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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 17.1905-1906

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Hagelstange, Alfred: Fachklasse Ferdinand Nigg: an der Magdeburger Kunstgewerbe-Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.7136#0273

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OSWALD POHL.

FACHKLASSE FERDINAND NIGG

an der Magdeburger Kunstgewerbe-Schule.

Ferdinand Nigg als Künstler und Lehrer ganz
zu würdigen, ist auf den paar Zeilen, die uns
hier zur Verfügung stehen, nicht möglich. Be-
gnügen wir uns damit, ein paar Hinweise auf die
hier abgebildeten Arbeiten zu geben. Ferdinand
Nigg leitet an der Magdeburger Kunstgewerbe-
schule die Fachklasse für Buchschmuck und Textil-
arbeiten. Druckerpresse und Webstuhl sind die
wichtigsten Ausstattungsgegenstände seiner Schul-
klasse. Ornamentzeichnen ins Blaue hinein gibt
es da nicht. Alles und jedes, was entworfen
und gezeichnet wird, hat schon von Anfang an
seine ganz bestimmten Beziehungen, aus denen
die Formengebung herauswächst. Bei den Ar-
beiten für Buchschmuck baut sich der Unterricht
auf den allerersten Grundprinzipien auf. Zuerst
ein künstlerisch einwandsfreier Typensatz und
dann erst ein entsprechender sparsam angewandter
Schmuck — falls ein solcher überhaupt von nöten
ist. Vorlageblätter werden auch verwandt, aber
wohlgemerkt nicht zum Kopieren, sondern zum
Korrigieren. Geschmacklose Rechnungsformulare,
verballhornte Büchertitel, barocke Geschäftsanzeigen
und dergleichen Undinge mehr müssen die Schüler
vor dem Setzkasten in einen nach künstlerischen
Prinzipien angeordneten Schriftsatz ummodeln.
Schade, dass wir hier nicht ein paar instruktive

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Gegenüberstellungen von Beispiel und Gegen-
beispiel bringen können. Es hätte sich an der
Hand derselben leichter und einfacher, als es
durch Worte möglich ist, beweisen lassen, wie
ungeheuer wichtig und wertvoll gerade diese in
den Augen mancher Kunstgewerbler vielleicht zu
simpelen Übungen sind. Und doch schärfen auch
sie das Auge ungemein; denn das rasche Er-
fassen der Unterschiede der einzelnen Buchstaben-
umrisse, das Abwägen der ornamentalen Massen-
verteilung sowie der Schwarz-Weiss-Wirkung ent-
wickelt fehlende dekorative Fähigkeiten ebensosehr
wie sie schon vorhandene weiter ausbildet.

Wie wirksam in den Kontrasten ist beispiels-
weise die auf S. 272 wiedergegebene Studie Willi
Wegeners. Wir wollen uns ja nicht verhehlen,
dass hier noch manches zu wünschen übrig bleibt,
wie z. B. die Loslösung der einzelnen Figuren
von einander; aber die sichere und geschickte
Fleckanordnung spricht doch von stark deko-
rativem Empfinden. Gut ist auch der lustige
Umschlag zu dem Märchenbuche (S. 269), bei
dem hier in der Abbildung leider die delikate
Farbe, in der er konzipiert ist, nicht mitspricht.
Dann die prächtigen, fein stilisierten Vögel auf
S. 273, die in farbigem Druck auf hellem
Stoff weit heiterer und freundlicher wirken als
 
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