Münchner -»Lehr- und Versuch-Ateliers
von dem unendlichen Schatze an Lehr-
material, das die Natur dem offenen Sinne
darbietet. Alle drei Reiche haben zu ihr
beigesteuert, und wer erst im Sinne der
Schule Natur zu sehen gelernt hat, mag
wohl verzagt stehen vor dem unerschöpflichen
Reichtum von Anregungen, den ihm die
wohlbesetzten A7itrinen erschliessen.
Anregungen! mehr nicht. Nur An-
regungen sollen sie bleiben, nur Demon-
strationsmittel für das Gesetz, das nach echt
germanischer Weise und mit der allen
Balkan Völkern verhassten »deutschen Gründ-
lichkeit« aus der Einzelform sublimiert werden
soll. Es ist auch im Sinne des Schulleiters
— ich begegne damit einem oft gehörten
Vorwurf — ein Fehler, wenn die Naturform,
die nur Studienmaterial sein soll, allzu direkt,
allzu täppisch in das Kunstwerk herüber-
genommen wird. Dieser Fehler ist gemacht
worden, aber spätere Schülergenerationen
A. MAHKI-KN.
haben ihn zu vermeiden gelernt. Es ist
ferner ein Fehler, wenn das gründlichere
Studium der Natur sich im Geiste des
Schülers in blosses Wissen verwandelt und
sich als solches emanzipiert. So hat sich
beispielsweise das aus den trefflichen Ansatz-
studien (die Ansätze von Baumästen, Zweigen
u. s. w.) gewonnene Wissen in landschaftlichen
Schöpfungen der Schüler manchmal störend
bemerkbar gemacht. Das aus dem Lehr-
mittel abstrahierte Wissen verwandelte da
den dargestellten Baum wieder umgekehrt
in ein Lehrmittel — was nicht zuletzt auch
den Prinzipien der Schule widerspricht. Ich
bin keineswegs der Meinung, dass Wissen
dem Künstler schadet. Im Gegenteil. Aber
auch das Wissen soll nur Stoff sein. Es
muss wie aller Stoff umgesetzt, es darf aber
nicht gepredigt werden. Es muss sich zu
einem künstlerischen Werte steigern und
darf nicht in der Sphäre des Intellektuellen
haften bleiben. —• Noch ein an-
derer Vorwurf ist den Arbeiten
der Schule öfters gemacht wor-
den, der zu dem ersterwähnten
wunderlicher Weise in einem
schnurgeraden Widerspruch steht
Der Vorwurf nämlich, dass ihre
Formen und ihr Ornament zu
abstrakt sei. Abstrakt, das heisst,
sie ahmen die Naturerscheinung
nicht nach, auch nicht in so-
genannter stilisierter Gestalt. Sie
haben keine gegenständliche Be-
deutung, und ebensowenig ist
ihr Sinn ein rein geometrischer.
Was aber ist die Bedeutung
dieser abstrakten Formen und
Ornamente sonst? Ich habe nicht
vor, diese Frage ausführlich zu
erörtern. Sie würde mich in allzu
schwierige Distinktionen führen,
da bei vielen Arbeiten der Schule
(Plastik, Gefässe, Möbel, Haus-
haltungs-Gegenstände etc.) Form
und Ornament ohne weiteres in
einander übergehen. Nur so viel
sei gesagt, dass die als abstrakt
Bleistiftskizze. empfundene Form bei drei dimen-
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von dem unendlichen Schatze an Lehr-
material, das die Natur dem offenen Sinne
darbietet. Alle drei Reiche haben zu ihr
beigesteuert, und wer erst im Sinne der
Schule Natur zu sehen gelernt hat, mag
wohl verzagt stehen vor dem unerschöpflichen
Reichtum von Anregungen, den ihm die
wohlbesetzten A7itrinen erschliessen.
Anregungen! mehr nicht. Nur An-
regungen sollen sie bleiben, nur Demon-
strationsmittel für das Gesetz, das nach echt
germanischer Weise und mit der allen
Balkan Völkern verhassten »deutschen Gründ-
lichkeit« aus der Einzelform sublimiert werden
soll. Es ist auch im Sinne des Schulleiters
— ich begegne damit einem oft gehörten
Vorwurf — ein Fehler, wenn die Naturform,
die nur Studienmaterial sein soll, allzu direkt,
allzu täppisch in das Kunstwerk herüber-
genommen wird. Dieser Fehler ist gemacht
worden, aber spätere Schülergenerationen
A. MAHKI-KN.
haben ihn zu vermeiden gelernt. Es ist
ferner ein Fehler, wenn das gründlichere
Studium der Natur sich im Geiste des
Schülers in blosses Wissen verwandelt und
sich als solches emanzipiert. So hat sich
beispielsweise das aus den trefflichen Ansatz-
studien (die Ansätze von Baumästen, Zweigen
u. s. w.) gewonnene Wissen in landschaftlichen
Schöpfungen der Schüler manchmal störend
bemerkbar gemacht. Das aus dem Lehr-
mittel abstrahierte Wissen verwandelte da
den dargestellten Baum wieder umgekehrt
in ein Lehrmittel — was nicht zuletzt auch
den Prinzipien der Schule widerspricht. Ich
bin keineswegs der Meinung, dass Wissen
dem Künstler schadet. Im Gegenteil. Aber
auch das Wissen soll nur Stoff sein. Es
muss wie aller Stoff umgesetzt, es darf aber
nicht gepredigt werden. Es muss sich zu
einem künstlerischen Werte steigern und
darf nicht in der Sphäre des Intellektuellen
haften bleiben. —• Noch ein an-
derer Vorwurf ist den Arbeiten
der Schule öfters gemacht wor-
den, der zu dem ersterwähnten
wunderlicher Weise in einem
schnurgeraden Widerspruch steht
Der Vorwurf nämlich, dass ihre
Formen und ihr Ornament zu
abstrakt sei. Abstrakt, das heisst,
sie ahmen die Naturerscheinung
nicht nach, auch nicht in so-
genannter stilisierter Gestalt. Sie
haben keine gegenständliche Be-
deutung, und ebensowenig ist
ihr Sinn ein rein geometrischer.
Was aber ist die Bedeutung
dieser abstrakten Formen und
Ornamente sonst? Ich habe nicht
vor, diese Frage ausführlich zu
erörtern. Sie würde mich in allzu
schwierige Distinktionen führen,
da bei vielen Arbeiten der Schule
(Plastik, Gefässe, Möbel, Haus-
haltungs-Gegenstände etc.) Form
und Ornament ohne weiteres in
einander übergehen. Nur so viel
sei gesagt, dass die als abstrakt
Bleistiftskizze. empfundene Form bei drei dimen-
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