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Mutsche Gunst
Keiülait: Has Atelier.

Zlluftrirte Zeitschrift fiü das gesammte deutsche Kunstschaffen.
(Lentral-Organ deutscher Kunst und Künstler Vereine.
Herausgegeben von
2Ule l4 Tage erscheint eine Nnnimer.
Oeorg Inserate: 40 Pfennige für die 4 ge-
Schrifkleikuug und Verwaltung Berlin 57, Hteinmehstr. 26. spat-ne aonpaieilie-Aeiic.

preis vierteljährlich L.StwNark.
Postzeitungsliste Ur. Il74.

Publikationsorgan des Deutschen Kunstvereins in Berlin, des Schlesischen Kunstvereins in Breslau, des Kunstvereins für das Crosiherzogthnni Neffen in Darmstadt, des Anhaltischen Kunst-
vereins in Dessau, des württembergijchen Kunstvercins in Stuttgart, des Schleswig - Holsteinischen Kunstvereins in kiel, der Kunstvereine in München, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera,
Altenburg, Llberfeld, Barmen, Bielefeld, Görlitz, Danzig, Königsberg, Stettin u. a.

Ur. 8.

13. Januar 1898

n. Jahrgang.

Max Roch, ein Dekorations-Rünstler.

Utax Koch. Skizze.


seit Jahrzehnt spukt tu deutschen Landen ein wesenloser
Begriff, dec neuerdings mehrfach in Zeitungspapier gewickelt, greif-
bare Gestalt gewonnen hat, hier ausländisch aufgeputzt, dort mit
einem nationalen Mäntelchen umhüllt. „Dekorative Kunst"
nennt sich der Geist, von dem man eine Neubelebung des modernen Kunst-
schaffens erwartet, ein noch nie Dagewefenes, oder doch lange verschwundenes.
Was sich im Hirn der Literaten auf Formeln gebracht eng zusammen-
drängt, stellt sich in Wirklichkeit meist als eine lange Reihe von That-
sachen dar, die langsam Zusammenschlüßen. Neber diese alte Erfahrung
wäre wenig zu sagen, wenn man es nicht gleichzeitig versuchte, mit dem
Begriff „Dekorative Kunst" zugleich als etwas Neues und Nachahmens-
werthes eine Ausländerei einzuschleppen, von der wahrlich kein Heil zu
erwarten ist. Unsere Ausstellungen und Kunsthandlungen füllen sich mit
Möbeln und Dekorationsstücken französischer und englischer Herkunft, Tages-
und Wochenschriften preisen sie als Muster modernen, geläuterten Geschmacks
an. Wenn man ihren Berichten folgen wollte, könnte man garnicht schnell
genug von unserer heimischen Tradition loskommen, nm sich auf den neuen
Glauben einzuschwören.
Cs ist hier nicht der (!)rt, sich mit dem wenigen Neuen zu beschäftigen,
das die vom Auslande beeinflußte 'Ausstattungskunst in Wahrheit auf-
zuweisen hat; obwohl man bei einer solchen Untersuchung zu gar merk-
würdigen Resultaten gelangen würde, wie sich denn beispielsweise nach-
weisen ließe, daß ein gut Theil des gepriesenen Stils auf deutsche An-
regungen zurückzuführen ist. Auch wäre es nicht uninteressant, darauf
aufmerksam zu machen, wie kunstgewerbliche Unkenntniß uns Manches als
modern aufzuschwindeln sucht, was jenseits des Rbeins und des Kanals
seit einem Jahrzehnt in das Gebiet der Mode von Gestern übergestedelt ist.
Wir wollen uns im Nachstehenden auf die Flächendekoration be-
schränken und es versuchen, der ausländischen „dekorativen Kunst" die gute
deutsche „Zierkunst" gegenüber zu stellen, Wo cs sich um Flächenschmuck
handelt, begnügt sich der sogenannte moderne Geschmack mit einem ge-
fälligen, aber seinem Wesen nach bedeutungslosen Linien- und Farbenspiel.
Wenn man an dem zierlichen Gerank japanischer Hflanzenmotive seine
Freude hat, so ist das begreiflich, aber man sollte auch den Ursprung
dieser Dekoration nicht vergessen. In den anmuthig gewundenen Zweigen
steckt eine eigenartige Zeichensprache, durch die sich der Japaner mit seinem
Landsmann ohne Worte verständigt und jede Farbenzusammenstellung hat
ihre eigene Bedeutung. Die verständnißlose Herübernahme dieser Linien-
führung ,und koloristik ist ein Armuthszeugniß, das wir uns um so weniger
auszustellen brauchen, als wir eine bewährte redende Zierkunst haben, deren
mir uns wahrlich nicht zu schämen brauchen.
Nicht von einem um jeiner Gefälligkeit willen importirten bedeutungs-
 
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