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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,1.1915

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Heft 5 (1. Dezemberheft 1915)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14291#0241

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Lin Pole ansieht. Der galizische
Landesausschuß hat Dr. v. Rac«
zynski hingesandt, und dieser hat
darüber berichtet. Der Reichsrats«
abgeordnete Zenker berichtet seiner-
seits in der „Wage" davon. „Wer
die Durchführungsverordnung liest,
der wird es nicht für möglich hal-
ten, daß sie mitten im Kriege und
sozusagen unter dem Donner der Ge«
schütze geschrieben ist. Man wird
mir aufs Wort glauben, daß ich für
Verordnungen wenig übrig habe.
Diese Verordnung zu lesen, ist aber
wahrhaftig ein Vergnügen, weil aus
ihr der Geist einer Verwaltung
spricht, die, selbst vom tiefsten Pflicht«
gefühl durchdrungen, auch mit dem
Pflichtgefühl der Staatsbürger rech«
net und mit diesen Bürgern sowie
mit den untergeordneten Organen
wie mit ernsten, mündigen Men»
schen redet." Dann werden Einzel-
heiten angeführt. Eine, von der der
Verfasser sagt, daß er sie sich ausge-
schnitten unter Glas und Rahmen
gesteckt habe. „Anzuständige Be-
hörden haben die bei ihnen ein-
gehenden Anträge unverzüglich der
zuständigen Behörde zur Bearbei-
tung zu übersenden." Line der-
artige Bestimmung kenne er in
Österreich — nur von der Exekutions-
ordnung. „Einer der glänzendsten
Beweise für die deutsche Organisa-
tionsgabe sind die Vordrucke für die
Schadenanmeldung, Ersatzanträge,
Bestätigungen usw., die der Ver-
ordnung angefügt sind. Es gibt
keine Möglichkeit des praktischen
Lebens in Stadt und Land, tzand-
werk, Industrie, Landwirtschaft oder
freien Berufen, die diese preußi-
schen Bureaukraten nicht vorgesehen
hätten." Sogar ohne Antrag des
Geschädigten kann eine Vorentschä-
digung gewährt werden. „Nur noch
eine ganz kurze Bestimmung muß
ich wörtlich anführen: »Auf eine tun-
lichst umfangreiche Inanspruchnahme
der Kriegskreditbank ist hinzuwir-

ken«". „Wenn die deutschen Krie-
ger heimkehren, werden sie Ostpreu-
ßen nicht mehr als ein verwüstetes
Land, sondern als die blühende,
lachende tzeimat, bedacht von allen
Segnungen des Friedens, wieder-
finden. Das ist das große Wun-
der und zugleich seine Erklärung."
„Es ist wahr, der Deutsche ist als
Krieger fürchterlich . . . Aber auch
der Krieg der Deutschen ist das Werk
nicht bloß einer hohen technischen,
sondern weit mehr noch einer hohen
sittlichen Kultur." „Der deut-
sche Geist und nichts sonst vermochte
einen derartigen Sieg davonzutra-
gen — der deutsche Geist ist das
Wunder und zugleich seine Erklä-
rung."

Und nun, was wir besonders ver-
merken wollen, den Zenkerschen Auf-
satz legt die Zeitschrift „Polen"
ihren Lesern vor, die „Wochenschrift
für polnische Interessen"! ^

VaterlLndische Fasten

as die Menschen sonst für den
tzimmel taten, sollen sie nun
für ihr Vaterland tun. Die Ver-
ordnung der „fleischlosen Tage" hat
sicherlich eine tiefe symbolische Be-
deutung für unsre Zeit. Künftigen
Iahrhunderten wird sie aus der
Masse der Paragraphen, die der
Krieg uns brachte, neben der Ord-
nung des Getreide- und Mehlver-
brauchs am kräftigsten und deut-
lichsten hervortreten. Man wird
sagen: Damals, als unsre Väter
für Deutschland Fasten hielten —

Rein auf das Praktische hin an-
gesehn, hat die Verordnung einen
zwiespältigen Charakter: sie ist teils
Verbot, teils Wunsch, teils gesetz-
licher, teils bloß moralischer Zwang.
Als Gesetz wirkt sie für alle die
Stätten, wohin der Arm des Staa-
tes reichen kann, für die Läden und
Gasthäuser, als sittliche Forderung
für die Familie. Man wird sich
keiner Täuschung darüber hingeben,

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