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mlschr Kunst.

Keiblatt: Has Atelier.
Zllustrirte Zeitschrift fiir das gesammte deutsche Kunstschaffen.
Lentral-Organ deutscher Kunst und Künstler Mereine.
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Uv. 13. 13. April 1898. II. Jahrgang.

Hubert herkomer.

Von Jarno Jessen.


Gilbert Herromsr,
Selbstbildniß.

stvsten Ichgefühls eiustimmen: „Höchstes Glück der Lrdenkinder
ist doch die Persönlichkeit."
Diese Persönlichkeit wurde auch Herkomer für den Lebens-
weg mitgegeben. Blicken wir in sein lebensprühendes Antlitz,
auf feine leichtbewcgliche Gestalt, so redet der Geist unablässiger
Rührigkeit zu uns.

Ja, ein Vergleich seines Gesichtes im Lauf
der letzten Jahre scheint die wunder-
bare Thatsache eines Verjüngungs-
prozesses anzugeben. Lin edles, bär-
tiges, fast leidumflortes Künstlerhaupt
aus dem Jahre 1879 hat sich in eine
glattrasirte, geistreiche Gchauspielerphp-
siognomie umgewandelt. Richt Litel-
keit hat diese Aenderung diktirt. Ls ist
dem Rleister 'ohne Bart bequemer, er-
spart Zeit. Lr ist gewöhnt, dem per-
sönlichen Standpunkt in Allem zu
folgen. Solche Transformationen er-
eignen sich beständig während Her-
komer's Leben, stets neues Schaffen,
neue Interessen, neue Methoden. Lha-
mäleonartig schillert sein Wirken; aber
die Rüancen leuchten bei ihrem rapi-
den Wechsel in satten, tiefen Tönungen.
Ohne Hast, ohne Rast — hat er
über feinen Lebenstempel geschrieben,
und diesem verdanken wir schmackhafte
Früchte voll verschiedenster Aromen.
Ls wäre ungerecht, bei Herkomer's
universaler Bethätigung von Dilet-
tantismus zu reden. In seiner Viel-
heit ist immer viel Ganzzeit. Voll
dankbarer Anerkennung wollen wir
Deutschen den Landsmann Lhren in
der zweiten Heimath ernten sehen.
Roch beweist sein Werk die tief innerliche Antheilnahme an den
Stätten seiner Jugendzeit.
Hier zu Lande hat sich uns Herkomer besonders als Maler
vorgestellt. Die große internationale Kunstausstellung vom
Jahre 1892 zeigte uns eine Reihe seiner bedeutendsten Werke
des Pinsels und der Radirnadel. Ahnungslos stehen
wir jedoch bei diesen Proben seines großen könnens der

ede Individualität ist im keim endgiltig ausgesprochen.
Das Spiel der Umstände schafft nur Umbildungen, keine
Reuanlage. Der Engländer faßt diese Idee in dem Satz
zusammen: „Das Kind ist des Mannes Vater." Cs
wird viel Zeit erspart, wenn ein scharfblickender Erzieher in
richtiger Lrkenntniß leitet. Ueber Hubert Herkomer's Geschick hat
das günstige Gestirn einer verständ-
nißvollen Erziehung geleuchtet. „Mein
Sohn muß Maler werden", erklärte
der wackre Tischler Lorenz Herkomer
in zäher Beharrlichkeit. Lr ließ seinen
Ueberzeugungsmuth von keinem An-
prall des Schicksals beugen. Heute
sind zwei Rationen stolz auf den
Besitz Hubert Herkomer's. Lr hat
in bedeutendem Maße englische Ein-
flüsse asflmilirt, im Kern seines Wesens
ist er Deutscher geblieben. Eingeboren
war seiner Anlage das künstlerische
Temparament. Wenn er den roman-
tischen Ginn, das Zielbewußtsein und
die pflichttreue des Vaters erbte, so
ist ihm von der feingeiftigen, musika-
lischen Mutter das sensible Nerven-
system mitgegeben worden. Jede äst-
hetische Fähigkeit, jedes technische Ge-
schick scheint auf den vielseitigen Künst-
ler, den Praktiker aller Methoden,
konzentrirt. In dem blendenden Uni-
versalismus seiner Anlagen glauben
wir in Herkomer einen der mittelalter-
lichen Meister in voller Glorie wieder-
erstanden. Salvator Rosa's, Leo-
nardo da Vinci's seltsam fesselnde Ge-
stalten tauchen aus dem Dunkel empor.
In der That scheint Mutter Ratur
zuweilen ihre Lieblinge unter den
Staubgeborenen zu wählen. Ls ist,
als ob solchen Wesen keine Anlage vor-
enthalten bliebe. Sie können in der
,Fülle des eigenen Reichthums schwelgen. Sie dürfen mit Göthe,
dem Auserkorensten aller Auserkorenen in das Bekenntniß inten-
 
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