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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0178

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inneren Drange dazu fehlte. Dies entsckued denn auch
seine endliche Wahl: im Jahre 1833 verließ er die Uni-
versität gänzlich und bewerkstelligte seinen vollständigen
Uebertrttt zur geliebten Kunst. Seine vielfachen Ferien-
wanderungen hatten ihn vorzugsweise in das nahe Hoch-
gebirge geführt, und so war es natürlich, daß er dort
erhaltene Eindrücke künstlerisch festhielt. Das nächste Jahr
(1834) ward sür den jungen Künstler durch zwei That-
sachen bedeutungsvoll; während desselben nemlich machte
er die Bekanntschaft Karl Nottmann's, der eben seine
Meisterwerke, die italienischen Landschaften unter den Ar-
kaden des Münchener Hofgartens, vollendet hatte und der
seinem Streben mit freundlicher Güte folgte, und im sel-
ben Jahre trat er znm erstenmale mit einer Arbeit vor
das große Publitum, indem er im Knnstvcrein einen „Abend
am Chicm-See" ansstellte, der sehr günstig ausgenommen
wurde. Allerdings bewegte er sich damit noch in kleineren
Raumverhältnissen, doch schon seine beiden nächsten Bilder
„Gegend an der Alz" und „Kloster Baumburg" am nein»
lichcn Flusse zeigten größere, dem Künstler mehr Spiel-
raum gebende Dimensionen. Beide kamen nach Halber-
stadt, jenes in den Besitz des Grafen Spiegel, dieses in
das dortige Museum.

Als im Spätherbste des Jahres 1835 die Störche und
Schwalben nach Süden zogen, da litt es auch Haus-
hofer nicht länger, und er trat mit dem Bildhauer Max
Widnmann und den Historien-Malern Jaeger und
Palme seine Römerfahrt an. Als sie erst die Alpen
hinter sich hatten, ließ die Eile der Wandrer nach, und
sie rückten, nachdem sie die Reize des Vorfrühlings in
Oberitalien genossen, gegen die heilige Zeit in die ewige
Stadt ein, die zu Ostern all' ihre Pracht zu entfalten
pflegt.

Haushofer fand sich bald in Rom zurecht, um so leich-
ter als er den Vorthcil klassischer Bildung für sich hatte,
wie sich denn erfahrungsgemäß jeder klassisch Gebildete
dort wie in seiner zweiten Heimat fühlt. Aber die Wun-
der Unteritaliens ließen ihn nicht mehr ruhen, er mußte
sie schauen und schon im Mai ging's hinaus in's liebliche
Albanergebirge, von da hinab in die politischen Sümpfe
mit ihrer grandiosen Vegetation und erst in Molo di Gacta
machte er Station. Wird Italien der Garten Europa's
genannt, so heißt die Villa Camposelle mit Recht wieder
der Garten Italiens. Dort wo das Meer, azurblau wie
der Himmel, den schattigen Orangenhain bespült, der Ueber-
reste römischer Bauten umschließt, blieb er vier Wochen
und fuhr dann gegen Neapel hinab. Größere, dem eifri-
gen Studium der Natur gewidmete Ausflüge führten ihn
nach Eboli, Amalfi, Capri, Jschia, Pozzuoli, Bajae, Cu-
mae u. s. w. wobei er dort und da wohl einen Monat
festeren Fuß faßte. — Um die Mitte des August ging die
Reise weiter, erst nach Messina, Catania und Shracus,
wo er wieder drei Wochen sich aufhielt; dann durchzog
er das Innere der heiligen Trinakria um Palermo und
Girgenti zu sehen und kehrte reich an Eindrücken und
künstlerischen Erfahrungen über Sorrent nach dem fröh-
lichen Neapel zurück. Das Ende des Monats October
führte ihn wieder nach Rom, woselbst er nun bis Juli
1837 blieb und während dieser Zeit den „See von Ag-

