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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 17.1905-1906

DOI Artikel:
Lasser, Moritz Otto von: Individualität oder ein eigener Stil?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7136#0242

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ERICH ERLER - SAMADEN.

Brustplatte für ein Reformkleid«

Individualität oder ein eigener Stil?

Damit ist eine Frage angeschnitten, die
heute das weiteste Interesse in An-
spruch nehmen darf. Wenn ich trotzdem mein
Thema nicht sofort aufrolle, so hat das seinen
Grund. Denn vorerst ist es notwendig,
wenigstens ein skizzenhaftes Bild unserer
künstlerischen Gesamtproduktion zu zeichnen.

Man weiss zwar, dass sich gegenwärtig
alle möglichen Bestrebungen auf dem Ge-
biete der bildenden Künste begegnen, dem
flüchtigen Auge nur eine grosse Wirrnis
darbietend. Man vergisst eben leicht der Ein-
heit nachzuspüren, die dennoch durch das
Ganze geht und die wir mit dem Worte:
»Unser Stil« belegen dürfen. Geht man noch
einen Schritt weiter und übersetzt dieses Wort
ins ehrliche Deutsch, so heisst es: Der Stil
— des Einzelnen, und damit sind die Ver-
hältnisse charakterisiert.

In Wahrheit und auf der ganzen Linie
ist, was ich sagte, der Fall. Und zwar so
sehr, dass moderne gute Kunst und die beste
erst recht! zugleich der Visitkarte des betreffen-
den Meisters zu vergleichen. So kennt man
die Bauten eines Martin Dülfer auch ohne
Katalog, so ist die elegante Farbengebung
grauer Scharvogelfliesen vollkommen dessen

1906. IV. 8.

künstlerisches Eigentum, und dass der Name
Leo Samberger nicht erst auf seinen Ge-
mälden vermerkt zu sein braucht, um sie zu
kennzeichnen, weiss wohl jedermann. Wir
brauchen uns übrigens nicht mit weiteren
Beispielen aufzuhalten und selbst die Frage,
worauf dieses starke Betonen der Individuali-
tät zurückzuführen wäre, lassen wir unbeant-
wortet. Genug, die »persönliche Richtung«
ist einmal vorhanden, der Stil des Einzelnen
errang sich Marktwert und wir haben damit
zu kalkulieren. Wir, sage ich, denn ver-
gangene Epochen kannten ein solches
Herausarbeiten, ein so scharfes Abgrenzen
persönlicher Züge nicht. Ein Jens Peter
Jakobsen wäre beispielsweise vor i oo Jahren
einfach unmöglich gewesen. Unser ist er,
sowie ein Makart unser war und wir haben
deshalb, wie schon gesagt, mit solchen, mit
einzelnen Werten zu rechnen. Und wie ich
gleich hinzufügen möchte, das ist an sich in
hohem, im höchsten Maße erfreulich.

Da die Welt Tausende von Spiegeln auf-
gestellt hat, sich darin zu malen, da der
Künstler, also der, welcher Geschautes und
Empfundenes äussern und umsetzen kann,
ist ihm seine Eigenart lieb, auch stets neue

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