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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0272

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mehrere ihm befreundete russische Familien. Als er am
17. August nach Aschaffenbnrg kam, wurde er sofort zum
Könige Ludwig von Baieru berufen, der ihm vom
Schlosse aus den Platz auf dem Weinberge am Main
zeigte, wo das pompejanische Haus nach dem Modell des
Hauses des Castor und Pollux gcbauet werden sollte.
Nachdem unser Künstler im Anfang September noch einige
Tage bei seinen Verwandten in Nenndorf und Bückeburg
zugebracht hatte, folgte er einer Einladung der Königin
von Hannover (Mutter des jetzt regierenden Königs),
welche seine pompejanischen Zeichnungen sehen wollte.
Auch in Weimar brachte er mehrere Tage zu. Fast alle
Abende verweilte er ani Hofe beim Großherzoge und der
Großherzogin, denen er seine ncne» ponipejanischen Zeich-
nungen vorlegen und erklären mußte. Gegen Ende Sep-
tember begab er sich nach Dresden, um die dortigen
Kunstsammlungen genauer kennen zu lernen und seine
alten Bekannte, Minister von Lindcnau, Herr von
Quandt, Hvfrath Tiek, Hofrath Haase und Professor-
Vogel von Vogel st ein zu begrüßen.

Ani 1. Oktober gelangte er nach Berlin zurück, wo
seine pompejanischen Studien besonders beim Könige sowie
bei allen Künstlern, Gelehrten und Kunstfreunden so großen
Beifall erndteten, daß sofort Anstalten zur Herausgabe der
zweiten Folge seines großen Prachtwerkes „Pompeji, Her-
kulanum und Stabiae" gemacht wurden. Dasselbe erschien
von 1841—45 ebenfalls in 10 Heften, in 100 Tafeln mit
deutschem und französischem Texte. Von 1842 — 44 gab
er auch in Berlin sein drittes Werk: „Auserlesene Verzie-
rungen aus dem Gesammtgebiet der bildenden Kunst" in
5 Heften in 25 Tafeln mit deutschem Text heraus.

Um die Uebersicht über diese wichtigen Publikationen
zu erleichtern, erwähnen wir sogleich, daß sein zweites
Prachtwerk, „Ornamente aller klassischen Kunstepochen", in
20 Heften von 100 farbigen Tafeln mit deutschem Text
vom Jahre 1832 — 49 erschien, und daß später (1854)
eine zweite Auflage davon mit deutschem und französischem
Texte und kürzlich (1861) eine dritte Auflage mit deutschem
und französischem Texte veröffentlicht wurde. Erst im
Jahre 1849 begann er die dritte Folge seines großen
Prachtwerkcs „Pompeji, Herkulanum und Stabiae", welche
Ende 1859, ebenfalls in 10 Heften in 100 Tafeln, mit
dcutschein und französischem Texte herausgegeben wurde.

Am 21. Januar 1844 wurde dem Künstler vom Könige
von Preußen als Anerkennung seiner Verdienste der rothe
Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife verliehen.

Aus den nächstfolgenden Jahren, in denen Zahn sich
hauptsächlich mit der Bearbeitung und Herausgabe seiner
W erke, jener Früchte langjähriger Studien, beschäftigte —
eine Arbeit, die nur mit dem eisernsten Fleiß und durch die
K onccntration aller Kräfte durchzuführen war — ist von
seinem äußeren Leben nur wenig Bcmcrkcnswerthes anzu-
führen. Wir erwähnen daher nur der Vollständigkeit
wegen, daß er im Monat November 1846 eine Reise nach

Bremen und Oldenburg machte, um die dortigen Kunst-
werke kennen zu lernen, sowie die Gemälde von Tischbein
zu sehen, von dem ihm Goethe viel erzählt hatte. An
beiden Orten, aber besonders in Oldenburg, wurde er
vom Großherzoge mit vieler Auszeichnung empfangen.
Anfang Januar 1850 unternahm er ferner eine wissen-
schaftliche Kunstreise nach Belgien, Frankreich, Eng-
land und Holland, von der er erst im November des-
selben Jahres zurückkehrte. In Brüssel, wo er drei Mo-
nate blieb, wurde er vom Könige und der Königin
der Belgier mit großer Auszeichnung empfangen.
Ebenso von deni preußischen Gesandten Grafen von
Seckendorf, dem Herzoge von Arenberg, dem
Fürsten Metternich, Marschall Marmont, der
Gräfin Gourieff, sowie von der belgischen Aristokratie.
Nicht minder genoß er bei den dortigen Künstlern und
Gelehrten hohe Achtung und Anerkennung. Er besuchte
ganz Belgien, nm daselbst alle Kunstwerke genau kennen
zu lernen, verweilte längere Zeit bei den Meisterwerken
der Gebrüder van Eyck in Gent, bei den Meisterwerken
des Hemmling in Brügge und in Antwerpen bei den
Meisterwerken des Rubens. — Bon hier begab er sich
»ach Paris, von dessen reichen Kunstschätzeu und archäo-
logischen Sammlungen er großen Gewinn für seine Stu-
dien erhoffte. Besonders anregend aber war hier, in dem
Ccntrum der wissenschaftlichen Welt, der tägliche Umgang
mit den künstlerischen und gelehrten Notabilitäten, sowie
mit hochgebildeten Kunstfreunden jeder Art. Man sah
ihn oft in den Donnerstags-Gesellschaften des damaligen
Präsidenten Louis Napoleon, sowie bei Guizot und
Thiers, dem preußischen Gesandten Graf von Hatz-
feld und dem österreichischen Gesandten Baron von
Hübner. Namentlich aber verkehrte er viel mit den
beiden Archäologen de Witte und Lenormant. In
den Sitzungen des Instituts von Frankreich, zu denen er
häufig eingeladen wurde, erhielt sein großes Werk, welches
er daselbst vorzeigen mußte, große Anerkennung, besonders
auch bewunderte man die technische Ausführung der auf
dem Wege des von ihm erfundenen Farbensteindrucks her-
vorgebrachtcn farbigen Blätter.

Gegen die Mitte Mai reiste er nach London ab, um
auch die dortigen Kunstwerke kennen zu lernen. Daß er
auch wieder zahlreiche Bekannte, namentlich aus der hö-
heren Aristokratie, die er in Italien kennen gelernt, wieder-
sand, bedarf kaum der Erwähnung. Wir nennen den Herzog
von Cambridge, den Herzog von Devonshire, den
Grafen Shrewsbury, Lord Brougham, Lord Aber-
deen, M i ß C v u t t s, S i r W i l l i a m H a m i l t o n, Mar-
quis West minister, sowie auch den preußischen Gesand-
ten Baron v. Koller, den prcuß. Generalconsul Hebel er,
vr. Carl Mey er, die Architekten Co ck er ell, Donald son
und die Bildhauer W estmacott und Campbell, deren
fortwährender Umgang ihm das dortige Leben sehr ange-
nehm machte. (Schluß folgt.)
 
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