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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Kolbe, Peter: Das Bindungsmodell virtueller Gegenständlichkeit - ein Beitrag zur Gestaltung von virtuellen 3D-Szenarien und Interaktionsräumen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0106

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zierter 'Bedienungselemente'.

Mit der wachsender Differenzierung der Ope-
rationalität erfährt zugleich die animativ-
pantomimische Präsentation derartiger
Handlungsfolgen eine zunehmende Be-
deutung. Hier erscheint der Einsatz von
'animativen' Piktogrammen sinnvoll. Dabei
sollte die Vermittlung von operationalem
Wissen in folgenden Etappen erfolgen:

- vollständiges Vorzeigen (Vormachen) von
prototypischen 'Leithandlungen'für pro-
totypische Problemfälle mit Hilfe von
Computeranimationen,

- selbstständiges „Training" (Nachmachen)
der 'Leithandlungen' für diese Problemfäl-
le mit Hilfe interaktiver Lernprogramme
oder unter Anleitung eines 'virtuellen As-
sistenten',

- eigenständige Arbeitsweise auf 'Experten-
niveau' mit routinemäßigen Handlungs-
ausführungen.

7.2.Die Ganzheitlichkeit der virtuell-gegen-
ständlichen Bindung

Der Vorteil einer virtuell gegenständlichen
Bindung in Bezug auf die Verfügbarkeit und
Kompaktheit des handlungsrelevanten In-
formationspotentials kommt auf mehreren
Ebenen zum Tragen.

Zum ersten auf der Ebene einer ganzheitli-
chen und überschaubaren Verfügbarkeit al-
ler Informationen durch die Bindung der
handlungsrelevanten Eigenschaftsklassen an
die virtuell-gegenständlichen Werkzeuge
bzw. Szenarien. Eine derartige ganzheitliche,
gegenständliche Bindung von unterschiedli-
chen Eigenschaftsklassen ist im natürlichen
Umgang mit den „Dingen des Alltags" eine
alltägliche Erfahrung. Sie steht jedoch in dra-
stischem Gegensatz zur aktuellen Situation
in der gegenwärtigen Interface-Gestaltung:

- die Funktionalität wird nicht gegenständ-
lich gebunden, sondern tabellenartig ver-
teilt präsentiert, d.h. in einzelnen Menue-
Spalten und -Zeilen,

- die 'kodierende' Phänomenalität der un-
terschiedlichen Werkzeugfunktionen re-
duziert sich auf unterschiedliche Bezeich-
nungen in den einzelnen Menuezeilen,
d.h. auf gleichartige 'Ediketten' von glei-
cher Form, Farbe,...,

- die 'kodierende' Operationalität unter-
schiedlicher Werkzeuge reduziert sich auf

uniforme und stereotype Handlungen wie
z.B. Klick und Doppelklick.

Hier sichert das Bindungsmodell virtueller Ge-
genständlichkeit:

- die Möglichkeit zur ganzheitlichen Bin-
dung einer ausgewählten Funktionalität
an ein Werkzeug,

- die werkzeugspezifische Kodierung dieser
Funktionalität mit Hilfe des Gestaltpoten-
tials der gebundenen phänomenalen Ei-
genschaften sowie

- die differenzierte Ausführungssteuerung
mit Hilfe des Aktionspotentials der ge-
bundenene operationalen Eigenschaften.

Mit der Notwendigkeit zu einer differenzier-
ten Kodierung und Steuerung von Funktio-
nalität auf produktsprachlich-phänomenaler
bzw. operationaler Ebene wird zugleich die
'explosionsartige' Erweiterung der Menues
mit immer neuen Funktionen und Optionen
gebremst, denn jede neue Funktion/Option
sollte ganzheitlich an das Werkzeug (!) ge-
bunden werden, produktsprachlich ablesbar
sein und differenziert gesteuert werden kön-
nen!

Zum zweiten kommt der Vorteil einer ganz-
heitlichen Bindung auf der Ebene der einzel-
nen Eigenschaftsklassen selber zum Tragen.
Das betrifft die gegenständliche Bindung des
Potentials der gesamten Funktionalität,
Operationalität und Phänomenalität. Die Bin-
dung auf phänomenaler Ebene bezieht sich
dabei auf die Ganzheitlichkeit des sinnlich
erfaßbaren Informationspotentials eines Ob-
jekts (visuell, akustisch, haptisch, motorisch..,)
und orientiert in A/irtuellen Räumen' auf eine
multimediale Präsentation. Die Auseinander-
setzung mit der Gegenständlichkeit unserer
natürlichen Umwelt bedingtdiese phänome-
nale Ganzheitlichkeit ('Multimedialität') na-
hezu zwangsläufig: Ein Auto hinterläßt un-
verwechselbare Geräusche beim Anlassen,
Anfahren und Gasgeben, beim Bremsen,
beim Beschleunigen etc., es hinterläßt einen
typischen Geruch seiner Abgase, womöglich
riecht es nach Benzin und Oel. Ein Auto hat
in der Regel eine typische, leitbildartige Ka-
rosserie-Form und eine glatte (lackierte)
Oberfläche. Alle diese Informationen be-
stimmen das wahrnehmbare Informations-
potential eines Autos und könn(t)en als
Kodierungsgrundlage für eine differenzier-
te, produktsprachliche Beschreibung der

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