert und seitenver-
kehrt der Bemalung der Vorderseite gegenübergestellt (Fig. 271E).
Dieser Dokumentation ist auch zu entnehmen, daß der auf dem
Rücken getragene schwarze Pilgerhut im Gegensatz zu seinem
Riemen nicht verbleit, sondern auf die Thronbank aufgemalt
wurde. StAFD 35/59/2160111 1917); CVMAB 195 (1966),
Detail B 470 (1968) B 1914 (1975), W 2402, Detail 2403 (1977),
Großdia B 5 5 (1975), W 78 (1977)
220 Ausführlich hierzu Reinle 1990, S. 309-332, bes. S. 325.
221 Genannt sei nur das nach dem Brand von 1150 errichtete Portal zur
Andreaskapelle im Straßburger Münster (Rudolf Kautzsch, Der roma-
nische Kirchenbau im Elsaß, Freiburg i. Br. 1944, Abb. 388).
222 Als Beispiel sei die Grabplatte des 1330 verstorbenen Werkmeisters
der Florentiuskirche in Niederhaslach, eines Sohnes Erwins von Stein-
bach genannt. Vgl. Recht 1974, S. 156-158, Taf. 51, mit einer Durchzeich-
nung der heute nur noch schwer lesbaren Ritzplatte.
223 Als man gegen 1360 im südlichen Seitenschiff des Straßburger Mün-
sters eine Marienkrönung in die aus der Bauzeit stammende Verglasung
der oberen Maßwerkrose des Epiphaniefensters einflicken mußte, hat
man sich der Freiburger Lösung erinnert. Vgl. CVMA France IX, 1,1986,
Fig. 209!.
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erten Paß, dessen Bemalung mit Ölfarbe um 1917 bereits weit-
gehend verloren war (Fig. 2 5 5), durch eine rekonstruktive Kopie
ersetzt haben will, hat er nach dem Befund originale wie ergänzte
Gläser auf alle sechs Pässe verteilt. Die meisten Ergänzungen
weist allerdings nicht Paß 4, sondern Paß 6 auf. In den übrigen
Pässen lassen sich lediglich zwei bis vier Gläser Geiges zuweisen.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Siehe hierzu bereits S. 263.
StAFD 35/59/222 (um 1917); CVMAB 190,192 (1966),
W 2405-2407 (1977), Großdia W76 (1977)
1 BC 0 HL. PAULUS IN VIERPASSRAHMEN
Durchmesser ca. 80 cm. Fig. 265, 278, 283, Abb. 126
Erhaltung: Da das rechte Kreismedaillon mehr Splitterungen
und Flickungen aufwies als das linke Gegenstück, hat Geiges
auch mehr Ergänzungen vorgenommen. Durch abweichende
Farbtöne fallen sie stärker heraus. Ob die dunklen Blautöne im
Grund mit der Reparatur von 1537 verbunden werden müssen,
konnte nicht geklärt werden.
Ikonographie: Daß Petrus als Patron der Schmiede Paulus zur
Seite gestellt wird, mag sich durch das verfügbare zweite Kreis-
medaillon ergeben haben, wird aber auch durch das Schwert als
Attribut verständlich gemacht.
Komposition, Farbigkeit: Entspricht 1 A 0. Uber einem hellgrünen
Gewand trägt Paulus einen weißen Umhang mit roter Innenseite;
Nimbus hellrosaviolett, Schwertgriff und Inkarnat hellbraun,
Schwertscheide weiß.
StAFD 35/59/219 (um 1917); CVMAB 191 (1966), DetailB469
(1968), W 2399, Detail W2400, Großdia W 77 (1977)
1 BC 1-6 PÄSSE MIT MASSWERKROSETTEN
H. ca. 40 cm, B. ca. 49 cm. Fig. 256, 283, Abb. 122
Erhaltung: Die Pässe 1, 4 und 6 entghalten umfangreichere Er-
gänzungen von Geiges, während die übrigen nahezu intakt
erhalten sind. Paß 2 weist jedoch zahlreiche Sprünge auf, die
bereits notverbleit waren oder bei Oidtmann durch Bleinasen,
schlimmstenfalls durch Doublierung gesichert wurden.
Komposition, Ornament, Farbigkeit: Siehe hierzu bereits S. 263.
StAF D 35/59/222 (um 1917); CVMA B 191,193 (1966),
W2408-2410 (1977)
2 A WAPPEN DER SCHMIEDEZUNFT
H. 58 cm, B. 115 cm. Fig. 256, 279, Abb. 121
Erhaltung: Bis auf einen gelben Maßwerkzwickel und einige
Stücke im weißen Randstreifen intakt erhalten.
Ikonographie, Komposition, Farbigkeit: Ein gelber Maßwerkrah-
men mit unerschiedlich großen rotgrundigen Dreipässen in den
Zwickeln umschließt in einem mit blauen Blattranken gefüllten
Kreis das Wappen der Schmiedezunft. Auf ungemustert gelbem
Grund zeigt es bis auf den hier nach links gewandten Kopf der
Schlange das gleiche Bild wie in 1 b.
CVMA B 194 (1966), W 2401, Großdia B 65 (1976)
2B0 HL. JACOBUS KRÖNT PILGER
Fig. 16,197,256, 263, 271h, 277, Abb. 124
Durchmesser ca. 78 cm.
