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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0334

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318

Herz, sein klarer Verstand, seine rechtschaffene Gesinnung,
sein eiserner Fleiß und Eifer fesselten mich an ihn; ich
konnte nicht mehr ohne ihn sein, wir wurden innige Freunde
und sind es fürs Leben geblieben.

Für meine Arbeit, mit welcher ich meinen Besuch der
untern Klasse schloß und die ich zur Akademieausstellung
geben mußte, erhielt ich bei der damals üblichen Geld-
prämienvertheilung 25 Thlr. Welch ein ungeheurer Er-
folg für mich! wie war auf einmal eine Sorge geboben!
Nöthige Kleidungsstücke wurden angeschafft und der Ar-
beitseifer, Lust und Muth waren womöglich noch mehr
gewachsen. Komisch ist mir die Erinnerung, nnt welchem
Stolz und Hochgenuß ich das erste Mal in meinem Leben
meinen Namen im Kataloge der Ausstellung und ebenso
in den Zeitungen die Bekanntmachung der Prämien, dar-
unter also auch meinen Namen, gedruckt las. . . .

Das zweite Jahr meines Aufenthalts in Dresden
hatte einen ruhigen Verlauf. Meine Arbeiten im Gpps-
saale gehörten bald zu den besten. Nach der zweiten Aus-
stellung erhielt ich wieder eine Geldprämie von 25 Thlrn;
meine Zeichnungen kaufte mir, was mich besonders be-
glückte und ermuthigte, der Professor Matthäi für seine
Privatakademie als Vorlegeblätter ab. Er war der beste
von den damaligen Lehrern der Akademie und ein aus-
gezeichneter Zeichner und Korrektor, dem ich sehr viel zu
danken habe und der mir sehr wohl wollte. Auch in an-
dere Hände gingen wohl meine Zeichnungen zu gleichen
Zwecken über.

Ich hatte nur elf Monate im Gypssaal gesessen, da
kam ich mit meinem Freunde T hat er, der gleichfalls
schnelle Fortschritte machte, in die obere oder Aktklasse.
Dort übte Old ach, ein Hamburger, großen Einfluß auf
mich ans, der feine Schönheitssinn in seinen Zeichnungen
war uns andern ein Muster der Nacheiferung. Wir
schlossen uns eng an einander an. Er starb 1830 in
München.

Nachdem ich das zweite Jahr in meiner luftigen kal-
ten Wohnung zugebracht, zog ich 1829 mit meinem Freunde
T hat er zusammen, dessen Mutter in einem Stübchen da-
daneben wohnte und uns pflegte, wie ich es lange nicht
gewohnt gewesen war. Wir hatten eine sehr kleine Stube,
mit unbeschreiblicher Behaglichkeit saßen wir aber die kal-
ten Winterabende beisammen; ich trieb Anatomie und
zeichnete das ganze große Albin'sche Werk durch. Thäter,
als Kupferstecher, verfolgte ebenfalls seine Interessen, und
dann lasen wir zusammen, was uns noth schien: Wissen-
schaftliches, Poetisches. Ein heißes Verlangen viel zu
lernen, und daö Gefühl, so ganz ohne Vorbildung zu sein,
trieb uns in Hast, daß wir gern Alles auf einmal vorge-
nommen hätten. Wir fühlten uns um so bedürftiger nach
Wissen, als wir bei unfern Freunden Old ach und Milde
aus Hamburg eine treffliche Schulbildung und gereiftere
Kunstanschauungen antrafen. Milde war ein inniger
Freund von Erwin Speckter, dem genialen Künstler,
der in Rom so früh starb und durch seine „Briefe aus
Italien" dem großen Publikum bekannt geworden ist.
Milde, Thäter und ich wurden bald ein unzertrennliches
Kleeblatt. . . -

Mit dem dritten Jahre war ich genöthigt, das mir

liebe Zusammenwohnen mit Thäter aufzugeben, da seine
Mutter eine andere Wohnung suchen mußte. Ich ver-
band mich mit einem Freunde, Namens Georg, der zehn
Jahre älter als ich, früher Porzellanmaler und spät in
in die Akademie eingetreten war. Seine ewig heitere
Lanne war mir wohlthuend, und da ich, der viel Jüngere
ihm viel galt und meine Zeichnungen ihn aneiferten, so
war sein Verhältniß zu mir ein befreundetes, und durch
mich auch mit Milde und Thäter. Georg und ich zogen
zusammen in die stille Familie einer hochbetagten würdi-
gen Frau und ihrer Tochter, in die Dachstube eines Hin-
terhauses der Wilsdruffer Gasse, vier Treppen hoch. Wer
sollte sich nicht dabei die tristeste Vorstellung von einer
solchen Existenz machen, die für mich doch eine der schön-
sten Erinnerungen meiner Jugend geblieben. Wir fanden
daselbst schon einen jungen Maler, Namens Preller aus
Weimar, wohnen, einen genialen Menschen, jetzt Professor
daselbst und einer der berühmtesten Landschaftsmaler un-
serer Zeit. Nicht lange aber war uns dieser angenehme
und fördernde Umgang vergönnt, da Preller Dresden
verließ und mit dem Großherzog Karl August nach Ant-
werpen ging und dort blieb.

Einst ließ mich der Professor Seifert rufen, der mir
mittheilte, daß der Minister Gras von Einsiedel einen
jungen Mann suche, der sich als Modelleur ausbilden
wolle, um einst als solcher für sein Eisenwerk zu Lauch-
hammer thätig und nützlich zu werden; ein solcher sollte
schon hier in seinen Studien unterstützt werden und auch
später in Stuttgart bei Dannecker oder in Berlin bei Rauch
weiter sich ausbilden. Obgleich die Aussicht nicht lockend
war, vielleicht als Modelleur eines Eisenwerks meine
Pläne und Ideale für die Zukunft ein für allemal anf-
zugeben, so machte sich doch die Vorstellung geltend, daß
es wohl möglich sei, eingegangenen Verbindlichkeiten und
Pflichten nachzukommen, für diese Eisenwerke mich nützlich
zu machen und zu wirken, ohne als Arbeitsmitglied da-
selbst eingereiht zu werden, um dabei vielleicht künstlerisch
unterzugehen. Ich nahm den Vorschlag erst beklommen,
dann freudig und dankbar an, wurde dem Minister von
Professor Seifert vorgestellt und erhielt nun monatlich 3
Thaler Unterstützung.

Ich trat nun meine plastischen Studien beim Hof-
bildhauer Professor Pettrich an: ein alter Mann, der
in seinem Leben nur Grabsteine ausgefllhrt und seinen
Aufenthalt in Rom zu Abformungen angcwendet hatte.
Von künstlerischen! Sinne und Bildung entfernt, eröffnete
er mir bei meinem Eintritt in seine Werkstatt, daß die
Hauptsache des Bildhauers sei, tüchtig in Stein hauen
zu können, und daß ich, um praktisch zu werden, sechs
Jahre vorerst dazu anwenden müsse. Ich berief mich auf
den Wunsch des Ministers von Einsiedel, daß ich vor
Allem modelliren solle, und begann nun mit Kopiren nach
einigen antiken Masken, wobei Pettrich's Schwiegersohn,
Neu häuf er, der die Arbeiten der Werkstatt für ihn
unter seinem Namen fortführte, und der ein trefflicher,
talentvoller Mann war, mir sehr zur Hand ging und die
Anfänge erleichterte.

Mit gleicher Lust wie das Zeichnen ergriff ich diese
neue Kunstbeschäftigung und suchte mit Treue die Fein-
 
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