Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0052
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
GEBIETSKARTE DER KERNSTADT

Die Karte gibt einen Überblick über die Ver-
teilung der Baudenkmale in Hildesheim. Für das
Bearbeitungsgebiet sind insgesamt 1090 Bau-
denkmale ausgewiesen, davon 372 Einzel-
denkmale nach § 3 (2) und 73 Gruppen nach
§ 3 (3) NDSchG. Der Kartenausschnitt umfasst
das gesamte städtische Areal einschließlich
Moritzberg, Steuerwald, Drispenstedt, Baven-
stedt, Ochtersum und Neuhof.
Deutlich erkennbar ist im Zentrum des Karten-
ausschnittes die historische Altstadt mit ihrer
ehemaligen Befestigungsanlage, die heute als
Grüngürtel mit einem Radius von 600 m die
Stadt umschließt. Die Wallanlagen mit insge-
samt circa 15.4 ha beginnen im Südosten und
umschließen noch heute die gesamte südliche
und westliche Altstadt. Sie enden im Norden an
einer der großen Ausfallstraßen, der Schützen-
allee. Die gesamte Fläche der Wallanlage ist als
Gruppe baulicher Anlagen ausgewiesen. Als
weitere denkmalwerte Grünanlagen sind im Sü-
den der Lambertifriedhof und der Ernst-Ehrli-
cher-Park gekennzeichnet.
Die historische Altstadt ist durch das Zusam-
menwachsen verschiedener Siedlungselemen-
te entstanden. Diese bestehen aus der Dom-
burg und den sie sternförmig umgebenden
Klostergründungen und der im Umfeld der
Domburg entstandenen Marktsiedlung. Die
regelmäßige Anlage der Marktsiedlung ist noch
heute im Straßengrundriss nachvollziehbar,
ebenso wie die um 1220 angelegte Neustadt
im Osten mit ihrer noch heute erkennbaren
rechtwinkligen, planmäßigen Straßenrasterung.
Der Grundriss der Stadt Hildesheim war weit-
gehend bis ins 18. Jh. festgelegt. Erst im
19. Jh. erweitert sich die Stadt über die mittel-
alterlichen Grenzen und erhält mit den Einge-
meindungen der verschiedenen Ortsteile in der
2. Hälfte des 20. Jh. ihre heutige Struktur.
Eine entsprechende Neubebauung der Altstadt
nach dem Zweiten Weltkrieg fand weitgehend
im modernen, zeitgenössischen Stil statt. Im
Wesentlichen wurde der historisch gewachsene
Stadtgrundriss zugrunde gelegt, allerdings mit
einigen Einschränkungen. Zeitbedingt wurden
Straßendurchbrüche aufgrund einer heute
schon wieder veränderten Verkehrspolitik ange-
legt.
Aufgrund der nahezu vollständigen Zerstörung
der Innenstadt im März 1945 existieren nur
noch wenige intakte Siedlungsbereiche mit
einer vergleichsweise hohen Denkmaldichte.
Hervorzuheben sind die als Gruppen ausgewie-
senen Objekte um St. Godehard, Keßlerstraße
und Brühl. Die charakteristische Fachwerkbe-

bauung des Straßenzuges Hinterer Bühl mit
ihren unterschiedlichen Firsthöhen und Ausprä-
gungen vermag noch heute einen Eindruck der
typischen Bebauung Hildesheims zu vermitteln,
für die die Stadt vor der Zerstörung im Zweiten
Weltkrieg bekannt war. Hingegen zeigen die
Gebäude der Keßlerstraße mit ihren schmalen
Parzellen die typische Bebauung einer Bevöl-
kerung, die sich aus kleinen Handwerksbe-
trieben und Ackerbürgern zusammensetzte.
Charakteristisch für das Bild der Nordstadt
waren die Ansiedlung von Industriebetrieben im
19. Jh. und den dazugehörigen kleinen Arbei-
tersiedlungen, aber auch die Niederlassung
kleinerer Handwerksbetriebe. Diese sind nur
noch rudimentär nachweisbar, wie beispiels-
weise an der Leunisstraße oder in dem um
1930 erbauten Fabrikgebäude der Wirtschaft-
lichen Landhandelsvereinigung Langer Garten.
Dagegen zeigt das östliche Erweiterungsgebiet,
östlich des Zingel und des Kennedydammes,
überwiegend repräsentative und individuelle
Bebauung des ausgehenden 19. Jh. und des
beginnenden 20. Jh.
Die hohe Denkmaldichte im Süden - Große Ve-
nedig sowie westlich und östlich des Straßen-
zuges Hohnsen - resultiert aus einer relativ
ungestörten Bausubstanz größerer, an den
Stadtwall angrenzender Wohnquartiere der
2. Hälfte des 19. Jh., die in Verbindung standen
mit der ständig wachsenden Bevölkerungs-
dichte der Innenstadt und einer zunehmenden
Landflucht der Bevölkerung. Die Bebauung der
Venedig kann als exemplarisch in ihren Grund-
zügen für die gesamte Stadterweiterung in
Hildesheim auch im Hinblick auf die Fassaden-
gestaltung der einzelnen Gebäude von 1890
bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges gese-
hen werden. Hier wie auch am Weinberg ent-
standen repräsentative Villen mit großzügig
geschnittenen Grundstücken, aber auch Miets-
häuser mit aufwändig gestalteten Fassaden.
Eine Besonderheit stellt der nördlich gelegene
großflächige Zentralfriedhof dar, der als Gruppe
ausgewiesen ist, einschließlich des Jüdischen
Friedhofes an der Peiner Straße. Qualitätvoll
gestaltete Denkmale spiegeln die Grabkultur
des ausgehenden 19. Jh. bis in die 50er Jahre
des 20. Jh. wider. Nordwestlich des Zentral-
friedhofes hat sich auf dem Gelände des ehe-
maligen Fliegerhorstes eine weitere Gruppe
baulicher Anlagen erhalten, die beispielhaft den
Siedlungsbau des Dritten Reiches dokumen-
tiert.

48
 
Annotationen