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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0326

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als die Erfüllung seitens der Künstler möglich, ja, daß
auch die Zahl der hochbegabten Künstler verhältnißmäßig
klein ist. Ferner wissen Alle, welche in der Praxis leben,
da^ ohne sehr große Härten Rücksichten für lokale Künst-
ler und für angehende Talente gar nicht zu vermeiden,
daß gar viele Künstler, welche später einen sehr großen
Ruf erlangt, anfangs mit sehr schwachen Productionen
aufgetreten sind, daß selbst renommirte Meister zuweilen
total verfehlte Gemälde zuschicken, und daß nicht nur
Professoren, ja selbst Künstler-Vereine oft ziemlich Unbe-
deutendes von Schülern oder Genossen einschicken, und
nur aus Untcrstütznngsgründen zum Ankauf empfehlen.
Es ist ferner Erfahrung, daß sehr viele Gemälde aus-
drücklich gemalt sind, um dem für herrschend gehaltenen
Geschmack zu huldigen, um desto sicherer verkauft zu
werden, und daß Viele eben nur Das auf auswärtige
Ausstellungen schicken, was sich nicht in der Nähe, resp.
nicht von der Staffele! prompt verkaufen ließ. Alle Werke
durch Begutachtungs-Commissionen censiren zu lassen, ist
praktisch nur durchzuführen, wo es sich, wie bei Weltausstel-
lungen, um Repräsentiou, um Raum, um ungewöhnliche
Transportkosten handelt; bei den Kunstausstellungen der
Vereine läßt sich eine solche Beschränkung nicht durchführen,
denn die Zahl der Kommissionen mußte viel zu groß sein,
im Verhältniß zu der Zahl der Gemälde, die eingesendet
zu werden pflegen. Es würde auch viel zu kostspielig sein,
wenn Eiuzelwohnende ihre Bilder zuvor an einen zweiten
Ort zur Begutachtung schicken, oder wenn Deputirte von
3 bis 4 Vereinen wiederholt au jedem Ausstellungsorte
zusammenkommen und sich da stets mehrere Tage aufhaltcn
sollten. Die Kunst-Vereine sind deßwegen zu dem Ent-
schluß gekommen, es jedem einzelnen Vereine des Cyklus zu
überlassen, was er für seine Ausstellung für geeignet oder als
zu gering auszuschließcu für nothwendig hält. Die Haupt-
aufgabe bleibt die Bemühung um große hervorragende,
allgemein ausprechcnde Gemälde. Wenn nun zur Hebung
des Kunstsinns, zur Belebung des Interesses des Publi-
kums, große hervorragende Gemälde dringend nothwendig
sind, so begehen die renommirten Meister nicht nur ein
Unrecht gegen die Ausstellungen und gegen das Publikum,
wenn sie ihre Werke zurückhalteu, sondern auch gegen alle
ihre Kuustgenossen, die auf Verkauf rechnen, im Interesse
ihrer Familien auch danach streben müssen: denn ohne so-
genannte Zugbilder ist kein fleißiger Besuch der Ausstel-
lungen zu erreichen, und nur bei frequentem Besuch wird
die Kasse in den Stand gesetzt, viel Käufe abzuschließen,
wird cs dem Privatmann Bedürfniß, sich in den Besitz
von Kunstwerken zu setzen, also zu kaufen; und es ist
wahrlich nicht schlimm, wenn auch Einzelne anfangs große
Bilder um möglichst billige Preise zu kaufen suchen: denn
wenn die erste Stufe dieser Leiter nur erst betreten ist,
so wird mit der Zeit höher gestiegen, nach und nach immer
Kaufwertheres um höhere Preise erworben.

Aber leicht eingreifend »achtheilig kann die Art und
Weise werden, welche jetzt die deutsche Kuustgenossenschaft,
besonders deren Zweig- und Lokal-Vereine praktisch aus-
zuführenbemüht sind. Sobald nämlich eine bedeutende Er-
scheinung in der Kunstwett auftaucht, ist man bemüht da-
rauf Beschlag zu legen, und diese Zugbilder, aber einzeln
und gefordert, und zum Besten der Vereinskassen überall
da ausstellen zrz lassen, wo eine solide Einnahme zu er-
warten ist. Als Beispiel neunen wir die Ausstellungs-
reise des neuesten Bildes von Lessiug, die „Scene aus den
Kreuzzügen". Schirmer hat seine biblischen Landschaften
auch nur gegen eine Tantieme für Ausstellungen hcrge-
geben, und wenn jeder Künstler mit seinen Werken, mit
seinem Eigenthumc ganz nach Belieben zu verfahren be-
rechtigt ist, so wird begreiflich durch diese Praxis den Aus-
stellungen und wie gesagt auch den Kunstgenossen viel ent-
zogen, und cs wird bald fraglich werden: ob die Kunst-
Vereine auch fernerhin das Ausstellen und den Verkauf
mit gleicher Generosität werden fortsetzen können, wie es

