Preise, auch ohne spekulative Ursachen, ein, der nur zum Teil durch er-
höhte Herstellungskosten berechtigt war. Unter allen möglichen Vorwänden
wurden die Preise aufgeschlagen, oft einfach deshalb, „weil alles teurer
wird".* * Wo sie „mit Grund" erhöht wurden, kamen oft nur die Gründe
der tzersteller und Verkäufer, selten auch die Gegengründe der Verbraucher
in Betracht. Mitte Iuli waren die Gemüsepreise in Berlin im Durchschnitt
mehr als doppelt so teuer als in derselben Zeit des Iahres vorher. (Salat
(2 bis 20 Pfg. der Kopf gegen 5 bis 8 Pfg., Rotkohl ^5 Pf. gegen (5 bis
20 Pfg., Gurken 20 bis H0 gegen (0 bis (5 Pfg. usw.). Das Angebot war
dabei keineswegs geringer als früher. Der Landwirt erhielt für seine
Schweine Preise, die über die tatsächliche Verteuerung der Kosten für dre
Aufzucht Hinausgingen. Aber nicht nur gegen die einzelnen, auch gegen
den Staat richtete sich das Preistreiben. Man nutzte die geschäftliche Un-
kenntnis oder die Zwangslage der Behörden ohne Bedenken aus, um große
Gewinne zu machen, das heißt, um sich auf Kosten der Steuerzahler zu
bereichern.** Der Erfolg all dieses kapitalistischen Getriebes war teilweise
Anhäufung von Reichtum, teilweise Vergrößerung des Mangels. Die
Kluft zwischen der Aberfülle der Besitzenden und dem Mangel der Mcht-
besitzenden wurde erweitert, trotz der Erhöhung der Löhne, der Teuerungs-
zulagen hier und da.*** Bei rein kapitalistischer Wirtschaft bedeutet ja im
„geschlossenen tzandelsstaat" der tzandel eine Bereicherung der wirtschaft-
lich Stärkeren auf Kosten der Schwächeren.
Das alles geschah, obwohl gewaltige antikapitalistische Maßregeln an-
gesetzt und durchgeführt wurden! Diese Maßregeln, die der wirtschaft-
lichen Selbstsucht die wirtschaftliche Pflicht entgegensetzten, bestehn aus
drei Gruppen, nämlich (dem Wesen, nicht der zeitlichen Reihenfolge
nach): Wucherverordnungen, tzöchstpreise, Verbrauchsregelung. Die Wu»
cherverordnungen wollen durch Furcht vor Strafe und Verlust den Ver«
stellte es sich heraus, daß ein Friedrichshafener Anternehmen ein Lager von
noch 220 000 Litern hatte, für die es nun die Lrlaubnis zu Ausnahmepreisen
nachsuchte.
* Selbst die Holunderbeeren stiegen im Preise, obgleich sie allerorten wild
wachsen und jedes Kind sie in beliebigen Mengen sammeln kann.
** Wie's gemacht wurde, brachte ein Berliner Beleidigungsprozeß bom
3. August ans Licht. Lornister, für welche die Handwerker 20 Mark das Stück
erhalten hatten, kauste tzerr Karfunkelstein, der niemals Sattler war, von
einem Agenten für 39 Mark das Stück und verkaufte sie der Armeeverwaltung
für H8 Mark. Da es sich um ^0 000 Stück handelte, brachte ihm die „Arbeit"
90 000 Mark in einem Tag ein.
*** Einige Beispiele für das Anschwellen der Dividenden gaben wir im ersten
Iuliheft des vorigen Iahrgangs. Eine ziemlich lange Liste stellte Lippel im
August in der „Kreuzzeitung" zusammen. Für die Abnahme der Kaufkraft
des Geldes diene als Beispiel eine Berechnung Calwers auf Grund der Nah-
rungsmittelpreise in 200 Orten: danach brauchte eine Familie, die vor dem
Krieg 25,l2 Mark für Rahrungsmittel ausgab, für dieselbe Menge im Mai W5
bereits 36,V Mark. Sehr lehrreich ist auch eine Haushaltsberechnung in der
Mai-Iuni-Nummer der „Monatl. Mitteilungen des tzamburger Volksheims",
die einen genauen Ginblick in die Lebensführung eines Arbeiters ermöglicht.
