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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 16.1995

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Schönhammer, Rainer: Wahrnehmung und Bewegung im Cyberspace
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https://doi.org/10.11588/diglit.31840#0195

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Abb. 1 Exosklett. aus: N. M. Thalmann & D. Thalmann: Artificial Life and Virtual Reality, Chichester:
John Wiley, 1994

se, weil in dieser Welt keine Grenze für die
Eigenbewegung gegeben ist.

Es heißt, die virtuellen Körpern suchten oft
"Ecken oder die Nähe großer Objekte"
(Aukstakalnis & Blatner, a.a.O.). Könnte das
als Versuch verstanden werden, mit den Au-
gen Abgrenzungen herzustellen, die dem
Gespür versagt bleiben?

VI.

Die Leichtigkeit der Fortbewegung im virtu-
ellen Raum, das "Fliegen" auf Fingerzeig, hat
Konsequenzen für das "Flugerlebnis" selbst.
Daß man unbeabsichtigt abfliegen kann, weil
man auf etwas mit dem Finger gezeigt hat,
ohne daran zu denken, daß man so Gas gibt,
mag man als eine vorübergehende Schwäche
im Interface-Design betrachten (Erickson,
1993), doch diese unfreiwillige Bewegung
spitzt ein grundsätzliches Problem auf iro-
nische Weise zu: Eine Bewegung, die sich auf
tatsächlichen oder sinnbildlichen Fingerzeig

hin vollzieht, überholt sozusagen in ihrer
Gedankenschnelle das Subjekt selbst. Das soll
heißen: Man kann so schnell und leicht den
Ort wechseln, daß die Phantasie quasi in die
Hände klatscht statt sich auf die Flugbahn zu
begeben. Der Fingerzeig, der bereits an den
anderen Ort versetzt, überspringt das In-
Gang-kommen der inneren Bewegung.

Die innere Bewegung, mit der wir unsere tat-
sächliche Bewegungen vorwegnehmen und
begleiten, die Spannung die wir da erleben,
nannte Melchior Palägyi anfangs diesen Jahr-
hunderts "virtuelle Bewegung" (Palägyi,
1924, 1925). Diese "virtuelle Bewegung" also,
die Bewegungsphantasie, bleibt beim "Flie-
gen" im virtuellen Raum der Tendenz nach
auf der Strecke.

Ich glaube, daß dieses Sich-selbst-voraussein
auch entscheidend zur Reisekrankheit im
Cyberspace - der "simulation sickness" - bei-

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