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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 17.1905-1906

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Schulze, Otto: Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7136#0082

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Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst.

Neuere Erzeugnisse der inzwischen zu so hohem
Ansehen gelangten »Dresdener Werkstätten für
Handwerkskunst« wirken auf mich stets wie bereits
eingelöste Gutscheine auf die Zukunft. Nichts Ge-
schriebenes, keine zweifelhafte Verheissung - das
ist Bargeld, vollkursig auf alle Plätze der Welt
lautend. Was man hat, hat man. Das weiss auch
der zielsichere Inhaber und vielseitige Künstler und
Leiter dieser Werkstätten, Karl Schmidt, der auch
als Kaufmann mit einer Klugheit, Umsicht und Wahr-
nähme der heutigen Wandlungen unseres Kultur-
und Zivilisationslebens rechnet wie selten ein Unter-
nehmer grossen Stils, dem Menschlichkeit noch eine
Tugend ist. Man muss mit Karl Schmidt, der seine
Ansichten und Pläne des öfteren höheren Orts zu
vertreten hatte, gesprochen haben, um zu dem Be-
wusstsein zu gelangen, dass der moderne Stil doch
wesentlich mehr ist, als nur die neue Grammatik
einer alten Formensprache und Ästhetik, als die
blosse nüchterne Anwendung längst geschriebener
Regeln über Material, Technik und Zweck. Das
könnte man ohne weiteres erlernen, weil es der
Verstand, das klügelnde Sachdurchdringen zu dik-
tieren vermag. Die Möbel und sonstigen Erzeugnisse
der »Dresdener Werkstätten für Handwerkskunst«
spiegeln inneres Erleben, geben belebten Stoff —
Kinder der Zeit. Wer unsere Zeit versteht, das
heisst ihre bessere Regungen zu durchdringen be-
strebt ist, wird erkennen, was damit gesagt sein
soll: persönliches Aufgehen in unsern Aufgaben und

Pflichten, in unsern Schöpfungen bis ins Kleinste.
— Man sehe sich daraufhin die vorstehenden Ab-
bildungen an, in ihnen sind einfache Möbel für gut
bürgerliche Kreise wiedergegeben, klar disponiert
und doch reizvoll in der Gesamtform wie in den
Einzelheiten und in dem bescheiden zurücktretenden
Schmuck. Die »Dresdener Werkstätten für Handwerks-
kunst« haben sich niemals dazu verstanden, soge-
nannte Prunkmöbel zu schaf [en, denn die mitarbeitenden
Künstler, unter denen die besten Namen vertreten
sind, sind allem Gesuchtem und Gespreiztem abhold.
Aber brauchbare, vornehme und eindrucksvolle Möbel
sind allezeit aus ihren Werkstätten hervorgegangen.
Es müssen hierbei doch wohl besondere Umstände
mitspielen, die es ermöglichen, dass viele Faktoren
so zusammen zu wirken vermögen, Einheitliches zu
schaffen, ohne Abschleifung des Persönlichen, das
doch sonst in grösseren Betrieben stets sehr stark
gefährdet ist. Hier ist es die Macht der Persönlich-
keit des Leiters, die zusammenfassend wirkt, die
Kräfte ihren Zwecken gemäss erzieht und sich dienst-
bar macht. Man muss den »Dresdener Werkstätten
für Handwerkskunst« unter Schmidts Führung einen
Besuch abgestattet haben, um den Geist zu verstehen,
der die Räume durchweht, in denen so vorzügliche
Dinge entstehen. Auf ihrem Höhepunkt werden
wir diese Werkstätten im nächsten Jahre auf der
III. Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden
sehen, auf der sie unerwartet vielseitig und umfang-
reich vertreten sein werden. O. Sch. —K.
 
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