Nnd noch für etwas andres bedeutet der moderne Krieg eine „Auslese":
für die Einrichtungen. Die Zeit der Not macht offenbar, was schlecht oder
falsch organisiert ist. Die Werturteile und Grundsätze, auf denen die Ein»
richtungen beruhn, müssen ihre Richtigkeit an der Erfahrung in schwerster
Zeit bewähren. Bei der Art des gegenwärtigen Krieges gilt das besonders
für die Wirtschaftsformen.
Unsre Wirtschaftsform ist die kapitalistische. Der Endzweck, der alle ihre
Werturteile bestimmt, ist das Kapital. Die Einrichtungen gelten für die
besten, die eine möglichst hohe Kapitalmenge beschaffen. Das innerste Wesen
des Kapitalismus und seine letzte Ursache ist durch den Grundsatz bezeichnet:
Gigne dir soviel Güter an, wie du magst, ohne andre Schranken als dein
Mögen und Können. Das ist der Grundsatz der natürlichen Selbstsucht.
Darum ist der Kapitalismus auch durchaus die „natürliche" Wirtschafts-
form, die des tzamsters und des Löwen sowohl wie die des Menschen. Der
Kapitalismus der Geldwirtschaft unterscheidet sich davon nur durch die
besonderen Möglichkeiten, die durch das Geld gegeben sind. In der Ge-
schichte der menschlichen Wirtschaft nun finden wir zwei Entwicklungsreihen
der Vervollkommnung des Kapitalismus, eine technische und eine soziale.
Die technische knüpft sich an den wechselnden Stoff des Kapitals: Vieh«
herden, Grundbesitz, Sklaven, Metalle, Wertpapiere. Die soziale wird im
wesentlichen durch drei Stufen gekennzeichnet: willkürliche, rücksichtslose
Aneignung; Fortschritt zur mehr oder weniger allgemeinen rechtlichen
Regelung der Aneignung; Durchführung eines gleichen wirtschaftlichen
Rechtes für alle als praktische Folge der Lehre von der Gleichwertigkeit
aller Menschen. Das gleiche Recht ist gewissermaßen die Höchste Organisation
der Selbstsucht, sein Zweck ist das erträgliche Zusammenleben der Menschen
zum größtmöglichen Nutzen jedes einzelnen.
Neben und in der natürlichen Entwicklung des Rechts geht in der
menschlichen Geschichte eine zweite einher: die der Sittlichkeit. Neben
dem Rechtsbewußtsein leuchtet immer heller das Pflichtbewußtsein auf.
So sehr in der Wirklichkeit gesetzliches Recht und sittliche Pflicht durch-
einandergehn und sich gegenseitig beeinflussen, ihrem Wesen nach sind
beide doch scharf geschieden. Das Recht sagt: du darfst, die Sittlichkeit:
du sollst. Ienes grenzt deinem natürlichen Tätigkeitsdrang sein Gebiet
ab, damit du dem andern nicht ins Gehege kommst, ihn und dadurch, infolge
der verwickelten Zusammenhänge des sozialen Lebens, auch dich selbst nicht
schädigst. Die Pflicht aber leitet dein tzandeln in bestimmte Richtungen
sittlicher Art. Beispiele: Du hast durchaus das Recht, träge zu sein, aber
die sittliche Pflicht, dich zu vervollkommnen, gleichviel, ob dir das angenehm
ist oder nicht. Du hast das Recht, dem Ertrinken eines Menschen in Ge»
mütsruhe zuzuschaun, aber die Pflicht, ihm zu helfen.
Ie mehr sich nun das sittliche Bewußtsein in der Menschheit zur Klar--
heit und Geltung durchringt, um so mehr sucht es auch im Leben des
Staates Einfluß zu gewinnen, ja schließlich das Staatsleben überhaupt zu
seinem Ausdruck zu machen. Das sittliche Verantwortungsgefühl des ein-
zelnen verträgt es nicht mehr, nur für die eigne Person sittlich zu sein,
die staatliche Organisation aber allein auf der Grundlage des „äußerlichen"
Rechtes beruhn zu lassen. Es will dieses Recht „verinnerlichen^, mit
»positivem Inhalt" füllen, das heißt: versittlichen. Damit aber wird eine
Wandlung im Wesen des Staates vollzogen: er wird aus einer Rechts»
gemeinschaft zu einer Erziehungsgemeinschaft. Lr grenzt nicht mehr nur
für die Einrichtungen. Die Zeit der Not macht offenbar, was schlecht oder
falsch organisiert ist. Die Werturteile und Grundsätze, auf denen die Ein»
richtungen beruhn, müssen ihre Richtigkeit an der Erfahrung in schwerster
Zeit bewähren. Bei der Art des gegenwärtigen Krieges gilt das besonders
für die Wirtschaftsformen.