uauo" malte, der seinen Weg nach Kassel nahm. Als er
dann über Florenz nach Deutschland heimkehrte, da war
er wohl erfüllt von dem tausendfältigen Schönen, was sich
ihm erschloßen, aber cs vermochte nicht seine Anhänglich-
keit an die heimathliche Natur zu vermindern. Unter all'
den traulichen Stellen, an denen das Vorland des bayeri-
schen Gebirgs so überaus reich ist, fühlte sich Haushofer
ganz besonders von der kleinen Frauen-Insel im statt-
lichen Chiemsee angezogen, und dieser Vorliebe verdankt
die Welt manches schöne Bild aus jener Gegend. Daß
übrigens nicht die schöne Natur allein ihre Anziehungskraft
auf den Künstler ansübte, beweist die Thatsache, daß sich
unser Künstler im Jahre 1838 mit einer Insulanerin ehe-
lich verband. Ans der kleinen Insel war in jenen Tagen
und bis aus unsre herab während des Sommers gar ein
fröhliches Treiben, wie das wohl vorzukommen pflegt, wo
sich das Bölklein der Künstler zusammen findet. WaS da
Alles geschehen in Scherz und Ernst, daö ist in einer sauber
mit Bildern ausgestatteten Chronica, in zierliche Reime
gefaßt, noch heut dortselbst zu lesen und hat Ludw. St eu b,
der Rechtsgelahrthcit Doctor und jetzo wohlbestallter No-
tarius zu München, Manches davon in seinem Büchlein
über das bayerische Hochland urkundlich ausgenommen.
Das Hauö aber, aus dem Haushofer seine Braut ge-
holt, ist Künstlerkneipe geblieben bis auf den heutigen Tag,
und treibt der wackre Zahn dortselbst das doppelte Ge-
schäft eines Herbergsvaters und Kupferstechers zugleich.
Und nachdem unser Künstler ans besagter Insel sich be-
weibt, ist er ihr auch als Gast immer treu geblieben, je-
den Sommer mit Weib und Kind dort eingekehrt und hat,
wie seine Freunde wohl scherzend zu sagen pflegen, den
Chiemsee als seine Domainc betrachten gelernt.

Sein Name hatte bald einen guten Klang. Wie er
1839 für Frau v. Gmelius in Frankfurt a. M. einen
„Sonntagmorgcn am Chiemsee" gemalt, berief ihn zwei
Jahre später der Herzog von Nassau an den Rhein, um
ihn dort zu beschäftigen. Im Herbst 1842 ging er nach
Oberösterreich und kehrte mit reicher Ausbeute an Studien
zurück. Im selben Jahre entstanden seine „Nonne am
See-Ufer", im Besitze deS Prinzen Peter von Oldenburg,
fein „Gmundner-See" und seine „Mittagsstille", welche
in der Sammlung des Grafen Eiwein Nostitz in Prag
sich befindet. Das Jahr 1843 führte ihn wieder an den
Rhein, um weitere Aufträge des Herzogs von Nassau zu
erledigen. Es erübrigte ihm jedoch soviel Zeit, daß er
Düsseldorf besuchen konnte, wo er Achenbach kennen und
schätzen lernte.

Haushofer hatte sechs Jahre in München seinen
ständigen Wohnsitz aufgeschlagcn, da ward er als Professor
an die kaiserliche Akademie nach Prag berufen. So ehren-
voll dieser Ruf für ihn war, so schied unser Künstler
gleichwohl nur mit betrübtem Herzen aus der Heimat!)
und den ihm so liebgewordcncn Kreisen, und es fiel wohl
schwer mit in die Waagschale seines Entschlusses, daß
dieser Akademie sein Freund und Schwager, der treffliche
Rüben, Vorstand, der sich wie Haushofer seine Frau von
der Frauen-Insel geholt. Seit dem Jahre 1844 wirkt
Haushofer mit ihm vereint für die Anstalt, setzt jedoch in
alter Anhänglichkeit den Verkehr mit München treulich
 
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