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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1915)
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Stapel, Wilhelm: Die Polenfrage
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0090

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Sffentlichkeit. Wenn die Polen uns entfremdet sind, so auch deshalb, weil
wir uns nicht genügend um sie gekümmert haben. Was wissen wir
denn durchschnittlich von polnischem Geist und polnischer Kultur! Eine
Angleichung und ein Ausgleich polnischer und deutscher Interessen
erfordert aber notwendig eine gewisse geistige Verbindung der Völker.
Eine Voraussetzung ist, daß Deutschlands Gebildete haufiger polnisch
lernen. Gleichgültigkeit würde hier wie überall wie Abstoßung wirken. sm^

Wilhelm Stapel

Vom tzeute fürs Morgen

Die Tapferkek der Daheim-
gebliebenen

lut hat keinen Mitbewerber. Es
ist geschmacklos, Dinge in Wert-
vergleichung zu stellen, deren gemein»
sames Maß wohl vorhanden aber
nicht nachweisbar ist. Das soll hier
nicht geschehen. Aber noch geschmack--
loser und schlimmer ware es ofsen-
bar, sich durch die Rnvergleichbar-
keit der Kriegsleistung von aller
eigenen Leistung entbunden zu füh--
len. Liege, was wir leisten können,
selbst nur zu tiefst im Innern, ohne
daß wir je Gelegenheit erhalten, es
sichtbar in die Welt der Taten und
Bewegungen herausstellen zu kön-
nen, — auch da gibt es Leistungen,
die verlangt werden und verwirklicht
werden müssen, wenn schon in Be-
scheidung, Leistungen, die in Ge-
müts« und Willens-Wandlungen
und «Reinigungen bestehen, die den
Bährboden jener Kriegstaten bilden,
ihren Wert vertiefen, ihre Erfolge
verstärken und sicherstellen und in
ihrer bescheidenen Art dennoch eben
auch not sind.

Erwägen wir Wesen und Wirken
der Kriegstapferkeit.

Annehmen und ehren werden wir
jede tapfere Tat draußen, woher sie
auch stamme, oder wie sie zustande
gekommen sei, — schon weil uns je-
des Mittel fehlt, ihren Beweggrund
festzustellen. Sie ist vielleicht aus
einem zufälligen Reiz entstanden,
ja geradezu aus Unvermögen, einer

übermächtig werdenden Aufregung
zu widerstehen, — wir wissen es
nicht: wir ehren die Tat. Aber wenn
wir uns nach der Gesinnung fra«
gen, um deretwillen wir die Tat
ehren, und die wir hinter ihr vor-
stellen, die wir als Quelle neuer
Taten voraussetzen und wünschen,
so ist es gerade umgekehrt die Fähig-
keit, Aufregungen nicht nachzu-
geben, sondern sie in sich zu meistern.
Oder genauer: die Fähigkeit, ein klar
erkanntes Ziel so stark in den Willen
zu fassen, daß alle Erregung von
selbst sich in die Richtung dieses
Zieles einstellt.

Dies beides sind für uns Merk-
male aller echten Tapferkeit: die
Fähigkeit, Erregungen in sich zu
überwinden, und die Fähigkeit, ste
einem als gut erkannten und die
Seele füllenden Ziel zu unterwer-
fen. Diese Tapferkeit der Gesin-
nung ist die alleinige Ouelle aller
derjenigen kriegerischen Tüchtigkeit,
aus die man zählen, mit der man
rechnen, im Vertrauen auf die man
große Werke planen und vollbrin-
gen kann. Sie zu pflanzen und
zu pflegen, ist das einzige Haupt-
ziel aller Erziehung. Denn wenn
diese Tapferkeit des Innern in der
Notzeit heraustritt, um das Land
zu erhalten, so kann sie das nur, weil
und wenn sie nicht erst im Kriege,
sondern schon im Frieden der Bo»
den aller bürgerlichen Tüchtigkeit ist.

And nicht nur der ^bürgerlichen".
Es gibt vielmehr keine Tugend, so

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