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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0203

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187

der Wände mit Fresken*), die unter dem lleberwurf zum
Vorschein kamen. Die 20 Fuß hohen Basen der Wände
sind unter den Fenstern mit Teppichmustern bemalt, zwischen
denen sich je 3 reichgegliederte Baldachine zeigen, die hier
und da durch Heiligenfiguren ausgefüllt sind. Gegen
Westen sind Apostel und Evangelisten in Halbfiguren zwi-
schen Arabesken dargestellt. An der Nordseite sieht man
statt der Einzelnfigureu zwischen zwei Fensterbaldachinen
auch größere Gemälde, unter denen sich besonders ein
„Tod der Maria" dnrch reiche Behandlung auszeichnet.
Es fehlt diesen Gemälden allerdings die ideale Schönheit
früherer Jahrhunderte, aber keineswegs eine gewisse Groß-
artigkeit, die des Anziehenden genug hat. Die Fresken
nehmen an jeder Langseite des Hauses von den 320 Fuß
deren 200 Fuß ein, und setzen sich, höher gelegt, im Chor
fort, wo man die Bildnisse der drei hier begrabenen Hoch-
meister und der 17 Bischöfe bis 1501 in ca. 10 Fuß Höhe
gemalt sieht. Dem ersten derselben, Bischof Ernst, reicht
der Schutzpatron der Kirche, St. Johann der Evangelist,
beglückwünschend die Hand, zu seiner Linken steht Maria.
Es versteht sich, daß diese Bildnisse, die niemals übertüncht,
aber im 17. Jahrhundert sehr roh übermalt waren, zu
verschiedenen Zeiten entstanden sind; die ältesten mögen
aus der Zeit des Conrad von Jungingen herstammen,
der in Marienburg Fresken ausführen und auch Hoch-
meisterportraits malen ließ.

1 Speyer, im Juni. (Die Fresken im Dom).
Bekanntlich hat in den Jahren 1846—1853 der altehr-
würdige Dom zu Speyer, dieses gewaltige Kaisergrab-
mal, durch König Ludwigs unerschöpfliche Freigebigkeit und
durch Meister Schraudolph's geweihten Pinsel eine herr-
liche Ausschmückung erhalten, zu deren Beschauung täglich
Fremde die sonst so stille und außer den großen Verkehrs-
straßen liegende Stadt bevölkern. Hundert Fresken, Kunst-
schätze der seltensten Art, bedecken die hohen Kuppeln und
Wände des Mittelschiffes und der Chöre, zwar vor Allem
die Verherrlichung der „Himmelskönigin" bezweckend, wie
dies schon das suspirium des heiligen Bernhard über dem
Portale: O Clemens, o pia, o dulcis virgo Maria! und
endlich das Schlußbild in der Kuppel des Stistschores:
„Die Krönung der Maria" besagt. Aber unter diesen
Bildern ist auch für christlich-evangelische Kunst eine reiche
Ausbeute zu finden. So bringen die kolossalen Schildereien
des Mittelschiffes die wichtigsten Heilsthatsachen in Weis-
sagung und Erfüllung, mit dem Sündenfalle und dem
ersten Evangelium beginnend und mit der Ausgießung des
heiligen Geistes schließend, zur Anschauung. Nimmt mau

*) S. Korrespondeuzblatt d. Ges. Der. d. d. Gesch. u. Al-
terth. Vereine. I. 1863. Nr. 2.

einige wenige legendarische aus, so stehen hier alle andern
ans biblischem Grunde, und machen durch ihre einfache,
großartige, ächt künstlerische Konception und ihre ebenso
zarte wie kräftige Ausführung eine ergreifende Wirkung.
Das hohe Chor zeigt in der Kuppel über dem Hochaltar
das Lamm Gottes, umgeben von den vier alttestamentli-
chen typischen Opfern, den vier großen Propheten und
den vier Evangelisten in großen Medaillons; das südliche
Seitenchor umfaßt außer zehn Heiligenbilder in drei gro-
ßen Wandgemälden die Hauptmomente aus der Geschichte
des heiligen Stephanus, unter welchen dessen Steinigung
wohl bas bedeutendste sämmtlicher Dombilder ist. Im
nördlichen Seitenchor ist die Geschichte des heiligen Bern-
hard in ähnlicher Weise behandelt, die bekanntlich mit der
Geschichte der Entstehung des Doms innig zusammenhängt;
daneben stehen wieder acht Heiligenbilder. Von den 33
Bildern des Stiftchores heben wir die des Johannes und
der Maria, der zwölf Apostel und der Engelchöre hervor.

