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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0259

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in der Gegend viele gefunden werden. Der Sommer
dieses Jahres war für Süd-Italien äußerst verderblich.
Denn während Zahn's Anwesenheit in Neapel wüthete
die Cholera daselbst so furchtbar, daß in der Stadt Neapel
allein täglich 2000 bis 3000 Menschen starben, wobei
auch unser Künstler viele liebe Freunde und Bekannte verlor.
Von Neapel verpflanzte sich die Cholera nach Palermo, wo
bis zum 23. Juli nicht weniger als 24,243 Menschen der
Krankheit erlagen.

Anfang Januar 1838 traf der Herzog Bernhard
von Sachsen-Weimar mit seinem ältesten Sohne, dem
Prinzen Wilhelm, auf seiner Reise nach Petersburg,
Mosca», Constantinopcl und Griechenland in Neapel ein.
Schon die nahe Beziehung, worin Zahn zu dem Va-
ter des Herzogs, dem Großherzog Carl August, und
mit Goethe gestanden hatte, mußte in dem hohen Reisen-
den den Wunsch erregen, unsers Künstlers Bekanntschaft
zu machen. Einen ganzen vollen Monat verlebte daher
Zahn mit dem Herzog Bernhard und dem Prinzen
Wilhelm; sic besuchten zusammen oft das königliche Museum
in Neapel und machten Ausflüge nach Pompeji, Hercula-
nnm, Salerno, Pcstum, Amalsi, Sorrent, Castellamare,
Puzzuoli, Cumae, Bajae n. s. w. Beiderseits war die
Trennung, die sich an diesem Aufenthalt so mannigfach an-
regende und genußreiche Erinnerungen knüpften, schmerzlich.

Im März 1638 begab sich Zahn wieder ans einige
Wochen studienhalber nach den antiken Städten Gaöta,
Molo di Gaöta, St. Agata, Tiani, St. Germano, ver-
weilte einige Tage ans dem Kloster Monte Cassino, und
kehrte dann über Sora, Jsola di Sora, bekannt durch
seine schwimmenden Inseln, Arpino, Aquino, Venafro
und Maddaloni nach Neapel zurück. Eine weitere Reise
unternahm er im April desselben Jahres nach Apulien
über Avellino, Grotta Minardi, Bonito, Foggia,
Ccrignola Canosa, Andria, Corato, Ruvo, Terlizzo, Bi-
tontc, Bitetto, Altamura, Gravina, Taranto, Bari, Ceglia,
Giocenazzo, Molfctta, BiSceglia, Trani, Barlctta, Lucera.
In Bonito besuchte er die Sammlung antiker Marmor-
statuen bei Romualdo Cassitti, worunter sich zwei
Marmorstatuen von „Castor und Pollux" auszeichnen.
In Ruvo nahm er die große Vasensammlung von Jatta
und vom Präsidenten Salvatore Fenicia in Augen-
schein und besuchte die bei Ruvo ausgegrabcnen alt-
griechischen Grabmälcr, in denen bekanntlich die größten
Schätze bemalter Basen entdeckt worden sind, welche alle
Museen von Europa schmücken. Zugleich sammelte er
in Apulien viele antike bemalte Tcrracctten und viele
antike groß-griechische Münzen, welche die Grundlagen
seiner später so bedeutend gewordenen Münzen- und Terra-
kottensammlung bildeten. (Forts, folgt.)

Korrespondenzen.

