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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Wahl, Hendrik: Prozeß und Bild
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0215

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Hendrik Wahl

Prozeß und Bild

Die Situation

(Umfeld und Tendenzen)

In Anbetracht des sich gegenwärtig vollzie-
henden Wandels von der materiellen Produk-
tion zur Informationsver- und -bearbeitung
als Hauptaspekt der gesellschaftlichen Wert-
schöpfung und der mit diesem Prozeß ein-
hergehenden Neuorientierung und Neu-
formulierung von Werten müssen auch
Standpunkte und Ziele auf dem Gebiet der
Gestaltung industrieller Produkte neu über-
dacht werden.

Der eigentliche Produktionsprozeß entzieht
sich immer mehr der unmittelbaren Einfluß-
nahme durch den Menschen. Eine räumliche
Anwesenheit des Menschen im Produktions-
bereich ist immer weniger erforderlich. In
vollautomatisierten Fabriken, in denen sich
der Mensch nur noch im Ausnahmefall auf-
hält, ist kein Gestaltungsbedarf im Sinne von
Industriedesign mehr vorhanden. Auch die
Schnittstellenproblematik Mensch - Maschi-
ne ist einem grundlegenden Wandel unter-
zogen. Ist man beim Ausführen von hand-
werklichen Arbeiten unmittelbar mit dem
eigentlichen Prozeß verbunden, so bedarf
man bei der maschinellen Produktion be-
stimmter Abstraktionsverfahren, um mittels
Handräder und mechanischer Steuerein-
richtungen das Handlungsziel zu erreichen.
Mit Beginn der Automatisierung wanderte
der Bereich der Einflußnahme immer weiter
weg vom eigentlichen Produktionsprozeß, bis
schließlich eine räumliche Anwesenheit des
Menschen im Produktionsprozeß nicht mehr
notwendig war. An Stelle der analogen Aus-
einandersetzung mit dem Werkstück treten
mehr und mehr abstrahierte virtuelle Model-
le, die den Menschen in die Lage versetzen,
technologisch schwierige Prozesse zu steuern
und zu beherrschen. Grundlage und Rohstoff
für das Arbeiten mit virtuellen Strukturen ist
die Information. Dementsprechend ist die
Schnittstelle Mensch-Information strukturiert.
Der Monitorarbeitsplatz wird der charakte-
ristische Arbeitsplatz der Zukunft sein. Kann

man zum Beispiel bei einer Drehmaschine
durch die äußere Form auf Funktion und Ver-
wendung schließen, so ist das an einem Com-
puterarbeitsplatz nur noch in Ausnahmefäl-
len und nur mit bestimmten Vorkenntnissen
möglich. Der Arbeitsplatz eines Sachbearbei-
ters im Finanzamt läßt sich von dem eines
Konstrukteurs im Maschinenbau oder dem
eines Verfahrenstechnikers in der chemischen
Industrie nicht mehr unterscheiden. Aus-
schlaggebend für die spezifische Anwendung
ist das virtuelle Modell, welches zur Struktu-
rierung des jeweiligen Sachverhaltes verwen-
det wird und sich in Form der Software und
speziell ihrer Oberfläche darstellt.
Informationsgestaltung, das Ordnen und
Strukturieren von Informationen, das nutzer-
gruppenspezifische Verfügbarmachen von
Daten, das Erstellen virtueller Modelle, die
eben nicht nur dem eigentlichen primären
Zweck dienen, sondern auch menschliche und
kulturelle Aspekte in sich tragen, könnten
Ansatzpunkte für Gestaltung darstellen

Die aktuelle Problematik

(Rahmenbedingungen und deren Wandel)

Ausgangspunkt für das hier bearbeitete Pro-
jekt war der Wunsch des Logistiksoftware-
produzenten Baan nach einer Darstellung des
Softwarepakets „TRITON", das zur Prozeß-
planung und Simulation in Unternehmen der
Fertigungsindustrie, in Dienstleistungs- und
Wartungs- sowie in Großhandelsunterneh-
men eingesetzt wird.

Die Darstellung sollte entsprechend dem Pro-
dukt in Form einer medialen computerunter-
stützten Präsentation zum Einsatz auf Mes-
sen und Seminaren erstellt werden.

Bei der Aufbereitung der Problematik wur-
den sehr schnell die verschiedenen Denkan-
sätze deutlich, die die Aspekte charakterisie-
ren, mit denen die unterschiedlichen Ziel- und
Nutzergruppen mit den Strukturen solcher
Systeme vertraut gemacht werden sollen.

Der Hauptaspekt der Marketingstrategie des
Auftraggebers besteht in der emotionalen
Ansprache des Kunden. Begriffe, wie „war-
mes Gefühl", „streßfreie Atmosphäre", „ru-
higes Ambiente" spielten eine wichtige Rol-
le. An rational interpretierbaren Begriffen
wurden Modularität, Konfigurierbar-, Rekon-

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