Erhaltung: Entgegen der Angabe bei Geiges 1931-1933, Abb.
281, sind innerhalb des Bildes nur die linke Hand des Heiligen
und die Krone darunter sowie ein Segment des Portalgewändes
von ihm erneuert worden. Allerdings wurden wie in 1 A 0 eine
größere Anzahl von Rahmenstücken 1923 oder auch schon frü-
her aus getauscht.
Ikonographie: Warum die Schmiedezunft die überaus seltene Dar-
stellung der Pilgerkrönung durch den Hl. Jacobus als Thema für
die oberste Kreisrosette ihres Fensters gewählt hat, bleibt uner-
klärlich. Kein Altar im Freiburger Münster war ihm geweiht.
Dennoch haben sich hier gleich zwei ältere Darstellungen dieses
Themas erhalten: das Krönungsrelief in der ehemaligen Niko-
lauskapelle im Erdgeschoß des südöstlichen Hahnenturmes (um
1210) und eine Darstellung am Sockel der Ecclesia in der Vorhalle
unter dem Westturm (um 1280)220. Die Darstellung im Schmiede-
fenster ist insofern höchst ungewöhnlich, als sie das Geschehen
mit dem Ziel der Pilger, des 1188 vollendeten Pörtico de la Glo-
ria in der Kathedrale von Santiago de Compostela, verbindet, an
dessen Trumeaupfeiler Jacobus ebenfalls thronend erscheint: In
Freiburg sitzt er christusähnlich auf einer Thronbank vor einem
kapitellosen romanischen Stufenportal und krönt ein symme-
trisch vor ihm kniendes Pilgerpaar. Allerdings handelt es sich hier
nicht um ein Erinnerungsbild, vielmehr hat der Entwerfer darin
Eindrücke verarbeitet, die er im Straßburger Münster und vie-
lerorts im Elsaß gewinnen konnte, um eine Vorstellung vom Ort
des Geschens zu vermitteln221. Von Bedeutung ist vielleicht noch,
daß der durch einen schwarzen Pilgerhut mit weißer Jakobsmu-
schel ausgezeichnete rechte Pilger auf dem Kopf eine enganlie-
gende, unter dem Kinn gebundene Kappe trägt - ein für Stein-
metzen und Baumeister in dieser Zeit typische Kopfbedeckung222.
Komposition, Farbigkeit: Wie ein Bildauschnitt wird das Portal,
vor dem die Pilgerkrönung vollzogen wird, auf das hier mit ei-
nem gerauteten grünen Grund gefüllte Kreismedaillon projiziert,
wobei es dessen mit weißen Blüten besetzten roten Rahmen über-
schneidet223. Auf der ansatzweise verräumlichten sandsteinfarbe-
nen Thronbank sitzt Jakobus vor einem vierstufigen hellblauen
Rundbogenportal, das durch stark deckende Lotüberzüge eine
sogartige Tiefenwirkung gewinnt. Auch mit den beiden ausge-
klappten Holzläden in den Zwickeln der Portalwand demon-
striert der Glasmaler seine Fähigkeit zu räumlicher Darstellung (s.
S. 218). Jacobus trägt über einem roten Gewand einen rosaviolet-
ten Umhang mit lindgrüner Innenseite. Mantelschließe, Nimbus
und Kronen hell- bis dunkelgelb. In der Gewandung der Pilger
werden nur die Farben Gelb, Grün und Hellblau aufgegriffen.
Fechnik: Die in diesem Falle besonders umfangreiche Halbtonbe-
malung auf der Außenseite der Gläser hat Geiges lange vor dem
Ausbau der Scheibe zeichnerisch dokumentiert und seitenver-
kehrt der Bemalung der Vorderseite gegenübergestellt (Fig. 271E).
Dieser Dokumentation ist auch zu entnehmen, daß der auf dem
Rücken getragene schwarze Pilgerhut im Gegensatz zu seinem
Riemen nicht verbleit, sondern auf die Thronbank aufgemalt
wurde. StAFD 35/59/2160111 1917); CVMAB 195 (1966),
Detail B 470 (1968) B 1914 (1975), W 2402, Detail 2403 (1977),
Großdia B 5 5 (1975), W 78 (1977)
220 Ausführlich hierzu Reinle 1990, S. 309-332, bes. S. 325.
221 Genannt sei nur das nach dem Brand von 1150 errichtete Portal zur
Andreaskapelle im Straßburger Münster (Rudolf Kautzsch, Der roma-
nische Kirchenbau im Elsaß, Freiburg i. Br. 1944, Abb. 388).
222 Als Beispiel sei die Grabplatte des 1330 verstorbenen Werkmeisters
der Florentiuskirche in Niederhaslach, eines Sohnes Erwins von Stein-
bach genannt. Vgl. Recht 1974, S. 156-158, Taf. 51, mit einer Durchzeich-
nung der heute nur noch schwer lesbaren Ritzplatte.
223 Als man gegen 1360 im südlichen Seitenschiff des Straßburger Mün-
sters eine Marienkrönung in die aus der Bauzeit stammende Verglasung
der oberen Maßwerkrose des Epiphaniefensters einflicken mußte, hat
man sich der Freiburger Lösung erinnert. Vgl. CVMA France IX, 1,1986,
Fig. 209!.