Eine Familie, die im April für Lebensmittel täglich 50 Pfg. auf den
Kopf verbrauchte, mußte im April l9l5 dafür 92 Pfg. aufwenden.
höhte Herstellungskosten berechtigt war. Unter allen möglichen Vorwänden
wurden die Preise aufgeschlagen, oft einfach deshalb, „weil alles teurer
wird".* * Wo sie „mit Grund" erhöht wurden, kamen oft nur die Gründe
der tzersteller und Verkäufer, selten auch die Gegengründe der Verbraucher
in Betracht. Mitte Iuli waren die Gemüsepreise in Berlin im Durchschnitt
mehr als doppelt so teuer als in derselben Zeit des Iahres vorher. (Salat
(2 bis 20 Pfg. der Kopf gegen 5 bis 8 Pfg., Rotkohl ^5 Pf. gegen (5 bis
20 Pfg., Gurken 20 bis H0 gegen (0 bis (5 Pfg. usw.). Das Angebot war
dabei keineswegs geringer als früher. Der Landwirt erhielt für seine
Schweine Preise, die über die tatsächliche Verteuerung der Kosten für dre
Aufzucht Hinausgingen. Aber nicht nur gegen die einzelnen, auch gegen
den Staat richtete sich das Preistreiben. Man nutzte die geschäftliche Un-
kenntnis oder die Zwangslage der Behörden ohne Bedenken aus, um große
Gewinne zu machen, das heißt, um sich auf Kosten der Steuerzahler zu
bereichern.** Der Erfolg all dieses kapitalistischen Getriebes war teilweise
Anhäufung von Reichtum, teilweise Vergrößerung des Mangels. Die
Kluft zwischen der Aberfülle der Besitzenden und dem Mangel der Mcht-
besitzenden wurde erweitert, trotz der Erhöhung der Löhne, der Teuerungs-
zulagen hier und da.*** Bei rein kapitalistischer Wirtschaft bedeutet ja im
„geschlossenen tzandelsstaat" der tzandel eine Bereicherung der wirtschaft-
lich Stärkeren auf Kosten der Schwächeren.
Das alles geschah, obwohl gewaltige antikapitalistische Maßregeln an-
gesetzt und durchgeführt wurden! Diese Maßregeln, die der wirtschaft-
lichen Selbstsucht die wirtschaftliche Pflicht entgegensetzten, bestehn aus
drei Gruppen, nämlich (dem Wesen, nicht der zeitlichen Reihenfolge
nach): Wucherverordnungen, tzöchstpreise, Verbrauchsregelung. Die Wu»
cherverordnungen wollen durch Furcht vor Strafe und Verlust den Ver«
stellte es sich heraus, daß ein Friedrichshafener Anternehmen ein Lager von
noch 220 000 Litern hatte, für die es nun die Lrlaubnis zu Ausnahmepreisen
nachsuchte.
* Selbst die Holunderbeeren stiegen im Preise, obgleich sie allerorten wild
wachsen und jedes Kind sie in beliebigen Mengen sammeln kann.
** Wie's gemacht wurde, brachte ein Berliner Beleidigungsprozeß bom
3. August ans Licht. Lornister, für welche die Handwerker 20 Mark das Stück
erhalten hatten, kauste tzerr Karfunkelstein, der niemals Sattler war, von
einem Agenten für 39 Mark das Stück und verkaufte sie der Armeeverwaltung
für H8 Mark. Da es sich um ^0 000 Stück handelte, brachte ihm die „Arbeit"
90 000 Mark in einem Tag ein.
*** Einige Beispiele für das Anschwellen der Dividenden gaben wir im ersten
Iuliheft des vorigen Iahrgangs. Eine ziemlich lange Liste stellte Lippel im
August in der „Kreuzzeitung" zusammen. Für die Abnahme der Kaufkraft
des Geldes diene als Beispiel eine Berechnung Calwers auf Grund der Nah-
rungsmittelpreise in 200 Orten: danach brauchte eine Familie, die vor dem
Krieg 25,l2 Mark für Rahrungsmittel ausgab, für dieselbe Menge im Mai W5
bereits 36,V Mark. Sehr lehrreich ist auch eine Haushaltsberechnung in der
Mai-Iuni-Nummer der „Monatl. Mitteilungen des tzamburger Volksheims",
die einen genauen Ginblick in die Lebensführung eines Arbeiters ermöglicht.
Eine Familie, die im April für Lebensmittel täglich 50 Pfg. auf den
Kopf verbrauchte, mußte im April l9l5 dafür 92 Pfg. aufwenden.