C) Düsseldorf, den 4. August. (Nachtrag zur aka-
demischen Kunstausstellung; Persönliches.) Ich
beeile mich, Ihnen zu meinen neulichen Bericht über unsre
akademische Ausstellung noch einen kleinen Nachtrag zu
liefern, indem ich Ihnen von einigen Werken spreche, die
erst in neuester Zeit hinzugetrcten sind: vor Allem von
A. Banr's „Ueberführung der Leiche Otto 111. über die
Alpen nach Deutschland" ein Carton von so bewältigenden
Leben, so fein komponirt nnd gründlich durchgeführt, daß
cs ein wahres Labsal ist, ans unserem großen Fabriktreiben
sich dahin retten zu können, wo eine so selbstständige Kraft
ihr Wesen entwickelt. Mit wie wenigen Figuren ist die
Handlung zum vollständigsten Verständniß gebracht! Wie
lebendig ist das Durchbrechen des sich entgegenstellenden
Hindernisses vorgeführt, welch' ein Zug ist in dem Ganzen!
Bei aller trotzigen Kraft welche Noblesse: man erkennt,
cs ist ihr Kaiser, den diese Männer tragen, den sie noch
im Tode beschützen. Es weht ein cnischieden Nethel'scher
Geist durch das Bild, ohne daß man sagen dürste, daß
irgend eine spccielle Reminiscenz vorläge, wie dies bei
einem Carton von v. Beckerath der Fall ist, der jedoch
unangenehm, an M. v. Schwind erinnert und in welchem
mit einer großen Masse von Figuren nur wenig eigenthüm-
lichcs, innerlichst gefühltes zum Ausdruck gebracht ist.
„Wittekind ruft die Sachsen zum Kampfe" ist der Titel
dieses Cartons: gewiß ein schönes Motiv. Es ist der
Kampf um den eignen Heerd, um Selbstständigkeit und
Religion! Aber hier sehen wir nur zerstreute Gruppen,
deren jede ans eine mehr oder minder unverständliche Art
sich mit sich selbst beschäftigt, ja, wovon einige (wie z. B.
die massenhafte Verbrennung der Todtcn) kaum in irgend
einem Zusammenhänge mit dem Motive der Komposition
stehen. Dabei eine manicrirte, weichliche Zeichnung, v.
Beckerath sollte v. Gebhardt's „Einzug Christi" recht
genau stndiren; darin würde er finden, was ihm zu fehle»
scheint. Es ist zn beklagen, daß er von seinem Aufent-
halte in München nicht den Bortheil gezogen hat, den sick>
A. Baur offenbar zu gewinnen gewußt. — Schließlich

sei noch die „Erstürmung eines Dorfes durch die Preußen"
erwähnt, das uns wieder ganz A. North cn's Eigenthüm-
lichkeit vorführt. „Pfui, was für schmutzige Leute!" hört
man wohl äußern; man kennt nun einmal den Krieg nicht
und stellt sich darunter eine Parade in vergrößerten Maaß-
stabe vor. Aber der Krieg ist nun einmal keine schmucke
Parade. Wer sich für die wirkliche Schlacht mit ihren
Schrecken interessirt, findet ihn hier mit lebendigster Phan-
tasie dargestellt. Schade daß Northen's nngeleckte Technik
bei dem gegenwärtigen Standorte des Bildes so sehr zur
Geltung kommt, zumal man nicht einmal weit genug zu-
rücktreten kann, um das Störende in derselben verschwinden
zu machen.

Ich weiß nicht, ob ich Sie mit der Bemerkung behelli-
gen soll, daß seit einiger Zeit die „Düsseldorfer Zeitung"
sich an Ihrem Berichterstatter zn reiben sucht.* *) Obgleich
ich nun den Leuten gegenüber, welche genanntes Blatt
mit den Ausbrüchen ihrer schlechten Laune beglücken, sehr
leichtes Spiel hätte, da sie erstlich auf falscher Fährte sind
und zweitens sich einer Manier der Kritik bedienen, deren
meist persönlicher Charakter — bei sonst manchem Guten,
was sie anregt — vielfache Punkte des Angriffs gewährt,
so will ich mich doch mit der Bemerkung begnügen, daß
ich mir bewußt bin, Alles, was ich schreibe, thcils in dem
wohlgemeinten Interesse der Kunst, thcils in dem der Künstler
selbst anszusprechen. Was namentlich A. Achenbach be-
trifft, in Bezug auf welchen mir der Vorwurf gemacht
wird, daß ich jede Gelegenheit hervorsuche, ihn zu tadeln,
so würde es mir leicht sein, vielfache Stellen aus meinen
Korrcspodenzen anzuführen, worin ich ihn oder vielmehr
seine Arbeiten ebenso entschieden gelobt habe. Für meinen
Tadel genüge es zn bemerken, daß die ehrliche Kritik
nach dem Spruch: „Wem viel gegeben, von dem wird

'■-) Es sind uns von unbekannter Hand zwei Nummern der
„Düsseldorfer Zeitung" zugesandt worden, worin ein paar der-
artige antikritische Notizen enthalten sind. Wir erwidern dar
aiif im Briefkasten. (S. u.)

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