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Deutsche Kunst.

369

Zum optischen Täuschungsmittel darf der Rahmen dabei nie
werden; man muß auch bei seiner Erhöhung über die Bild-
fläche den Satz von Helmholtz bedenken, daß ein Unter-
schied, den unser Auge wahrnehmen kann, größer wirkt als er
in der That ist. Go würde ein Bild durch eine stark nach außen
abgeschrägte Umrahmung aus der Wand herausgedrängt, in
einem nach innen zu aber schräg vertieften Rahmen in die Wand
hineinsinken. Wenn eine solche Umrahmung auch vortheUhaft
sein kann für die Wirkung des Bildes, so hebt sie doch den flächen-
haften Eindruck der Wand auf, der trotz aller Dekoration er-
halten bleiben muß.
Ursprünglich waren die Rahmen, die man schon in den
ältesten Zeiten kannte, textilen Charakters, den sie bis in die
Zeit des romanischen Stils hinein bewahrt haben. Erst in der
Gothik, nach der Erfindung der Oelmalerei durch die Brüder-
van Evck, bildete

über denen kranzhaltende Putti schweben, dargestellt. Auch
naturalistische Gebilde, wie Blumenguirlanden auf dem breiten,
in Silber getriebenen Spiegelrahmen aus derselben Sammlung
sind als Rahmenschmuck in der Barockzeit nicht selten. Eine
Stätte, wo tüchtige Rahmenmeister der Barockzeit ausgebildet
wurden, war Schneeberg in Sachsen. In seiner Weiter-
entwickelung schweift er mehr und mehr aus in einer-
weiten Entfaltung der Formen, die zu einer das Bild er-
drückenden Breite führt. Zugleich mit seiner Ausartung über-
machte sich ein Streben nach größter Einfachheit geltend, denn
neben dem reichsten Rahmen entwickelte sich in den Niederlanden
der schlichteste aus schwarzen Leisten, die im Innern durch eine
schmale Goldleiste geziert sind.
Wenn bisher immer noch die gerade Linie und der vier-
eckige Grundriß vorgeherrscht hatten, sollte das Rokoko ungefähr

sich der plastische
Rahmen ans und
zwar ausgehend
vom architekto-
nisch gegliederten
'Altarrahmenwerk,
das in der Re-
naissance endlich
seine endgiltige
profanation fin-
den sollte in einem
Aufbau, der von
zwei Pilastern,
auf denen ein be-
malter Architrav
lag, flankirt und
von einem dreiecki-
gen Giebel bekrönt
wurde. Als Vor-
bild für solches
Rahmenwerk, das
wie ein Thürrah-
men wirkte, kön-
nen die Umrah-
mungen der Terra-
cotten und Majo-
liken der Rob-
bia's und ve-
rocchio's gelten.
Der italienische
Hausaltar aus der
Sammlung Hirth


Geschnitzter Holzrahmen mit Herkulessage und Amoretten. ^7. Jahrhundert.

ist solch ein Stück in der Art der Robbia und stammt als eine
hervorragende Arbeit aus dem Ouatrocento.
Eine feinere und zweckmäßigere Gestaltung fand es erst durch
Meister des Barockstils wie Borromini, Alexander Lolin
und Wendel Dieterlin (1514—1599), die den architektonischen
Aufbau und das stabile Wesen aufgaben und namentlich die
Kartusche auch als Umrahmung von Gemälden ausbildeten und
pflegten. Reben ihr ist aber noch der gesetzmäßigere farbige
Rahmen in Gebrauch. Er findet sich zuerst bei den Italiern
als weißer oder schwarzer, reich mit Ornamenten, Schreiber-
zügen und Rosetten bemalter Rahmen und geht von da
aus nach Frankreich und Deutschland über. Ramentlich
Wilhelm Schreckenfuchs in Sachsen führt unter Kurfürst
August die italienische Rahmenbildung in seinem Rahmenwerk
um das Altarbild Lucas kranach des Jüngeren in der Augustus--
bürg in schöner Weise durch. Ein prächtiger Barockrahmen aus
der Sammlung Hirth, in üppigster Weise geschnitzt und ver-
goldet, weist oben eine Kartusche auf, zu deren Setten Amoretten
liegen, die Gommer und Herbst darstellen. Unten ruhen auf
Waffentrophäen zwei von einer Amorette gehaltene Schilde;
an den Seitentheilen schlingt sich über Fruchtfestons ein Akanthus-
rankenwerk empor; zwischen beiden sind Thaten des Herkules,

im Sinne der Kartusche auch in der Rahmeubildung etwas
durchaus Neues schaffen. Cs durchbricht das gradlinige Rahmen-
werk, rundet die Ecken und zieht den ovalen oder kreisförmigen
Grundriß vor. An Stelle feierlicher, monumentaler Wirkung
tritt eine feine, zierliche Ausarbeitung mit pflanzenartigen, flüssig
bewegten, lebendigen Formen, die mit weniger Arroganz auf-
treten als die des Barock und gefälliger sind als die ernsten der
Renaissance. Zwei Gegenstände verbindet das Rokoko zu einem
reizvollen Ganzen, etwas, was der Mensch aus sich heraus ge-
schaffen hat, in der Folie und Formen der Natur in köstlichstem
Blumenwerk und Muschelgebilden. Der vielfach durchbrochene
und mit Spiegeln durchsetzte Holzrahmen zu einem Spiegel aus
der Kollektion Hirth, eine sehr schöne Arbeit des XVIII. Jahr-
hunderts, veranschaulicht das gefällige Wesen des Rokokorahmens
in einer eigenartigen leichten Form. Bedeutende Meister in
dieser Zeit sind die Modelleure August III. von Sachsen,
Mathäus Kugler (1692—1752) und Joseph Deibel (1716
bis 1795), die zugleich da Prinzip vertraten, den Rahmen durch
die Wahl seines plastischen Schmuckes für ein ganz bestimmtes
Bild zu schaffen und nicht für jedes beliebige gleichen Formates.
Die Dresdener Galerie enthält von beiden Künstlern entzückende
sinnige Arbeiten wie den Maiblumenrahmen um eine Madonna
 
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