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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0112

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99

Seiten der Akademie willfahrt wurde, indem ihm für drei
Jahre jährlich 200 dänische Thaler (300 preuß.) zu seiner
weiteren Ausbildung zugesagt wurden. Das Jahr 1796
sollte ihn nach Italien führen. Der Plan einer Landreise
über Dresden, Wien rc. mußte übrigens wegen der da-
maligen Kriegsunruhen wieder aufgegeben werden, und
so ging er denn am 30. August an Bord einer dänischen
Fregatte, die ihn freilick nur auf Umwegen dahin bringen
konnte, da ihre nächsten Ordres nach Tripolis lauteten.
Ueber vier Monate schon hatte er Kopenhagen verlassen,
als er im Januar des folgenden Jahres in Malta aus-
gesetzt wurde, um von dort über Palermo nach Neapel
zu gelangen. Hier hielt er sich vier Wochen auf, und
betrat dann endlich am 8. März die ewige Stadt.

Aber wie war Thorwaldsen dort angekommen? Zum
mindesten sollte uian denken, er hätte sich mit dem Ita-
lienischen bekannt gemacht, wozu gar noch auf dem Schiffe
Gelegenheit gewesen wäre, indem der Prediger und der
Kapitain des Schiffes sich erboten hatten, ihm Unterricht
darin zu geben. Aber nie zeigte er dafür Interesse, und
so kann es nicht auffallen, wenn bald nachher in Kopen-
hagen von dem in Rom lebenden Archäologen Zoöga ein
Brief anlangte, worin dieser sein Erstaunen darüber aus-
spricht, wie man Jemanden so „roh" nach Italien schicken
könne, wo sehr viele Zeit für ihn verloren ginge, um
Dinge zu lernen, ohne die er seinen dortigen Aufenthalt

nicht gehörig benutzen könne. „Wie ist es einem Künstler"
— schrieb Zoöga — ohne ein italienisches oder fran-
zösisches Wort zu wissen und ohne die geringste Kennt-
niß von Geschichte und Mythologie möglich, hier so zu
studiren, wie er sollte? Hätte er Kenntnisse, so könnte er viel-
leicht die Sprache entbehren, oder wenn er die Sprache
besäße, so könnte er hier Bücher zu seiner Instruction
finden, aber ohne beides ist er verloren und weiß nicht,
was er anfangen soll". Dazu konnte kein Bildhauer
zu einer ungünstigeren Zeit nach Rom kommen, als ge-
rade damals unter der französischen Herrschaft. Mögen
es nun getäuschte Hoffnungen oder andere Gründe gewesen
sein, jedenfalls fühlte sich Thorwaldsen anfangs in Rom
nicht besonders wohl. Er begann zwar zunächst einige
Büsten, die er in Kopenhagen noch modellirt, in Marmor
auszuführen, machte auch Studien nach Antiken, alles
Arbeiten, zu denen er durch die jährlichen Unterstützungen
der Akademie schon genöthigt war, aber es waren doch
nur dürftige Spuren, in denen sich der Einfluß des rö-
mischen Aufenthaltes zeigte, von dem man so Großes in
Bezug auf freie selbständige Productionen hätte erwarten
sollen. Aber es war nur die Neuheit und die Fülle der
befruchtenden Säfte, die die fremde Pflanze beugten und
in ihrem Wachsthum anfangs zwar hemmten, die aber aus
dem lebenskräftigen Kerne eine Blüthe trieben, deren Frucht
zum Reifen einer langen Zeit bedurfte. (Forts, folgt.)

Korrespondenzen.