bisher geschehen, da die Kosten sich von Jahr zu Jahr
höher belaufen, und die Einnahmen gegen die Ausgaben
nur noch an sehr wenigen Orten Ueberschuß gewähren,
ja die Kunst-Vereinskassen in den meisten Fällen" oft nicht
unerhebliche Zuschüsse leisten müssen. Die Kunst-Vereine
tragen jetzt die Kosten des Transportes hin und zurück,
die der Versicherung gegen Feuersgefahr, der Lokalmiethe,
des Aus- und Einpackens, so wie der Beaufsichtigung;
sie vermitteln nicht allein den Verkauf ohne Abzug, ohne
Entgeld, sie betrachten es sogar als eine Ehrensache, ein
möglichst hohes Verkaufsresultat zu erzielen. Die Zahl
der auf den Ausstellungen der Kunst-Vereine verkauften
Gemälde rc. pflegt etwa ein Zehntheil der ausgestellten zu
betragen, und auch die Kaufsumme ist verhältnißmäßig
weit höher und bedeutender als die betreffenden Resultate
der Ausstellungen der Akademien, z. B. der in Düsseldorf
und München, ja selbst der in Berlin. Auf den Ausstel-
lungen des westlichen Cyklus hat im Jahre 1863 die
Verkaufssumme wiederum die Höhe von 30,000 Thaler
erreicht, durch die drei Hauptcyklen, durch den östlichen,
westlichen und nördlichen, fließt alljährlich den Künstlern
eine Summe von fast 100,000 Thaler zu. Für die Ver-
cinssammlungen werden oft Gemälde rc. von größeren
Dimensionen und um erhebliche Summen erworben, und
so liegt es denn auch im Interesse der Künstler, aber auch
der großen Meister, diese für die Kunstbelebung so höchst
wichtigen Institute, die für die Existenz vieler Künstler
unentbehrlich geworden sind, nach besten Kräften zu unter-
stützen.

Für den westlichen Cyklus ist die Reihenfolge der
Kunstausstellungen für 1864 dahin festgesetzt: daß Han-
nover die Zusendungen bis Mitte Februar 1864, Magde-
burg vor Ende März, Braunschweig Mitte Mai, Dessau
Ende Juni, Merseburg Ende Juli und Kassel Ende
August erwartet. Die Grundsätze des bekannten Pro-
grammes sollen unverändert beibehalten werden.

* Karlsruhe. (Neue Dispositionen in der Di-
rektion der großherzoglich badischen Kunst-
schule.) Am 11. September verlor bekanntlich die großh.
bad. Kunstschule Hierselbst durch den Tod des Profeffors
I. W. Schirmer ihren Direktor und Vorstand der Land-
schafterschule. Die Mitwelt betrauert in dem Dahinge-
schiedenen einen der hervorragendsten Künstler der Neu-
zeit, die Schule ihre bisherige Hauptstütze.

Se. Königl. Hoheit der Großherzog, welcher der
Kunstschule, als einer seiner Schöpfungen, fortwährend die
lebendigste Theilnahme zuwendct, hat dies auch jetzt wie-
der dadurch auf's Neue bethätigt, daß er eine Anordnung
traf, welche diesem bedeutenden Verlust nicht nur die
Tragweite einer augenblicklichen Hemmung nimmt, sondern
der Anstalt sogar die günstigsten Aussichten gewährt und
sichert. Dem Direktor der großh. Kunsthalle, Prof. C.
F. Lessiug, ist nämlich provisorisch die künstlerische Ober-
leitung der Knustschule, sowie insbesondere der Landschafter-
schule, dem Professor der Historienmalerei Des Coudres
dagegen der geschäftliche Thcil des Direktorats einstweilen
übertragen. Direktor Lessing wird daher die Korrektur bei
den Landschaftsmalern übernehmen, während Prof. Des
CoudreS wie früher die Korrektur in der Modell-Malklaffe
und der Küustlerklaffe der Figurenfächer ausübt. Maler-
Schick hat wie sonst dieselbe Function in der Antiken-
klasse, und Maler und Inspektor der Anstalt, Vollwei-
dcr, in der Elementarklasse. Anatomie lehrt Maler Roux
und Perspektive ebenfalls Inspektor Vollweider. lieber
Kunstgeschichte und Aesthetik werden während des Winter-
halbjahrs öffentliche Vorträge gehalten, an denen sämmt-
liche Mitglieder der großh. Kunstschule Thcil nehmen.

Dem Lehrmaterial der Anstalt beabsichtigt man eine
wesentliche Vervollständigung dadurch zu geben, daß ein
bedeutender Thcil der einzig in ihrer Art dastehenden
Schirmer'schen Landschaftstudien zum Ankauf in Aussicht
 
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