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mischt Kunst.

Keiblait: Has Atelier.

Zllustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen
Lentral-Grgan deutscher Kunst und Künstler Mereine.

preis vierteljährlich 2.80 Mark.
Postzeitungsliste Nr. U74.

Herausgegeben von
Georg MaliwwMn.
Schriflleitung und Verwaltung Berlin ^V.57, Skrinmehstr. 26.

Alle 14 Tage erscheint eine Nummer.
Inserate: 40 Pfennige für die 4 ge-
spaltene Nonparsille-Zeile.

Publikationsorgan des Deutschen Kunstvereins in Berlin, des Schlesischen Kunstvereins in Breslau, des Kunstvereins für das Großhcrzogthum Hessen in Darmstadt, des Anhaltischen Kunst-
vereins in Dessau, des württembergijchen Kunstvereins in Stuttgart, des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins in kiel, der Kunstvereine in München, Dldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera
Altenburg, Tlberfeld, Barmen, Bielefeld, Görlitz, Danzig, Königsberg, Stettin u. a.

Uv. 7.

1. Jammr 1898.

II. Jahrgang.

Felicien Rops.
Von A. S. Epstein.

etrachten wir die Gesammtheit der produzirenden Künstler unter einem
gewissen gemeinsamen Gesichtspunkt, so werden wir sie in zwei
Gruppen eintheilen können. Die Linen arbeiten deduktiv, die Anderen
induktiv. was bei dem Linen das
Produkt langer Ueberlegung und
Gedankenarbeit ist, kommt bei dem
Anderen wie ein neckischer Kobold,
man weiß nicht wieso und woher.
Line Art zeichnet sich durch eine
enorme Reaktionsfähigkeit auf äußere
Lindrücke aus; Alles, was um ihn
herum vorgeht, wird dem Künstler
zum Lreigniß; eine schöne Strophe,
eine klangvolle Assonanz, ein inter-
essanter Gesichtszug sind im Stande,
ihn zu einem herrlichen Werk an-
zuregen. Der Wasserköpfen, in
dem sich die Sonnenstrahlen in
tausend Warben brechen, wird für
ihn zur Welt, und der einsame Stein
am Feldrain verwandelt sich unter
seiner suggestiv gestaltenden Kraft
zum Ko-bli-noor. Lr will nichts
gestalten, was er nicht schon in der
Natur vorfindet, aber dieser Natur
giebt er ein persönliches Gepräge,
welches er auch uns aufzwingt, so
daß wir schließlich die Natur mit
denselben Augen sehen, wie der
Künstler, daß wir beim Anschauen
oder Anhören eines Vorganges
dasselbe Empfinden haben, aus dem
heraus der Vorwurf geschaffen wurde,
von diesem Gesichtspunkte aus schafft
jeder produzirende Künstler nichts
Anderes wie Seelenzustände und der
französische Aesthetiker Amiel hatte
sehr Recht, wenn er meinte:
PA^83AS 68t UN etot cl'stins."
Dieses Wort gilt ebensowohl für
den Dichter wie für den Maler oder Bildhauer, für den Komponisten wie für
den Dramatiker.
Lin umgekehrter psychologischer Vorgang spielt sich bei einer anderen
Gruppe von Künstlern ab; sie sind sozusagen die Philosophen in der Kunst;

das Räthsel des Lebens zieht sie mächtig hinan, es ist der dichte Vorhang
vor dem verschleierten Bilde zu Saks, welcher sie zu unermüdlicher Grübelei,
zu kühnem Unterfangen anreizt. Und da sie das Räthsel des Lebens oder
zum mindesten verschiedener Lebens-
erfcheinungen nicht zu lösen ver-
mögen, da auch sie vor dem Buche
mit den sieben Siegeln rathlos da-
stehen, so suchen sie es wenigstens
zu deuten. Und so ist ihre Thätig-
keit neben der rein künstlerischen
auch eine psychologische, indem sie
abstrakte Begriffe in die F^orm der
sinnlichen Lrscheinung zu zwingen
suchen. Zu den letzteren gehört der
französische Maler und Radirer F6-
licien Rops.
wenn ich nun sage, Rops wäre
Franzose gewesen, so ist das eigent-
lich nicht ganz richtig, denn seine
Großeltern waren Kinder der pußta
und er selbst kam in Belgien zur
Welt, von wo er jedoch nach Paris
auswanderte, um dort seinen dau-
ernden Wohnsitz zu nehmen, und
wo auch alle seine Schöpfungen ent-
standen sind, denen seine Indivi-
dualität jenen eigenthümlichen Stem-
pel aufgedrückt hat, der heute
für das Werk des Fslicien Rops
charakteristisch ist. Die Verbindung
des temperamentvollen und heiß-
blütigen Magyaren mit der sanften,
etwas melancholisch angelegten Vlä-
nun war scheinbar auf das Wesen
des Lnkels bestimmend; auch in ihm
findest wir zwei Elemente, die,
scheinbar dazu bestimmt, einander zu
bekämpfen, in ihrer Vereinigung
Radirung. thatsächlich die höchsten Triumphe
feierten. Spornte das Tempera-
ment FMcien Rops dazu an, das höchste können zu erreichen, so haben
wir es wiederum seiner philosophisch und grüblerisch angelegten Ratur
zu verdanken, daß dieses zur Vollendung gebrachte Beherrschen der Radir-
nadel, die geradezu unglaubliche Vertrautheit mit den Formen des menschlichen



Felicien Roxs, Selbstportrait.
 
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