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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1915)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0055

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Leistung. Wenn schon der Krieg an und aus ihm die unbedenkliche Wi-

und für sich überall uns auf uns derstandskraft einer duldsamen

selbst zurückwirft, so zwingt uns der und gerechten, aber fest in sich

Krieg des Geistes und der Federn selbst verankerten und rein aus sich

doppelt und dreifach, in die Tiefe selbst entfalteten deutschen Art her»

unsres eigenen Wesens zu tauchen vorzubilden. Ernst Troeltsch

Unsre Bilder und Noten

^^-^ernhard Winters „Sprung auf — marsch, marsch!" hat den Maler
^M-Hmit einem Male zum Liebling von vielen gemacht, die sich über unsre
^^alte Propaganda für ihn bisher gewundert haben. Man kommt mit
der Zeit doch wohl dazu, das tief Innerliche dieser herben Kunst zu sehn,
statt daß man sie nach äußerlichen Kunstmode-Werten beurteilt. Herb
vor allem ist auch wieder seine „Saat zur Kriegszeit". Herb wie diese
Frauengestalt da, die nach der Seele wie nach dem Leib vor allem einmal
durch und durch norddeutsch ist. Der Mann ist draußen, nun sät sie.
Es ist nicht die Spur von Empfindsamkeit in dieser ernsten Gestalt und in
diesem ernsten Bild, nicht die Spur auch von Süßigkeit oder von Schön-
macherei. Wie wenig hübsch das sorgengewöhnte Gesicht, und in seiner
Verschlossenheit wie seelisch schön! Ergreifend in ihrer Echtheit sogar
die Kleidung. Vielleicht entschließt man sich doch so nach und nach dazu,
Bernhard Winter zu „entdecken" ? Oder müssen wir vorher noch all die
Bilder-Poseure „überwinden", die jetzt von den Kopfleisten bis zu den
Mauerschmücken den Bescheidenen am Geist vorschauspielen?

Nun zu dem Blatt vor dem tzeft. Mit dem schönen Drucke nach dem
„Lotsenboote" aus Carlos Grethes Nachlaß haben es unsre Anstalten
insofern leichter gehabt, als hier die Technik des Originals und der Wieder»
gabe aufs nächste miteinander verwandt sind. Ein Steindruck war
die Vorlage, ein steindruckartiges Verfahren zeigt unser Blatt, der Größen-
unterschied zwischen beiden war auch nicht gar zu beträchtlich, und so waren
alle Aussichten für vollkommene Wiedergabe da. Das Blatt sollte wie
ein Original wirken, und das tut es auch. Uns erweckt es die Klage um
den vortrefflichen Künstler. Welche Stimmungsgröße in diesem Werk!
Welche Meisterschaft der flächigen Komposition! Welche kühne, aber ihrer
selbst vollkommen sichere und dadurch vollkommen glückliche Stilisierung
auch der Farbe! Wie der helle Streif schäumigen Wassers darin liegt!
Auch hier sieht man erst bei einigem Abstande recht, wie viele und wie
feine Töne mit dem kräftigen Braun und dem leisen Grün zusammen-
spielen, um dieser Einfachheit den Reichtum zu geben. Die seit andert-
halb Iahrzehnten wiedererstandene deutsche Lithographie hat noch sehr
wenige Gaben von solcher Schönheit erzeugt. tzier ist gerade das Gegen-
teil von der üblichen Aufdringlichkeit: jeder Wert ist da, aber jeder hält
sich in vollkommener Vornehmheit zurück. Erst dem erschließt er sich,
der ihn suchen kann, dem aber gibt er sich dann als Fülle.

Iulius Plischke, der feine „neue" Schattenrißkünstler, der jetzt
verwundet im Reiche war, hat seine Kriegsmuße zu der Schattenrißkompo-
sition eines heiligen Michael benutzt, die wir als Kopfleiste verkleinert
haben. Aber die Verkleinerung hat hier doch wohl verkleinlicht. Wir
hoffen, die Komposition den Lesern bei andrer Gelegenheit größer vorlegen

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