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mischt Kunst.

Kriblatt: Kas Melier.
Zllustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen.
Central-Organ deutscher Kunst und Künstler-Vereine.

Preis vierteljährlich 2.80 Mark.
Postzeitungsliste Nr. U74.

Herausgegeben von
Georg MallwwMp.
Schristleikung und Verwaltung Berlin W.57, Skrinmrhsir. 26.

Alle 14 Tage erscheint eine Nummer.
Inserate: 40 Pfennige für die 4ge-
spaltene Nonpareille-Zeile.

Publikationsorgan des Deutschen Kunstvereins in Berlin, des Schlesischen Kunstvereins in Breslau, des Kunstvereins für das Grosiherzogthum Hessen in Darmstadt, des Anhaltischen Kunst-
vereins in Dessau, des wiirttembergijchen kunstvercins in Stuttgart, des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins in kiel, der Kunstvereine in München, Oldenburg, Mannheim, Nürnberg, Gera,
Altenburg, Llberfeld, Barmen, Bielefeld, Görlitz, Danzig, Königsberg, Stettin u. a.

Uv. 18.

30. Im« 1898.

II. Jahrgang.

Alax Klinger als Aadirer.
Bon Georg Malkowsky.

Das künstlerische Ausdrucksmittel der Radirung drängt den
Künstler zwischen die beiden Pole der Wirklichkeits- und der Ge-
dankendarstellung. Die Leichtigkeit der Stichel- und Radelführung

auf dem Aetzgrund verlangt nach der Augeublicksskizze und
ermöglicht zugleich die Festhaltung jedes flüchtigen Einfalls, jeder
Stimmung. Der Radirer muß wahr sein wie der Niederländer
Rembrandt oder geistvoll wie der Spanier Gopa. Die
Möglichkeit feinster Licht- und Schattenwirkung durch


Max Klinger, Widmung an Arnold Böcklin, aus „Line Liebe."

Abstufung der Tonwerthe läßt die Zeichnung hinter dem
Malerischen zurücktreten.
Mar Klinger nimmt heute unter den deutschen
Radirern unbestritten den ersten Platz ein durch die Ge-
dankenfülle wie durch die vollendete Technik seiner
Schöpfungen. Seiir Werk umfaßt mehr als zweihundert
Blätter. Phantasmen und Theoreme. Träumereien und
Ideenfolgen. Ernst und Scherz in stetem Wechsel. Cs ist
viel an seinen Arbeiten herumgedeutet worden, und wir
würden Anstand nehmen, die Zahl dieser Kommentare
zu vermehren, wenn es sich nicht darum handelte, gerade
jetzt bei dem Erscheinen seiner Serie II ..vom Tode" das
Verständnis für die individuelle Art seines Schaffens
neu anznregen und vorzubereiten. Eine Besprechung des
wunderbaren Werkes behalten wir uns vor.
Klinger gehört zu den Künstlern, in deren Ideen-
gehalt und .stormensprache man sich hineinarbeiten muß.
um zum vollen Genuß zu gelangen. Er hat die Höhen
und Tiefen des Lebens durchmessen. Seine Seele ist
voll von Bildern, die sich zu ^folgen zusammenfügen,
oder in der Vereinzelung wirken wie Traumerscheinungen
und Gedankenblitze. Seine Kunst ist naiv, aber nicht
leicht verständlich, weil sie frei aus einer inneren An-
schauung quillt, die das Weltganze individuell wieder-
spiegelt. Wäre diese Individualität weniger reich, so wäre
ihr leichter beizukommen. Klan hat dem Künstler in
seinen Anfängen das absichtsvolle Haschen nach Ab-
sonderlichkeiten vorgeworfen und ihm dabei unbewußt
das eigene Banausenthum gegenübergestellt, dem nur das
Alltägliche angemessen ist.
Der Malerdichter ist aus der strengen Schule des
Gussowschen Realismus hervorgegangen, den er I87O in
Karlsruhe studirte, um dem Meister 1875 nach Berlin zu
folgen. Wir erinnern uns aus jener Zeit der kleinen
Zeichnung einer Amazone auf sich emporbäumendem Rosse,
von einer Kühnheit der Auffassung, in der sich der spätere
Kentaurenmaler ankündigte, und eines Delgemäldes, das
den Ueberfall eines mit einem Revolver bewaffneten Mannes
 
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