m Düsseldorf. Anfang März. (Pernamente
Gemäldeausstellung.) Wie auf allen Ausstellungen
behält auch hier die Landschaft in solcher Weise oas Ueber-
gewicht, daß das Genre kaum bemerkbar wird, daher aller-
dings das Gute hauptsächlich in der Landschaft zu finden
ist,' während es in der Historie nur sporadisch auftritt.
Letztere war durch einen Chklus von fünf „Zeichnungen
aus der Geschickte Brunhilden'S", Gemahlin Siegberts 1.,
von M. v. Beckerath vertreten. Wir könnten sie eben
so interessante wie erfreuliche Erscheinungen nennen, wenn
nicht die gewählten Momente fast alle in der Zeichnung
gar zu manierirt wären. Letzteres tritt besonders in
den Gewändern und am meisten in dem dritten Blatte
„Brunhild wird aus dem Gefängnisse befreit" hervor.
Das ist alles gar zu eckig und gradezu unschön, so daß
die Formen des Körpers nicht mehr darin gedacht werden
können. Auch das Charakteristische der Gestalten selbst
und ihrer Stellungen, vornehmlich der Köpfe, greift meist
in's Karikaturenhafte oder ist es schon ganz und gar.
Etwas mehr Benutzung der Natur dürfte Beckerath
um so mehr anzuempfehlen sein, als sie durchaus für
die frische naturgemäße Entwickelung seines so schönen
Talents nothwendig ist.

An Genrebildern hatte Jernberg ein größeres und
ein kleineres ausgestellt; letzteres aber war sehr unbedeu-
tend, und mit Bezug auf einige recht ungeschickt zusammenge-
stellte Farben möchten wir es beinahe abgeschmackt nennen.
Das erstere „Ein Bärenführer auf dem Markte einer
kleinen Stadt" ist dagegen ein sehr interessantes Bild,
von einer Farbe, die stellenweise ganz vortrefflich ist.
Auch die Charakteristik der einzelnen Figuren und Grup-
pen hat manches Verdienstvolle, aber die Zeichnung scheint
Jernberg für vollständig überflüssigzu halten; die Häuser
fallen ein, perspektivische Linien gehen auseinander, wo sie
zusammenlaufen sollten, und die Figuren haben keinen
harmonischen inneren Zusammenhang. Das bedauern wir
um so mehr, als das Bild so sehr viel Schönes hat. —

Salentin's „Theilnehmende Freundin" ist ein sehr hübsch
gemalter, aber nach unserem Dafürhalten etwas zu unbe-
deutender Gegenstand. Ein Mädchen ist bei einem eben
empfangenen Liebesbriefe eingeschlafen! Sie hall den
Brief so in der Hand daß man ihn lesen kann; auf
ihrem Schooße liegt das beigekommene Bouquet, an dessen
frischem Kraute eine zur Thür hereingekommene Ziege frißt.
Wie gesagt, das Ganze ist recht schön gemalt und ge-
zeichnet, aber die Pointe ist einestheils zu unbedeutend und
anderntheils zu unwahrscheinlich. Höchstens könnte man
sich über das ungeheure Pflegma wundern, das erforderlich
ist, um bei einem so interessanten Gegenstände einzuschla-
fen. — Außer zwei Portraiten vom E. Sohn, von denen
besonders das eine in Inkarnation wie Behandlung der
Masse höchst ausgezeichnet ist, bot sonst das Bereich der
Figurenmalerei nichts Interessantes.

Dagegen hatte die Landschaft recht Trefflickes auf-
zuweisen. Aug. Kessler's „Gewitterstimmung" steht
darunter oben an. Die sonnig schwüle Stimmung, die
darin sehr schön wiedergegeben ist, die Komposition wie
die harmonische Gestaltung des höchst malerischen Motivs,
alles Das ist sehr anerkennenswerth; vornehmlich schön
und charakteristisch in Farbe und Behandlung ist der
Vordergrund mit der Viehstasfage. Aber in der Be-
leuchtung finden wir etwas total Unmögliches. Bei der
Sonnenbelencktnng von hinten, welche, von rechts nach links
fallend, das Weidengestrüpp unter den hohen Linden. in
den Schlagschatten legt, kann unmöglich das volle Licht
von links die Staffage so beleuchten, daß >ie im Hellen
Lichte steht und die Schlagschatten nach rechts fallen.
Die Pointe die eben in der hell beleuchtenden ersten Kuh
liegt, hat gewiß Kessler zu dieser zu starken lieontia poe-
tica veranlaßt.

Sehr hübsch erfunden sind zwei kleinere Landschaften
von Th. Köth, eine „Flachlandschaft" an einem Flusse
und eine „Landschaft westphälischen Charakters". Fein in
Stimmung und Farbe machen sie sich besonders durch
 
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