Unsre Wirtschaftsform ist die kapitalistische. Der Endzweck, der alle ihre
Werturteile bestimmt, ist das Kapital. Die Einrichtungen gelten für die
besten, die eine möglichst hohe Kapitalmenge beschaffen. Das innerste Wesen
des Kapitalismus und seine letzte Ursache ist durch den Grundsatz bezeichnet:
Gigne dir soviel Güter an, wie du magst, ohne andre Schranken als dein
Mögen und Können. Das ist der Grundsatz der natürlichen Selbstsucht.
Darum ist der Kapitalismus auch durchaus die „natürliche" Wirtschafts-
form, die des tzamsters und des Löwen sowohl wie die des Menschen. Der
Kapitalismus der Geldwirtschaft unterscheidet sich davon nur durch die
besonderen Möglichkeiten, die durch das Geld gegeben sind. In der Ge-
schichte der menschlichen Wirtschaft nun finden wir zwei Entwicklungsreihen
der Vervollkommnung des Kapitalismus, eine technische und eine soziale.
Die technische knüpft sich an den wechselnden Stoff des Kapitals: Vieh«
herden, Grundbesitz, Sklaven, Metalle, Wertpapiere. Die soziale wird im
wesentlichen durch drei Stufen gekennzeichnet: willkürliche, rücksichtslose
Aneignung; Fortschritt zur mehr oder weniger allgemeinen rechtlichen
Regelung der Aneignung; Durchführung eines gleichen wirtschaftlichen
Rechtes für alle als praktische Folge der Lehre von der Gleichwertigkeit
aller Menschen. Das gleiche Recht ist gewissermaßen die Höchste Organisation
der Selbstsucht, sein Zweck ist das erträgliche Zusammenleben der Menschen
zum größtmöglichen Nutzen jedes einzelnen.
Neben und in der natürlichen Entwicklung des Rechts geht in der
menschlichen Geschichte eine zweite einher: die der Sittlichkeit. Neben
dem Rechtsbewußtsein leuchtet immer heller das Pflichtbewußtsein auf.
So sehr in der Wirklichkeit gesetzliches Recht und sittliche Pflicht durch-
einandergehn und sich gegenseitig beeinflussen, ihrem Wesen nach sind
beide doch scharf geschieden. Das Recht sagt: du darfst, die Sittlichkeit:
du sollst. Ienes grenzt deinem natürlichen Tätigkeitsdrang sein Gebiet
ab, damit du dem andern nicht ins Gehege kommst, ihn und dadurch, infolge
der verwickelten Zusammenhänge des sozialen Lebens, auch dich selbst nicht
schädigst. Die Pflicht aber leitet dein tzandeln in bestimmte Richtungen
sittlicher Art. Beispiele: Du hast durchaus das Recht, träge zu sein, aber
die sittliche Pflicht, dich zu vervollkommnen, gleichviel, ob dir das angenehm
ist oder nicht. Du hast das Recht, dem Ertrinken eines Menschen in Ge»
mütsruhe zuzuschaun, aber die Pflicht, ihm zu helfen.
Ie mehr sich nun das sittliche Bewußtsein in der Menschheit zur Klar--
heit und Geltung durchringt, um so mehr sucht es auch im Leben des
Staates Einfluß zu gewinnen, ja schließlich das Staatsleben überhaupt zu
seinem Ausdruck zu machen. Das sittliche Verantwortungsgefühl des ein-
zelnen verträgt es nicht mehr, nur für die eigne Person sittlich zu sein,
die staatliche Organisation aber allein auf der Grundlage des „äußerlichen"
Rechtes beruhn zu lassen. Es will dieses Recht „verinnerlichen^, mit
»positivem Inhalt" füllen, das heißt: versittlichen. Damit aber wird eine
Wandlung im Wesen des Staates vollzogen: er wird aus einer Rechts»
gemeinschaft zu einer Erziehungsgemeinschaft. Lr grenzt nicht mehr nur