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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 8.1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.13517#0343

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327

Korrespondenzen.

C> Wien, Mitte Oktober. (Vom österr. Kunstverein).
Nicht blos in künstlerischer, fast eben so sehr in konfessioneller
Beziehung regte das hier ausgestellte Bild Lessing's:
„Huß vor dem Scheiterhaufen" das wiener Publikum auf.
Man „pilgerte" in den Tempel (sit venia verbo!) der
Kunst, und rang mitunter ziemlich zweideutig nach einem
geeigneten Standpunkte zur Beurtheilung dieses in jeder
Beziehung hochinteressanten Werkes, das sich durch seine
Objektivität von selbst jeder Standpünktelei entzieht. Wenn
demungeachtet das hiesige „Fremdenblatt" und die „Wiener
Kirchenzeitung" anderer Meinung waren, ja, wenn ersteres
sogar in künstlerischer Beziehung dem Bilde Alles abzu-
sprcchen wagen dürfte, so kann man dies nur einer beson-
deren Inspiration dieses Organs zuschreiben. Dem in
Ihrem Blatte schon ausführlichst besprochenen Werke läßt
sich speciell für den wiener Beschauer nichts Gesünderes
nachsagen, als daß es „gar so sehr objektiv gehalten ist." —
Außerdem waren noch so manche hübsche Bilder ausge-
stellt, und erwähne ich namentlich Carl Beck er's (in
Berlin) „Betreibung", Geyer's (in Augsburg) „Ariost,
von Räubern als der berühmte Dichter erkannt", unseres
Canon's (derzeit in Karlsruhe) „der Salamander" —
eine sowohl an sich als in ihrer psychologischen Motivirung
anatomische Studie —, und Friedländer's (in Wien)
anziehende „Scene aus dem wiener Volksleben". S ch a m s '
„nach dem Hochzeitsschmause" ist eine Bluette von außer-
ordentlich jovialer Darstellungs- und Malweise, in der
daS Getragene der Stimmung, das „Schwimmende" in
Gang und Blick vortrefflich zum Ausdruck gelangt. Nicht
minder wahr und aus dem Leben gegriffen ist ein zweites
Bild Friedländer's, „das Zusprechen", dessen klein-
sociale Bedeutung sich zu echter Volkspoesie erhebt. Von
demselben Künstler herrührend erwähne ich auch gleich eine
Konkurs-Skizze, „Im Leihhause" betitelt, in der sich ein
mannigfaltiges, vielseitig charakteristisches Leben kundgiebt.
Es ist nur erfreulich, daß die Wahl des Vereins auf dies
Bild fiel und es zur Ausführung in größerem Formate
bestellt würde. — Auch Löfsler's „Der letzte Schmuck"
und ton Kate’s „Der Eisenbahnzug" verdienen als vor-
züglich genannt zu werden.

Gute Marinen haben Scknedges (in Amsterdam)
und Louis Meyer (im Haag), gelungene Stadtansichtcn
van Bommel (in Wien), Leikert (im Haag) und
Springer (in Amsterdam) ausgestellt.

Unter den Landschaften sind Jos. Sellen Y's „Junchal
auf Madeira", eine sonnig frische, körnig gemalte Ansicht,
Ed. v. Lichtenfels' „Motiv aus Oberösterrcich" und
Weißcnbrock's (in Amsterdam) — oder Roelofs'? —
„Weidenlandschaft" hervorragende Leistungen. — Auch
eiu kleinerer Calamc ist wieder einmal sichtbar geworden

— ein duftiger Waldesabhang von poetisch trüber Färbung.

— Den Lichteffekt in Remi van Haanen's „Wald-
Ausgang" beinträchtigt einigermaßen die allzusehr domi-
uirende Monotonie des Grundtons. — Bei aller Grellheit
des Lichteö sehnt sich das Auge uach einer tieferen Mo-
dulation der Farbe. Sonst ist das Bild frisch koncipirt.

— Ferner verdient G- Seelos' „am Gardasee" als eiu
Bild von feiner Durcharbeitung volle Beachtung. — Noch
erwähne ich die Landschaften Henning's und Jauk's
(in München), Hildebrandt's und van der Maaten's
(in Amsterdam) als vorzüglichere Werke. — Bilder jedoch,
wie das von Königsbrunn (in Graz), „Aus Ceylon",
sollten denn doch die Schwelle des Kunsttempels nicht
zu überschreiten wagen; nur gewisse Farbendrücke einer
bei Zamarsky in Wien erscheinenden Wochenzeitschrift
können sich mit dieser Art von Farbengebung noch messen.

