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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0057

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41

Natur und die schlichte, etwas dünne Behandlungsweise
bei übrigens kräftiger Färbung betrifft.. • Sein Kolorit
ist insgeniein von glänzender Frische und Technik, oft aber
nnharmonisch bis in's Grelles (!) u. f. f. Was ist damit
nun gesagt? Können diese Worte nicht aus hundert an-
dere Meister, selbst moderne, mit demselben Recht passen?

Es ist hier nicht der Ort, ans eine Charakteristik Cranach's
näher einzugehen, das würde uns viel zu weit führen;
indeß können wir nicht umhin, darauf hinzuweisen, daß
die ersten von uns angeführten Worte Kugler's so voll-
kommen auf das in Rede stehende Bild Pagen, als ob sie
danach niedergeschrieben wären. Wir legen jedoch hierauf
keinen besonderen Werth. Unsere Absicht geht vorläufig
nur dahin, anzudeuten, daß bei einem so vielseitigen Künst-
ler wie Cranach ein bestimmtes Urtheil über ein ihm zu-
geschriebenes Werk, sei es bestätigend oder ablehnend, nur
mit großer Vorsicht ausgesprochen werden kann. Was
uns betrifft, so gestehen wir offen, daß — wären nicht
andere Gründe vorhanden, die uns die Ueberzeugung von
der Echtheit des Bildes gewährten — wir nicht wagen
würden, aus die bloße Tecknik hin ein entschiedenes
Urtheil dafür auszusprechen; noch viel weniger aber würden
wir das Gegenthcil zu behaupten unternehmen, da, mit
Ausnahme der wahrscheinlich restaurirten Hände, nichts
in dem Bilde ist, was aus dem Kreise der Cranach'schen
Malweise heraustritt. Im Gegenthcil schließt es sich der in
seinen kleinen Portraits beobachteten Technik durchaus an.

Es kommt nun aber zunächst ein Punkt in Betracht,
der die Möglichkeit, das Bild sei ein echter Cranach, zu einem
Grade von Wahrscheinlichkeit steigert, der für uns wenigstens
einer subjektiven Ueberzeugung gleich komnit; wir meinen
das Monogramm in der kleinen Gürtelschnalle.
Um auch dem unparteiischen Leser, der das Bild nickt kennt,
eine Vorstellung davon zu geben, fügen wir hier eine Fac-
similekopie in den Farben des Originals von der fraglichen

Stelle bei. Wenn man in Erwägung zieht, daß das
eigentliche Muster des Gürtels, welches mit der Cranach
in seinen Portrails eigenthümlichen Gewissenhaftigkeit durch-
geführt ist, ein regelmäßiges punktirtes Zickzack bildet,
welches nur an der einzigen Stelle der Gürtelschnalle
in eine geschwungene Linie sich verwandelt, so kann dies
jedenfalls kein Zufall sein. Prüft man mit dem Mikro-
skop die Stelle ge- nauer, so entdeckt

man mit ziemlicher Deutlichkeit den ge-
krönten Drachen Cranachs. Dieser

Umstand entscheidet die erste Frage un-
bedingt, und es bliebe also nur die

Möglichkeit, daß dies Monogramm später

hincingemaltsei; für welche Annahme

aber kein Grund vorliegt; sondern

grade diese Stelle ist, wie übrigens selbst von den Gegnern
anerkannt ist, durchaus echt.

Wenn demnach also das Bild ein echter Cranach ist, so
bliebe nur noch die etwas schwierigere Frage über den Gegen-
stand der Darstellung zu erörtern. Geben wir zuvor eine
Beschreibung des Bildes. Was das Aeußere betrisst, so
ist die Bildfläche kreisrund und besteht nnt dem dasselbe
umschließenden Nahmen aus einem Stücke, in Form eines
Tellers, auf dessen Rückseite in der Mitte ein Knopf auö-
gcdreht ist. Bon Außen mißt der Rahmen 13 rheinische

Zoll im Durchmesser, wovon IV2 Zoll auf die Einfassung
der Bildfläche kommen. Das Bild stellt ein Mädchen
von 26 bis 27 Jahr in ernstem, festlichem Schmuck, und
zwar, wie die Äirchensäule im Hintergründe beweist, in
einer Kirche dar. Ein unserer Ansicht nach wichtiges Moment
für die Vermuthung, daß es sich um eine Braut im Augen-
blicke der Trauung und nicht um eine Kirchgängerin im
Allgemeinen handele, ist der Umstand, daß sie nicht —
wie im letzteren Falle erwartet werden müßte — ein Gebet-

buch in den Händen hält, sondern daß diese sich über den
lose gehaltenen Handschuhen znsammenlegen; ferner daß
die Figur und besonders der Blick nicht, wie es bei ei-
nem gewöhnlichen Portrait vorauszusetzen wäre, nach dem
Beschauer, sondern etwas nach rechts, wo der Bräutigam
stehend gedacht wird, gewendet erscheinen. Sie trägt eine
goldgestickte, weit nach hinten ausgeschweifte Nctzhaube,
ein schwarzsammtnes enganliegendes Kleid, Unterärmel von
braunem Sammt, weiße Manschetten und Halskrause. Die
Taille ist von einem goldgestickten, vorn herunterfallenden,
altdeutschen Gürtel umschlossen. Dieser fast klösterlich-ein-
fache Anzug, welcher ebenso zu der Person wie zu dem
Charakter Katharinas stimmt, deutet der Tracht nach, na-
mentlich was den Kopsputz betrifft, auf die Gegend von
Torgan bin, woher bekanntlich Katharina stammte, die
kleine Säule dagegen ans die Wittenberger Kirche.

Fassen wir nun die Punkte in's Auge, die ans den ersten
Blick gegen die Annahme, daß es sich hier um die Ver-
mählung Katharinas in der Wittenberger Kirche handele,
zu sprechen scheinen: 1. Katharina trägt keinen Ring am
Finger; 2. die Vermählung hat, nach authentischen Nachrich-
ten, nicht in der Kirche sonder» in der Wohnung Bugeu-
hagens stattgefnndcn. — Diese faktischen Bedenken finden aber
in einer interessanten Stelle von Bred ow's „Lebensbeschrei-
bung Katharinas von Bora" ihre völlige Erledigung, worin
es wörtlich heißt: „Völlig unerwartet daher war den Freun-
den und Feinden Luther's, denn Keinem hatte er vorher
davon gesagt, seine urplötzliche Verheirathung. Dienstags
nach Trinitatis, den 13. Juni 1525, verfügte er sich mit
Doktor Bugcnhagcn, deui Pommer, Stadtprcdigcr in Witten-
berg, Lukas Cranach, dem Maler, und Apell, einem RcchtS-
gelehrten in Rcichenbach's Hans, und warb in deren
Gegenwart um Catharina von Bora... Die Trauringe
Luther's und seiner Käthe, welche sich bis jetzt
n 0 ch erh alten haben, s i» d w 0 h l nicht di es en Abend
gewechselt worden, sondern er st nachher verfer-
tigt." — Wenn also diese Werbung Luther's Gegenstand
des Bildes ist, so handelt es sich hier demnach um eine Ver-
lobung vor der eigentlichen Vcrinählnng, welche bei Bu-
genhagen stattfand; und es ist durchaus nicht nnwahrschein-
jich, daß sich die sämmtlichen Betheiligtcn nach der Kirche
 
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