Dr. Georg Habich:
j GEORG WRBA—MÜNCHEN.
Dekorative Skulptur vom Gesims des Brunnentempels in
der Gegenstand, ein Alt-Münchner Volks-
brauch, sich allenthalben grosser Popularität
erfreut. Ist es nun wirklich ein Verbrechen,
mit einem öffentlichen Monument auch dem
Volk eine Freude zu machen ? In den Augen
der besonderen Kenner gilt ja neuerdings
jede originelle, poetische oder phantastische
Idee für ein Kennzeichen absoluten Mangels
an plastischem Sinn. Solche amüsante Ein-
fälle wie Wrba »Schäffler-Brunnen« —
wir könnten hier auch den leider eben-
falls nur Skizze gebliebenen Spielmanns-
Brunnen von Kaufmann anführen — zeigen
indes auch dem verbohrtesten Dogma-
tiker, dass man nicht jeder Erfindung bar,
nicht völlig steril an poetischer Anschauungs-
kraft zu sein braucht, um ein rechter Plastiker
zu sein. Es kommt hier alles lediglich auf
das »wie« an: wie der Künstler den sogen.
37°
literarischen Stoff anpackt und
gestaltet. Das deutsche Märchen,
deutsche Sitte und Art zeigen
sich freilich der plastischen Ge-
staltung gegenüber spröde, und
es bedarf schon einer entschieden
zugreifenden Hand, um solchen
Motiven, die wohl von der Malerei
und der Musik längst den dank-
barsten Stoff boten, bildhaue-
rische Form und Gestalt zu
geben. Mit den erprobten Mitteln
des alten Formenschatzes ist es
hier freilich nicht getan. Die an-
tike Nymphe wird dadurch noch
nicht zur »Loreley«, dass sie einen
goldenen Kamm erhält. Hier be-
darf es des Gestaltens von innen
heraus. — Wenn nun überhaupt
Jemand, so ist Wrba der Mann
dazu. Das zeigt sein neuestes
Brunnen - Monument, das erst
kürzlich in Kempten zur Auf-
stellung kam. Unsere Abbil-
dungen entheben uns weitläu-
figer Beschreibung. Auch hier
verwendet Wrba sein Lieblings-
motiv des überdachten Brunnens,
nur in reicherer Entwicklung.
Das Gehäuse hat die Gestalt
eines hochragenden Tabernakels erhalten,
das besonders gut am Platze erschien, da
das ganze Monument dem heiligen Magnus,
dem Apostel des Allgäu, gewidmet ist.
Auf dem reich geschmückten von figür-
lichen Bronzeträgern gestützten Schalen-
brunnen erhebt sich das Standbild des
Heiligen in schlicht gewandeter Jünglings-
gestalt mit ruhiger, eindringlicher Gebärde.
Gleich einem überströmenden Born entrinnt
zu seinen Füssen aus achtfacher Mündung
das segenspendende Nass, um von Schale zu
Schale in ein hoch ummauertes Brunnen-
becken zu fallen, das an vier Seiten in Form
von vorgelagerten kleineren Brünnchen seine
Abflüsse hat. Den vornehmsten Schmuck
dieses ganz aus Kalkstein aufgeführten und
mit Kupfer gedeckten Baues bilden die
kleinen Reiterfiguren aus Bronze, die ihn
Wasserspeier
Kempten.
j GEORG WRBA—MÜNCHEN.
Dekorative Skulptur vom Gesims des Brunnentempels in
der Gegenstand, ein Alt-Münchner Volks-
brauch, sich allenthalben grosser Popularität
erfreut. Ist es nun wirklich ein Verbrechen,
mit einem öffentlichen Monument auch dem
Volk eine Freude zu machen ? In den Augen
der besonderen Kenner gilt ja neuerdings
jede originelle, poetische oder phantastische
Idee für ein Kennzeichen absoluten Mangels
an plastischem Sinn. Solche amüsante Ein-
fälle wie Wrba »Schäffler-Brunnen« —
wir könnten hier auch den leider eben-
falls nur Skizze gebliebenen Spielmanns-
Brunnen von Kaufmann anführen — zeigen
indes auch dem verbohrtesten Dogma-
tiker, dass man nicht jeder Erfindung bar,
nicht völlig steril an poetischer Anschauungs-
kraft zu sein braucht, um ein rechter Plastiker
zu sein. Es kommt hier alles lediglich auf
das »wie« an: wie der Künstler den sogen.
37°
literarischen Stoff anpackt und
gestaltet. Das deutsche Märchen,
deutsche Sitte und Art zeigen
sich freilich der plastischen Ge-
staltung gegenüber spröde, und
es bedarf schon einer entschieden
zugreifenden Hand, um solchen
Motiven, die wohl von der Malerei
und der Musik längst den dank-
barsten Stoff boten, bildhaue-
rische Form und Gestalt zu
geben. Mit den erprobten Mitteln
des alten Formenschatzes ist es
hier freilich nicht getan. Die an-
tike Nymphe wird dadurch noch
nicht zur »Loreley«, dass sie einen
goldenen Kamm erhält. Hier be-
darf es des Gestaltens von innen
heraus. — Wenn nun überhaupt
Jemand, so ist Wrba der Mann
dazu. Das zeigt sein neuestes
Brunnen - Monument, das erst
kürzlich in Kempten zur Auf-
stellung kam. Unsere Abbil-
dungen entheben uns weitläu-
figer Beschreibung. Auch hier
verwendet Wrba sein Lieblings-
motiv des überdachten Brunnens,
nur in reicherer Entwicklung.
Das Gehäuse hat die Gestalt
eines hochragenden Tabernakels erhalten,
das besonders gut am Platze erschien, da
das ganze Monument dem heiligen Magnus,
dem Apostel des Allgäu, gewidmet ist.
Auf dem reich geschmückten von figür-
lichen Bronzeträgern gestützten Schalen-
brunnen erhebt sich das Standbild des
Heiligen in schlicht gewandeter Jünglings-
gestalt mit ruhiger, eindringlicher Gebärde.
Gleich einem überströmenden Born entrinnt
zu seinen Füssen aus achtfacher Mündung
das segenspendende Nass, um von Schale zu
Schale in ein hoch ummauertes Brunnen-
becken zu fallen, das an vier Seiten in Form
von vorgelagerten kleineren Brünnchen seine
Abflüsse hat. Den vornehmsten Schmuck
dieses ganz aus Kalkstein aufgeführten und
mit Kupfer gedeckten Baues bilden die
kleinen Reiterfiguren aus Bronze, die ihn
Wasserspeier
Kempten.