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Deutsche Kunst.

hin wir wollen". Ja, das neue Werk wurde ihm hernach bei
seinem ausnehmend glücklichen .fortgang so lieb und werth, daß
ich mich nur alles nicht hätte unterstehen wollen, etwas wegen
Verlegung in Vortrag zu bringen. Auch waren auf die Ein-
richtung und auf die Gebäude schon zu große kosten verwendet
worden. Da er über zwei Stunden verweilet und sich über
alles die genaueste Auskunft hatte geben lassen, versicherte
er alle auf das huldreichste feiner königlichen Gnade unter der
gewissen Anhoffnung, daß ein jeder ferner wie bishero allen
.fleiß anwenden würde, das neue Werk je länger je mehr zu
feiner Vollkommenheit bringen zu helfen, wer hätte wohl hierbei
ungerührt bleiben können, und ohne daß er nicht den festen
Entschluß hätte fassen sollen, alle ihm obliegenden Pflichten
nach seinen besten Kräften zu erfüllen."
Nachdem noch 140 OOO Thaler in das neue Etablissement
hineingesteckt waren, dem auch sonst besondere Privilegien, wie
freier Polzbezug, Accise- und Zollfreiheit, eigene Gerichtsbarkeit,
Siegel mit Adler und Gcepter, verliehen wurden, kam es vor
Allem darauf an, den Absatz zu erhöhen. Patte sich schon
Gotzkowski verpflichten müssen, monatlich für 6000 Thaler Por-
zellan abzunehmen, so wurde nun den Juden auferlegt, ein be-
stimmtes «Quantum Waare für den Vertrieb im Auslande zu
erwerben, die General-Lotteriepacht-Bozietät mußte für 6000,
später für 9600 Thaler jährlich kaufen und es wurde dafür ge-
sorgt, daß der Porzellandebit an gewandte Kaufleute gegen
Kautionsleistung nach auswärts vergeben wurde. So betrug
denn der Umsatz in den ersten 24 Jahren des Bestehens der
Berliner Porzellan-Manufaktur nicht weniger als 2 188 339 Thlr.
23 Sgr. 6 pst, eine Summe, aus der 464 050 Thlr. 7 Sgr.
6 Pf. als Reingewinn in die königliche Schatulle abgeführt
wurden.
Das Interesse des Königs erwies sich als ein überaus reges.
Noch, in demselben Monat September des Jahres 1763 machte er
der Anstalt einen zweiten Besuch und erkundigte sich auch
auf das lebhafteste, woher man das Material bezöge. Als
man ihm Passau in Bauern als Bezugsort nannte, sagte er
zum Direktor Grieninger:
„Ich erinnere mich, daß ich in Schlesien an verschiedenen
Orten, und besonders auf dein Wege, der von Tannhausen —
hat er eine Schreibtafel? schreibe er sich die Namen auf! — nach
Eharlottenbrunn und weiter nach Langenwoltersdorf führt, un-
gefähr eine halbe Meile von Tannhausen, eine schöne weiße Erde
wahrgenommen habe. Cr muß an meinen Minister von
Schlabrenöorf schreiben und von Schlesien Proben kommen
lassen." Auf die weitere Frage des Direktors, an wen derselbe
über den Erfolg der damit anzustellenden Proben zu rapportiren
habe? war die Antwort: „ec berichte an mich, und am Schluß
eines jeden Monats schickt er mir einen summarischen Kassen-
extrakt."
Cs gelang denn auch wirklich, in Sträbel am Zobten eine
brauchbare und später in Brachwitz bei Palle eine vorzügliche
Erde zu finden, die noch heute verwendet wird.
Der Ruf der Berliner Porzellan-Manufaktur war schon im
ersten Jahre ihres Bestehens so begründet, daß selbst exotische
Gäste sie als Sehenswürdigkeit besuchten und dort ihre Ein-
käufe machten. So weiß Grieninger besonders interessant von
einem Besuch des türkischen Gesandten zu erzählen: „Der im
November 1763 hier zu Berlin feinen Einzug haltende türkische
Gesandte Achmet Cffendi kam gleich nach seiner Ankunft, um
Bestellungen zu machen. Lr war ein großer Porzellanliebhaber
und besuchte die Manufaktur während seines pierseins sehr fleißig.
Je dicker und schwerer die Porzellane, je schöner und voll-
kommener waren sie nach seinem Geschmack. Da ich dem Könige
etliche von desselben bestellten Porzellane zeigte, lachte er über
ihre Schwere, nnd gab mir den Befehl, daß, wenn desselben
Bestellungen fertig sein würden, ich selbige mit noch anderen
porzellanen, an welchen der Gesandte sein vorzügliches Wohl-
gefallen gehabt hätte, zusammen nehmen und ihm als Geschenk
überbringen sollte. Ich hatte demselben schon zu verschiedenen
Malen auf seine Einladung meine Visite gemacht, nnd war alle-