Von besonderem Interesse für den Kunstfreund ist es
aber, daß in einem Saale des Domes auch die Genesis
dieser Gemälde zu sehen ist. Dort hat eine Actien-Gesell-
schaft die von dem Künstler käuflich erworbenen Cartons
und Farbenskizzen derselben aufgestellt, von welchen erstere,
auf Papier in Bleistift gezeichnet, durchschnittlich eine Höhe
von 80, eine Breite von 60 Centimetern haben; die Far-
benskizzen in Oelfarbe sind kleiner. Nun hat ein Actionär,
der Apotheker Pfüls in Speyer, sich von der Gesellschaft
das Recht der Vervielfältigung dieser Arbeiten erworben
und nach einem ersten, ziemlich niißglückten Versuche in
Miniatur-Photographien neuerdings den Anfang gemacht,
die Cartons annähernd in ihrer natürlichen Größe durch
den rühmlichst bekannten Hof-Photographen Albert in
München photographisch kopiren zu lassen. Die ersten
Bilder, „Mariä Verkündigung" und „Christi Geburt" dar-
stellend, lassen an treuer Wiedergabe des Originals kaum
etwas zu wünschen übrig, so täuschend ist der Griffel des
Meisters überall wiedergegeben. Das Unternehmen ist
vorläufig auf fünf Serien zu 13 Blatt berechnet, von wel-
chen jeden Monat eins erscheinen soll. Im Subskriptions-
preise auf die ganze Serie wird das Blatt 2 Thlr. kosten,
einzeln 2'/r Thlr. Die erste Serie umfaßt die schönsten
biblischen Bilder aus dem Mittelschiffe, in die zweite
sollen einige der größeren Wandgemälde der Chöre aus-
genommen werden.

Nachträglich wird bemerkt, baß die hier beschriebenen
Nachbildungen der Dom-Fresken auch i» die beabsichtigte
Ausstellung v on kirch li ch en Kun st- und Gew erbs-
erzeugnissen, die vom 4. bis 18. Juli nächsthin in
Hohenstein bei Chemnitz, Königreich Sachsen, veran-
staltet werden soll, ausgenommen werden.

Kunst-Chronik.

Berlin. — Die Wagner'sche Bilder-Galerie ist
nunmehr neu aufgestellt und dem Publikum wieder zu-
gänglich.

— — Die von dem Bildhauer Professor Kiß mo-
dellirten beiden Rossebändiger, zur Aufstellung vor der neu
erbauten Kaserne in Charlottenburg bestimmt, werden jetzt
in der Geiß'schen Kunstgießerei in der Behrenstraße gegossen.

— — Das Stein-Denkmal wird seinen Platz im
Lustgarten finden. Mit der Ausführung desselben ist von
Sr. Maj. dem Könige der Bildhauer Professor Schievel-
bein betraut worden.

— — Der Architekt v. Diebitsch ist von Kairo wie-
der in Berlin angekvmmen, um in hiesigen Fabriken meh-
rere Arbeiten für Bauten, die er dort auszuführen gedenkt,
anfertigen zu lassen. Im September will er eine neue
Reise nach Kairo antreten, um dort im Aufträge des

Bicekönigs von Aegypten mehrere Neubauten zu leiten.
Herr v. Diebitsch hat bereits eine Anzahl Arbeiter engagirt,
welche ihn nach Kairo, welches jetzt in Zeit von acht Ta-
gen zu erreichen ist, begleiten sollen.

-Für den Sitzungssaal des Ober-Tribunals hat

Prof. Schramm ein lebensgroßes Portrait Sr. Maj.
des Königs auf Allerhöchsten Befehl ansgeführt. Dasselbe
ist bereits aufgestellt worden.

— — Der Bildhauer Sußmann hat die lebens-
große Marmorstatue Friedrichs des Großen, in den
ersten Jahren seiner Regierung dargestellt, ihrer Vollen-
dung nahe ^bracht. Diese, sowie eine andere Statue
Friedrich Wilhelm III. darstellend, ist von einem reichen
Privatmanne bestellt, der damit der Stadt Breslau ein
Geschenk für ihr Rathhaus macht, in dessen Sitzungssaal
sie aufgestellt werden sollen.
 
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