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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0218

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202

sothaner Vorlesung wird wohl gerade so lange Vorhalten,
bis der Heißgeliebte wieder in Sicht kommt: man glaubt
dies wenigstens ans diesen frischen, von der Liebe durch-
geistigten Augen lesen zu dürfen. Auch in technischer Hin-
sicht ist das Bild vortrefflich und was die Durchführung
betrifft, wetteifert es mit den Arbeiten unseres A. Seel.
— Auf die Erstlingsarbeit eines jungen Künstlers muß
ich Sie hier noch aufmerksam machen: Opdcnhosf zeigt
ein bäuerliches Paar, das sich bei einem Advokaten Raths
erholt. Mag auch das Meiste in dem Bilde unbeholfen
gemacht sein, mag auch der richtige Kontrast zwischen Stadt
und Land, wenigstens im Aenßeren, nicht getroffen sein:
in den Köpfen ist ein so wahrer und dabei seiner Aus-
druck, mit dem die Bewegung der Figuren so trefflich zu-
sammengeht, daß man sich entschieden sagen muß: hier
habe ich ein Talent vor niir. Wenn der junge Künstler
bei seinem weiteren Fortschreiten nie den Geist um der
Schaale willen vernachlässigen lernt, so dürfen wir noch
Bedeutendes von ihm erwarten. — Das Bild von Gcrz
„In der Menagerie" ist recht fleißig durchgeführt, aber
ich muß diesem Fleiß um des Gegenstandes Willen be-
dauern; an und für sich etwas trivial, leidet er an großen
Unwahrscheinlichkeiten, wie z. B. der geöffnete Käsig, der
freundlich schmunzelnde Helfer in der Noth, der durch die-
sen Ausdruck geradezu verletzend wirkt; so hilft kein Junge.

Bon Landschaften sei eine Studie O- Ach'enbach's er-
wähnt, die wirklich eine fast fabelhafte Wahrheit nament-
lich der Luftperspektive bei sich beinahe gar nicht von ein-
ander trennenden Tönen zeigt. — Harweng und Nabert
behandeln beide Schwarzwaldmotive, der erstere daö „In-
nere eines Dorfes" mit ruhig sonniger Stimmung und
feiner Farbe; der zweite öffnet das weite GebirgSland unter
einem wolkenbedeckten Himmel: ein ernster, fast melancholi-
scher Ton lagert über dem Ganzen. — Weiter zu erwäh-
nen sind Landschaften von A. Becker („Norwegisches Hoch-
gebirge", mit großen Feinheiten in der Färbung der Ferne),
Jaeobsen, Niels Möller, Ebel und Lindlar,
welch letzterer in einem italienischen Motiv eine mit Fein-
heit gepaarte Kraft der Farbe entwickelte, daß man nur
bedauern konnte, diese ganz vortreffliche Wirkung durch
den bizarren Vordergrund zerrissen zu sehen.

t München, Ende Juni. (Kunstverein. Schluß.)
Unter den in letzter Zeit ausgestellten Landschaften machte
sich Lichtcnfeld's „Frühlingsnacht" durch schöne poetische
Stimmung bemerkbar. Nur möchte etwas mehr Kraft
und weniger Glätte des Vortrages den Werth deö Bildes
bedeutend erhöhen. — Langko brachte ein „Motiv aus
den Jsarauen" von feinster dichterischer Stimmung, die
durch sorgfältige Durchbildung und größte Sauberkeit der
Zeichnung auch nickt das Mindeste verloren hat. Das
durch die Wolken flimmernde Sonnenlicht ist mit einer
Wahrheit wicdergcgcben, die den: trefflichen Künstler alle
Ehre macht. Dabei ist die Anordnung der Linien- wie
der Licht- und Schatten-Masse» wohl bedacht und von treff-
licher Wirkung. — Robert Zimmermann führt uns in
einem kleinen aber höchst werthvollen Bilde in das „Inn-
thal bei Kufstein". Der Eindruck der höchsten Naturwahr-
heit frappirt um so mehr, als das Bild ganz anspruchs-
los gehalten ist. — A. Waagen, einer unserer jüngeren