zeit sehr höflich empfangen worden, jetzt aber, da ich mich melden
und dabei sagen ließ, daß ich auf höchsten Befehl Sr. Majestät
des Königs an den Perm Gesandten etwas zu überreichen hätte,
wurde mir eine Stunde bestimmt, in welcher ich kommen sollte.
Der Vetter des Gesandten, ein sehr schöner und gesitteter junger Türke,
mit dem Reisestallmeister, dem pofmeister und einem Dolmetscher
empfingen mich beim Eingang in das Vernezobressche Palais
und führten mich zu dem Gesandten, der auf einer drei Stufen
hohen Estrade, die mit Scharlach belegt war, saß und etliche
von seinem Gefolge hinter sich stehen hatte. Ich wurde auf das
freundlichste empfangen und sobald ich mich des königlichen Auf-
trags entledigt hatte, mußten die vier großen Körbe voll Porzellan
ins Zimmer, gebracht und vor ihm ausgepackt werden. Lr be-
trachtete ein Stück nach dem anderen auf's genaueste, küßte viele
derselben und ließ mich durch den poföolmetscher,Fcancopulo ver-
sichern, daß er niemals ein so großes Vergnügen und Freude
gehabt hätte, als über dieses königliche Geschenk. Da alles aus-
gepackt und um ihn herum ausgestellt war, stand er auf und
neigte sich tief, setzte sich wieder, nnd ich mußte neben ihm sitzen,
ein sogenanntes Türkenköpfchen voll trüben Kaffee austrinken und
aus einer von seinem Pagen mir vorgehaltenen alten Schachtel
etliche Stückchen schmutziges Zuckergebackenes zu mir nehmen.
Cr sprach viel zu mir durch seinen Dolmetscher von türkischen:
Geschmack, und wie sehr das echte Porzellan zu Konstantinopel
und in der ganzen Türkei geliebet und hochgeschätzet würde.
Dabei gab er mir die gewisse Versicherung, der Manufaktur nach
seiner Zurückkunft einen guten Absatz ihrer Waaren zu ver-
schaffen. Beim Abschiednehmen beschenkte er mich mit zwei
persischen, flornen, mit Silber durchwirkten Frauen-Palstüchern,
einer großen Seifenkugel, mit etlichen packeten türkischen Tabaks-
blättern, und einem Gläschen voll stark riechendem Fluidi, dessen
Bestimmung mir Niemand zu sagen wußte. Ich mußte ver-
sprechen, ihn während seines hiesigen Aufenthalts öfters zu be-
suchen."
Fürstliche Besuche waren meist von größeren Ankäufen be-
gleitet, was Friedrich dem Großen um so mehr Freude bereitete,
als er selbst Erwerbungen oft mit den Worten abzulehnen pflegte:
„Sieht er, das ist schön, und schöner, als ich's zu Meißen ge-
sehen habe; aber ich kann's nicht kaufen, ich habe kein Geld."
Dieses Interesse blieb dem Könige bis in die letzten Jahre seines
Lebens, als er einsam und alternd sich mehr und mehr auf seine
Residenz Potsdam beschränkte. „Der König wohnte in dem neuen
Schloß und ließ mir befehlen, dahin zu ihm zu kommen. Ich
war gleich den anderen Tag Morgens nach 6 Uhr vor seiner
Thür, vernahm aber von seinem Kammerhusaren mit Schrecken,
daß der König vom Podagra nnd vom Lhiraga die allergrößten
Schmerzen erdulden und ausstehen müsse. Ich hatte etliche mit
couleur Fe rose, des Königs Fmvoritfarbe bemalte und vor-
züglich gut gerathene Stücke von der Manufaktur mitgenommen,
die ich, da er mich vor sich kommen ließ, bei seinem Bette
auf einen Tisch stellte. kaum daß er dieselben ins Auge be-
kommen hatte, mußte ihm eins nach dem andern ins Bett gegeben
werden."
„Den 9. Januar 1781 kam der König die Wachparade in
dem auf der Porzellanmanufaktur Grund und Boden stehenden
Exerzier-Pause zu sehen. Beim Zurücksahren stieg er beim
Vorderhause aus dem Wagen und ging mit dem General-
lientenannt von Möllendorff auf das Pauptwaaren-Lager. Im
pinaujgehen sagte er auf der Treppe zu mir: weiß er wohl, wie
lange es schon ist, daß ich nicht hiergewesen bin? Sie werden
indessen viele schöne Sachen gemachet haben! Ueber die Vor-
räthe war der allergnädigste König sehr zufrieden, nur befremdete
ihn, daß so viele davon weiß nnd unbemalt waren; da er aber
hörte, daß seit einiger Zeit der Absatz von bemalten porzellanen
stärker als der von weißen gewesen, dadurch aber auch die Ein-
nahme um so ergiebiger geworden wäre, sagte er: das ist gut
und daß der bemalten bald wieder mehrere vorräthig sein, dafür
werden sie schon sorgen. Daß das Waarenlager zu enge sei,
wie er mir gesagt hat, das sehe ich wohl ein; ich werde es er-
weitern, und die zwei niedrigeren Nebengebäude dem 0ovp>8 Fe
 
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