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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Kolbe, Peter: Das Bindungsmodell virtueller Gegenständlichkeit - ein Beitrag zur Gestaltung von virtuellen 3D-Szenarien und Interaktionsräumen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0090

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die vielschichtigen Wechselbeziehungen und
Umqangsweisen in und mit einer virtuellen
Welt.

Die Effizienz des menschlichen Handelns ist
in der evolutionären Auseinandersetzung mit
der natürlichen Umwelt und der Bewältigung
komplexer Problemstellungen entstanden.
Hierbei spielten gegenständliche Mittel eine
zentrale Rolle. Bereits die Entwicklung und
Differenzierung des Faustkeiis ist hierfür ein
prägnantes Beispiel (s. z.B. [Klix 93]). Und die
Fingerfertigkeiten im kindlichen Spiel als
auch die enormen Navigationsleistungen zeu-
gen von der hohen Effizienz und dem evolu-
tionär erworbenen Vermögen des Menschen
im Umgang mit den gegenständlichen Mit-
teln. Das sensomotorische 'Begreifen' ist da-
bei die Grundlage für die Ausprägung von
Denkmodellen; Wirkung und damit die po-
tentielle Funk.tionalität der Dinge wird sinn-
bildlich erlebt, mental an die phänomenalen
Eigenschaften gebunden und mit spezifi-
schen Handhabungen 'abgespeichert'.

Will man folglich eine virtuelle Welt synthe-
tisieren und dabei das effiziente Handlungs-
vermögen des Menschen im Umgang mitden
'Dingen'erhalten, dann ist es erforderlich, die
mentalen Grundlagen für diese Effizienz zu
bestimmen. Es ist zu hinterfragen, wie orga-
nisiert der Mensch Handlungen im Produkt-
gebrauch, nach welchen spezifischen Eigen-
schaften sucht er an den Dingen, um mit
diesen Probleme effizient zu lösen. Bestim-
mend für die nachfolgende Abhandlung sind
folgende Fragen:

- Woraus resultiert das effiziente Handlungs-
vermögen des Menschen im Umgang mit
den Dingen seiner natürlichen Umwelt, d.h.
woraus resultiert die Effizienz seiner Hand-
lungsweisen bei der Lösung von Problemen
mit Hilfe von gegenständlichen Werkzeu-
gen und lassen sich hierfür Ansätze von
Denkmodellen finden?

- Kann man die Effizienz dieser Handlungs-
weisen auf die virtuelle Welt übertragen,
d.h. auf den Gebrauch virtueller Dinge in
virtuellen Szenarien - und - was muß auf
der Ebene der rechnerinternen Modell-
bildung getan werden, um diese Effizienz
zu erreichen ?

- Wie stellt sich hierbei die Interface-Situa-
tion zwischen Mensch und Computerwelt
dar, d.h. was kann - im Sinne der Übertra-
gung von Handlungseffizienz auf die vir-

tuelle Welt - an den Benutzungsoberflä-
chen geändert und was kann - bedingt
durch dieSpezifikdervirtuellen Welten und
ihrer technischen Trägerssysteme - nicht
geändert werden?

- Welchespezifischen Eigenschaften besitzen
virtuelle Werkzeuge und Szenarien und
worin bestehen ihre Vor- und Nachteile?

Die Beantwortung dieser Fragestellungen
steht in unmittelbarer Verbindung mit der
Entwicklung des Bindungsmodells virtueller
Gegenständlichkeit und zielt auf:

- die Synthese, Gestaltung und Manipulati-
on virtueller Werkzeuge und Szenarien als
qualitativ neue Tätigkeits- und Erlebnis-
räume - unter Einbeziehung (des Wissens)
unterschiedlicher Fachleute,

- die Speicherung und „Externalisierung"
von Wissen in Form von virtuell-gegen-
ständlichen Werkzeugen und Arbeitsumge-
bungen - als Voraussetzung für eine „natür-
liche" Art der Problemlösung in realitäts-
adäquaten Suchräumen,

- die Qualifizierung des Human-Computer-
Interfaces durch virtuell-gegenständliche
Interaktionsräume.

2. Bindungsmodell virtueller Gegenständ-
lichkeit: das globale Konzept

Das 'Bindungsmodell virtueller Gegenständ-
lichkeit'soll die Effizienz menschlichen Han-
delns im Umgang mit gegenständlichen Mit-
teln (Produkten) auch für den Gebrauch
virtueller Gegenstände in virtuellen Umge-
bungen verfügbar zu machen. Zugleich soll
damit ein Beitrag zur problembeladenen
Situation bei der Gestaltung von Interfaces -
oder besser virtuellen Interaktionsräumen
geleistet werden.

Die zentrale Rolle gegenständlicher Mittel bei
der Lösung von Problemen des alltäglichen
Lebens ist unumstritten; hierauf begründet
sich die evolutionär erworbene Handlungs-
effizienz.

UnterZugrundelegung einer A/Veltder Begrif-
fe'- als Grundbausteine eines menschlichen
Denkmodells - muß die Handlungseffizienz
im Umgang mit gegenständlichen Mitteln
dann an die Ausprägung spezifischer Begriffs-
und Merkmalsbildungen gebunden sein
(s. z.B. [Klix81, Hoff86]).

In Hinblick auf die zentrale Rolle gegenständ-
licher Mittel innerhalb von 'Alltagsproble-

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