Künstler von bedeutender Begabung, zeigt in allen seinen
Arbeiten ein sehr zu achtendes Streben nach Formenschön-
heit. So ist auch die Anlage seines „Val Sassina in der
Nähe des Comersees" eine sehr günstige, ja großartige.
Ich liebe es, vor landschaftlichen Bildern stehend, mir die
Frage vorzulegcn, ob sie aller Farbe und ihres Reizes
entledigt, durch die schwarze Kreide, den Stichel oder die
Radir-Nadel wiedergegeben, noch bedeutend genug wären,
um den Beschauer zu fesseln. Bezüglich Waagen's neue-
ster Arbeit hatte ich mir dieselbe Frage unbedingt bejaht.
Bamberg er brachte den „Kanal zwischen Dover und
Calais." So gering der Umfang des Bildchens ist, so wirk-
sam verstand der Künstler darin seinen Stoff zu behan-
deln. See und Luft, gleich lebendig beivegt, machen, mit
gleicher Meisterschaft gemalt, den Eindruck hoher Wahr-
heit.— Neher's „Dom in Constanz" mit seiner unglaub-
lich sauber gemalten, höchst charakteristischen Staffage
muß als eine wahre Perle der Architekturmalerei bezeich-
net werden. Dabei kann man über die rastlose Thätigkeit
des alten Herrn nur staunen, der mit einer Delikatesse und
Sorgfalt arbeitet, wie wir sie von jüngeren Kräften ver-
geblich erwarten. — Richard Zimmermann brachte
eine „Gebirgslandschaft" mit Benutzung bekannter For-
mationen unseres bayerischen Hochlandes frei komponirt.
Noch nicht leicht kam mir ein künstlerisches Werk zu Gesicht,
das neben den bedeutendsten Einzelnheiten so viel Sonder-
barkeiten enthält. Neben einer prachtvollen, ungewöhnlich
intensiven Farbe ein so auffallender Mangel an Formen-
sinn. Während z. B. Luft und Hintergrund und auch ein
Thcil des Vordergrundes geradezu als meisterhaft bezeich-
net werden müssen, beleidigen wahre Knäuel von Baum-
gruppen schwerfällig und undurchsichtig unser Auge. Fast
möchte man glauben, der Künstler treibe hie und da seinen
Scherz mit dein Publikum, denn seine Begabung ist be-
kanntlich eine ganz ungewöhnliche. Im Allgemeinen macht
das Bild, wie dies der Künstler liebt, den Eindruck eines
alten, stellenweise nachgedunkelten.

Im Thiergenre begegnete ich Noerr, dessen „Pferde
in der Schwemme" viel Lebhaftigkeit der Auffassung und
gutes Arrangement zeigen. Wohl ist der Stoff weder
neu oder an sich besonders gefällig, aber man hat sich
längst daran gewöhnt, mit dem Alten zufrieden zu sein,
wenn es nur gut behandelt ist. Höher muß ich Ludwig
Voltz's „Schweine im Lager" stellen. Dem strebsamen
Künstler ist es gelungen, die eigenste Natur dieser
Thierc mit großem Verständnisse zu erfassen und
wiederzugeben, zugleich, aber auch die nicht unbedeutenden
Schwierigkeiten zu heben, welche in deren Farbe im Ge-
gensatz zur winterlichen Natur lag.

Hofphotograph I. Albert stellte ein überaus gelun-
genes lebensgroßes Bildniß von Schillers Tochter, der
Freifrau von Gleichen -Rußwurm, ans, welches in über-
raschender Weise des Unsterblichen Züge, nur weiblich ge-
mildert, nachwies.

Silberarbeiter Ferd. Harrach brachte ein mit großem
Fleiße im altdeutschen Stile gearbeitetes Reliquienkästchen,
welches inzwischen nach Rom als seinen Bestimmungsort
abgegangen ist und nicht verfehlen kann, dort ein rühm-
liches Zeugniß für die Blüthe des münchener Kunstgewerbes
abzulegen.

Kunst-Chronik.

Berlin. — Die hiesige Verlagsbuchhandlung von Lud.wig lichstcn, in Deutschland vorkommenden Jagdthiere, ihrer
Julius Heymann (Taubenstraße 25) ist auf den glück- Fährten, Spuren, Wandel, Gänge, Absprünge re. Die

lichen Gedanken gekommen, die berühmten Ridinger'- ersten beiden Hefte enthalten sechs Blätter in groß Folio:

scheu Jagd- und Thierbildcr in neuen, wohlgelnngencn ein „Wild-Schwein, einen „Scchsundsechszig-Ender" (der

Zeichnungen (von Herrmann Menzler) hcrauszu- am 18. September 1690 bei Fürstenwalde von dem spä-

geben. Das Werk führt den Titel „Johann Elias Ridin- teren Könige Friedrich 1. erlegt wurde), eine „Jagdsccne

ger's Jagd-Album" und umfaßt eine Darstellung der vorzüg- aus dem Nymphenburger Park," einen „Damhirsch", einen
 
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