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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1915)
DOI Artikel:
Düsel, Friedrich: Ernst Hardt und sein "König Salomon"
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Schrift unsrer Feinde?
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0083

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gewaltige König im tzandurndrehen mit den Schachern und Sündern aus
seines Vaters Zeiten aufräumt, wie wenn er, gramgesalbter Weisheit voll,
-as berühmte Urteil über die beiden um ein Kind streitenden Mütter
fällt — ein angehefteter Klunker, der das Kleid nur noch schäbiger macht.

Denn wie in den früheren Dramen tzardts, so ist auch hier das Ver*
stimmendste die Verwässerung und Verniedlichung, die sich der ursprüng-
liche Stoff von ihm gefallen lassen muß. Nie packt er seinen innersten
Nerv, nie aber weiß er auch mit einigermaßen ebenbürtiger Schöpferkraft
an die Stelle des naiven, für uns vielleicht allzu klaren und einfachen
Sinnes eine aus dem modernen Gefühl, der gegenwartsicheren Weltan-
schauung geborene neue zeugungskräftige Idee zu setzen, wie es, in ver-
wandten Dichtungen, tzebbel in der „Agnes Bernauer«, Grillparzer in
der «Iüdin von Loledo" getan hat. Alles, was ihm gelingt, ist eine Auf-
schwellung, eine äußerliche Aufputzung, eine Versentimentalisierung des
Stoffes. Dieses künstlerische, besser unkünstlerische Schmarotzertum, das
dem Stamme nur Kraft wegfrißt, muß heute, wo all unsre Sehnsucht nach
dem erlösenden Ausdruck für das aufwärts drängende tzochgefühl unsrer Zeit
ruft, doppelt beschämend wirken. <Ls gibt nichts in diesem Werk, nichts in
diesem Dichter, das verdiente an den neuen Ufern zu landen, zu denen
Ler dämmernde Tag eines neuen Willens uns lockt. Friedrich Düsel

Schrist «nfter Feinde?

^^.or mir liegt ein Aufruf „An die Deuffchen^, unterzeichnet ^Deutscher
(Schriftbund^. Weg mit der ^lateinischen^ Schrift, denn: „sie ist
die Schrift unserer Feinde^. ^Anserer Feinde" — das ist auch im
Aufruf-Druck gesperrt: darauf kommt es an, daß sie die Schrift unserer
Feinde ist. Es ist „Ehrensache und Gewissenssache, nicht mehr die
Schrift unserer Feinde zu gebrauchen, sondern auch in der Schrift unser
Deutschtum hervorzukehren/ Ehrensache und Gewissenssache l „Wir sind
nicht Diener des Auslandes.^ Äberall sollen die lateinischen Buchstaben
weg, aus tzand« und Schreibmaschinen- und Druckschriften, aus Schildern
und aus Auffchriften: „Deutschem Worte deuffche Schriftl^ And schon
liegen nach diesem Aufrufe eine Anzahl weiterer Kundgebungen vor, in
denen Verwender lateinischer Schrift sozusagen „gebrandmarkt^ werden.
Man macht „mit Entrüstung^ auf solche ^Vergehen gegen den deutschen
Geist" aufmerksam, denn man ist ^unsern Streitern das schuldig". Auch
aufs Reichstagsgebäude soll das ^Dem deuffchen Volke^ auf keinen Fall
in „lateinischer Schrift«, denn das würde eine „Verletzung unsrer natio-
ualen Lhre^ sein.

Unser Blatt ist seit Iahrzehnten dafür eingetreten, daß man nicht ohne
Grund sogenannte ^lateinische^ Buchstaben zwischen ^deuffchem^ Satz
brauche, und irre ich nicht, so ist der Kunstwart auch die erste deutsche Zeit-
schrift gewesen, die sogar französischen und englischen Text mit deutschen
Buchstaben gesetzt hat. Aber ach, ich für mein Teil war mir einer pa-
triotischen tzandlung dabei gar nicht bewußt: wir taten's einfach, um
Lu versuchen, ob man sich dran gewöhnen könne, denn dann würde ein
ruhigerer und dadurch schönerer Satz gewonnen, auch eine Ersparnis an
Arbeit und dadurch an Kosten. Daß man „lateinische" Buchstaben unbe-
dingt und überall vermeiden müsse, und zwar von Lhre und Ge-
 
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