Gute Thierstücke sind C. Viale's „Büffel in den
pontinischen Sümpfen" und Tornau's „Dammwild"

Unter den eingelaufenen Konkurs-Skizzen muß ich noch

einer Erwähnung thun und zwar, der Bearbeitung uach
Lenau's Gedicht: „der traurige Mönch" von Melchior-
Fritsch, deren Poesie sich weit über die Stufe des Ge-
wöhnlichen erhebt.

Zum Schlüsse noch ein Wort über Grottker's lhier
epochemachende „Scenen aus dem gegenwärtigen polnischen
Kriege." Sie sind mit Kreide gemacht, schön gezeichnet,
tief empfunden und herzergreifend dargestellt. Von Russen
ist auf allen 18 Bildern jedoch nichts zu sehen. Grott-
ker ist ein seit Jahren in Wien lebender und lernender
Pole, Schüler des hiesigen Akademicdircktors Rub cn und
an sich eine liefe, sympathische Künstlernatur.

ch Köln, 20. Oktbr. (Das Dom bansest.) Bei dem
Do mb au fest, welches sonst ohne besonders Bemerkcns-
werthes verlief, wurde uach Beendigung des Gottesdienstes
in der Sakristei die zum ewigen Gedächtniß der Feier und
zur Aufbewahrung im Schlußsteine des Transept-Gewölbes
bestimmte Urkunde vollzogen. Dieselbe lautetwie folgt:

„Köln besitzt in seinem Dom das ehrwürdigste Denk-
mal seiner Vergangenheit und die Bürgschaft einer segens-
reichen Zukunft. Auf dem Boden römischer Vorzeit, wel-
cher die Colonia Agrippina ihre Entstehung verdankt; dort,
wo die unter Ludwig dem Frommen 833 vollendete, aber
nach wenigen Jahrhunderten durch Feuer zerstörte Haupt-
kirche stand, wurde dieses, dem Apostel St. Petrus ge-
weihte Gotteshaus in feierlicher Stunde vom Erzbischof
Conrad von Hochstedten am 14. August 1248 in Gegen-
wart des wider Friedrich II., den Hohenstaufen, neu ge-
wählten Gegenkaisers Wilhelm von Holland gegründet und
hierdurch der Gedanke Erzbischofs Engelbert des Heiligen
(ff 1228) ausgeführt, dessen Gebeine in dem, seinem Sinne
gemäß nach Meister Gerhard geförderten und bis zum
16. Jahrhundert langsam aber mächtig empor gewachsenen
Dome ruhen. Das im Jahre 1322 vollendete und vom
Erzbischof Heinrich von Virneburg eingeweihte, jetzt sinnig
geschmückte Chor, welches sich bis zur Höhe von 200 Fuß
erhebt, umgeben heilige Reliquien und edle Denkmäler der
Vorzeit, sowohl in der Schatzkammer verwahrt, als in
zahlreichen Kapellen vertheilt. Hinter dem Hochaltäre die
Gebeine der heiligen Drei Könige, von Friedrich Barba-
rossa dem Erzbischöfe Reginald von Dassel im Jahre 1162
geschenkt, in einem kostbar mit Edelsteinen gezierten Be-
hältnisse, links das berühmte, meisterhaft vollendete Dom-
bild, ein Werk aus dem Jahre 1410 und seines Malers
Stephan würdig; rings herum kunstreiche Grabmäler vieler
Erzbischöfe, die sich um Kirche und Stadt verdient ge-
macht. Hier ruht der Gründer des Domes, Conrad von
Hochstedten (ch 1261), dort der Erbauer von Kölns Mauern,
Thürmen und Thoren, Philipp von Heinsberg (ch 1191),
und nahe dabei hat auch das Herz von Maria von Me-
dici das letzte Asyl gefunden. — Als nach den letzten zwei
Jahrhunderten der unter Ungunst der Zeiten gehemmte
Bau dem gänzlichen Verfalle Preis gegeben schien, er-
wachte neues geistiges Leben im Rheinlandc. — Nachdem
Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1824 die Wiederherstel-
lung des Domes begonnen hatte, begünstigt durch Bois-
seröe's umsichtige Forschungen, erfolgte siebzehn Jahre
später, durch Friedrich Wilhelm's IV. hochherzigen Ent-
schluß veranlaßt, unter begeisterter Theilnahme ganz Deutsch-
lands, nach Zwirner's Hlau und von ihm geleitet, Fort-
setzung und Ausbau des großartigen Werkes. — Schon
1842 am 4. September konnte der Grundstein zum Süd-
Portale gelegt und am 14. August 1848 das Langschiff
durch den Erzbischof von Köln, Cardinal Johannes von
Geisfel, eingcweiht werden. — Bald sah man die Farben-
pracht der durch König Ludwig's von Bayern freigebige
Hand gestifteten Glasgemälde mit der ernsten Einfachheit
der im Jahre 1508 ausgeführten Kirchenfenster wetteifern.

-ft
 
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