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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1915)
DOI Artikel:
Hashagen, Justus: Bücher der Zeit, 7: Bücher über Geschichte der allgemeinen und der deutschen Auslandspolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0128

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Bücher der Zeit 7

Bücher über Geschichte der aügemeinen und der deutschen Auslandspolitik

^^-^ölker mit langer weltpolitischer Entwicklung verfügen natürlich auch
Hschon seit langem über eine ernsthafte geschichtliche Literatur über
äußere Politik. Das älteste weltpolitische Volk sind die Engländer.
Nun gelten zwar die Engländer mit Recht als Chinesen, als Inselvolk, das
über sich selbst nicht weit hinauszublicken vermag und über die Fremden
in frommer Anwissenheit lebt. Gerade während des Krieges leisten Lng-
lands öffentliche Meinung, Presse, Publizistik usw. auch in der Anwissen-
heit das Menschenmögliche. Trotzdem zehren die Engländer aber auch
in gutem Sinne von ihrer langen weltpolitischen Aberlieferung. Ein
Volk, das seit dem Ausgange des Mittelalters Weltpolitik getrieben
hat, entwickelt für alle Fragen der internationalen Politik und ihrer Ge-
schichte natürlich seit langem ein höheres Interesse als zum Beispiel das
deutsche Volk, das erst seit etwa zwanzig Iahren mit Weltpolitik beschäftigt
ist, dessen ältere Weltpolitik aber, die Weltpolitik des Mittelalters, zeitlich
etwa da aufhört, wo die englische anfängt. So ist es schwerlich ein Zu-
fall, daß eins der besten Bücher über Geschichte der internationalen Aus-
landspolitik aus England stammt. Warum man dies treffliche Werk noch
nicht ins Deutsche übersetzt hat, ist unverständlich. Ich meine den zwölften
Band der in Eambridge herausgegebenen neueren Geschichte („Cambridge
Modern History"), im Amfange von etwa tausend Seiten im Iahre
W0 erschienen und betitelt: Das letzte Zeitalter (The Latest Age), ge-
schrieben von verschiedenen Verfassern. Der Abschnitt über Deutschland
stammt von Hermann Oncken, wie denn auch sonst sachverständige Aus-
länder herangezogen sind. Eine besondere Zierde dieses Werkes ist ein Höchst
ausführliches, sich über die ganze Welt erstreckendes Bücherverzeichnis,
das in Deutschland sowohl für die deutsche wie für die allgemeine Aus-
landspolitik in dieser Ausdehnung noch schmerzlich vermißt wird. Auch
sonst stößt man, wo man sich bei uns mit Broschüren, Zeitschriftenaufsätzen,
Leitartikeln, Skizzen begnügt, in der englischen Literatur auf dicke Bücher
über Geschichte der allgemeinen Auslandspolitik. Zwar sind sie fast alle
tendenziös englisch. Aber der Krieg hat uns hoffentlich schon jetzt be-
fähigt, das gefährliche Gift aus dieser englischen zeitgeschichtlichen Lite-
ratur selbst auszuscheiden. Auch die Franzosen machen in der allgemeinen
Literatur zur Geschichte der auswärtigen Politik keine schlechte Figur.

In Deutschland sind erst in den letzten Iahren einige wenige Bücher
erschienen, die sich mit Erfolg bemühen, die Lücken unserer zeitgeschicht-
lichen Literatur auszufüllen. Dazu gehört als gutes Nachschlagebuch über
allgemeine Auslandspolitik: Gottlob Egelhaafs „Geschichte der neue-
sten Zeit vom Frankfurter Frieden bis zur Gegenwart", 5. Aufl.
Egelhaaf behandelt wirklich internationale Geschichte und nicht nur Ge-
schichte der äußeren Politik der Großmächte. Mehr feuilletonistischen
Charakter trägt das (9(3 in dritter Auflage erschienene Werk
von Albrecht Wirth: „Weltgeschichte der Gegenwart". Wie schon
der Titel andeutet, wird der Verfasser nur über die eigentlich weltpolitische
Periode seit (895 ausführlicher. Vor . Egelhaaf besitzt Wirth den einen
Vorzug, daß er auf Belege nicht ganz verzichtet. Kleiner an Amfang
und doch in vieler Hinsicht tiefer ist die kurz vor dem Kriege erschienene,
höchst anregende Studie des Schweden Rudolf Kjellen (gesprochen:

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